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Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Enwor 10 - Die verbotenen Inseln

Titel: Enwor 10 - Die verbotenen Inseln
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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plaudern. Sie stritten. Und es war mehr als eine kleine Meinungsverschiedenheit. Es war ein erbitterter Streit, der so laut ausgetragen wurde, daß Skar jeden Moment damit rechnete, eine oder mehrere der schlafenden Gestalten auf dem Hof sich aufsetzen und in ihre Richtung blicken zu sehen; was unausweichlich zu seiner Entdeckung geführt hätte. Er befand sich zwar im toten Winkel unter der Treppe, so daß Cron und der
Bestimmer
ihn nicht sehen konnten, aber durch die offenstehende Tür fiel helles Licht, das die Schatten vertrieb, in denen er Schutz gesucht hatte. Vom Hof aus war er so deutlich zu sehen, als stünde er im hellen Sonnenschein.
    Nach Sekunden, die für Skar zu Ewigkeiten wurden, bewegten sich die beiden Quorrl weiter, ohne mit ihrem Streit innezuhalten. Cron gestikulierte heftig, und seine Stimme wurde schriller, fast hysterisch; eine Regung, die Skar bei diesem Koloß von Quorrl nicht für möglich gehalten hatte, während der
Bestimmer
äußerlich ruhig blieb. Nur seine Stimme war laut und befehlend, und die kleinen Bewegungen seiner Hände und seines Kopfes und der Rhythmus seiner Schritte verrieten Skar, daß er innerlich vor Wut kochte.
    Skar folgte den beiden Quorrl, als sie sich von ihm entfernten; schon, weil es Selbstmord gewesen wäre, im hellen Licht, das aus der Tür fiel, sitzen zu bleiben, aber nicht nur deswegen. Er erinnerte sich gut an die Ehrfurcht, die er in Titchs Stimme gehört hatte, und das Flackern von Angst in den Blicken der anderen Quorrl, als sie den
Bestimmer
sahen. Wenn es etwas gab, bei dem Cron und dieser mächtige Quorrl so unterschiedlicher Meinung waren, daß Cron ihm offenen Widerstand entgegenbrachte, mochte das von Nutzen sein. Ganz davon abgesehen, daß die Richtung, in der die beiden Quorrl gingen, ohnehin die einzige war, in die er sich bewegen konnte, wollte er nicht gesehen werden.
    Sie näherten sich den Ställen, betraten sie aber nicht, sondern blieben vor der nur angelehnten Tür stehen. Crons Gestikulieren und Deuten wurde stärker, eindeutig zorniger, und als Skar sich den beiden weiter näherte — schon fast
zu
weit, als gut war, aber seine Neugier war plötzlich stärker als seine Vorsicht — sah er, daß der Quorrl auf die beiden großen, geschnitzten Truhen deutete, die die Begleiter des
Bestimmers
mitgebracht hatten. Der
Bestimmer
antwortete, jetzt im gleichen, wütenden Tonfall wie Cron, fast schreiend, und machte eine drohende Bewegung, als Cron die Hand nach einer der Kisten ausstreckte. Skar fragte sich, was sie enthalten mochten. Was immer sich hinter der geheimnisvollen Bezeichnung
Bestimmer
verbergen mochte — ein Steuereintreiber oder das quorrlsche Äquivalent dazu war er ganz bestimmt nicht. Aber er hatte das sichere Gefühl, daß das, was er sah, wichtig war; ungemein wichtig. Und vielleicht nicht nur für Titch und Kiina und ihn.
    Trotzdem zwang er sich, wieder daran zu denken, warum er überhaupt hierhergekommen war. Er hatte nicht mehr viel Zeit.
    Der Schlag, mit dem er Titch niedergestreckt hatte, war hart gewesen, aber der Quorrl hatte auch einen harten Schädel. Es würde nicht mehr lange dauern, und er würde aufwachen. Und Titch wäre nicht Titch, käme er nicht sofort hierher, um ihn aufzuhalten.
    Behutsam kroch er ein Stück weit in den Schatten des Hauses zurück, richtete sich auf und ging weiter, nachdem er einen letzten, sichernden Blick in die Runde geworfen hatte. Er war dem Kerker jetzt nahe, aber sein Herz begann trotzdem ein wenig schneller zu schlagen, als er gezwungen war, aus dem Schatten des Wohngebäudes herauszutreten und den Hof zu überqueren; eine Strecke von vielleicht zwanzig Schritten, die für ihn aber zur Ewigkeit wurde, denn er hatte jetzt überhaupt keine Deckung mehr. Und das Mondlicht war viel zu hell. Selbst der betrunkendste Krieger mußte erkennen, daß sich unter dem schwarzen Mantel kein Quorrl, sondern eine viel kleinere und schlankere Gestalt verbarg.
    Obwohl die Nacht so kühl war, daß er seinen eigenen Atem als blassen Dunst vor seinem Gesicht erkennen konnte, war er in Schweiß gebadet, als er die Tür erreichte. Er hatte sich weit genug in der Gewalt, dem Impuls zu widerstehen, sich noch einmal umzudrehen und sichernd auf den Hof zu schauen; aber er warf einen raschen Blick zurück, als er das Gebäude betreten hatte und die Tür hinter sich zuschob. Was er sah, hätte ihn beunruhigen müssen, aber das Gegenteil war der Fall. Alles war ruhig. Cron und der andere Quorrl stritten noch
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