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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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nur, wenn der Pizzabote klingelt. Der geht in der Regel bald wieder. Es sei denn, ich gebe ihm zu wenig Trinkgeld. Dann droht er mir schon einmal damit, dass er ja jetzt weiß, wo ich wohne, und schaut drein, als sei er zu allem entschlossen.
    Mein Verhältnis zu meinem Pizzaboten ist sowieso nicht das beste. Der Kerl arbeitete früher als Paketbote und gibt meine Pizza in der Regel bei meinen Nachbarn ab. Zum Bezahlen steht er dann aber doch vor meiner Tür:
    »Guten Tag. Macht genau zwölf Euro.«
    »Und wo ist die Pizza?«
    »Habe ich bei Ihrem Nachbarn abgegeben. Hinterhaus. Oberstes Stockwerk.«
    »Warum denn das, Sie Idi?«
    »Sie waren nicht da.«
    »Ich bin da. Sie kassieren ja gerade bei mir.« Und es klingt leicht verzweifelt.
    »Als ich das erste Mal geklingelt habe, waren Sie nicht da. Ihr Nachbar war so freundlich, die Pizza anzunehmen.«
    »Und der Abholzettel?«
    »Liegt als Belag auf der Pizza.«
    Ich bezahle missmutig und mache mich auf den Weg zu meinem Nachbarn. Er öffnet mir mampfend die Wohnungstür, drückt mir den leeren Karton in die Hand und bittet mich, ihn auf dem Weg zurück zu meiner Wohnung einfach in den Müllcontainern im Innenhof zu entsorgen.
    »Alles OK ?«, fragt mich einer der beiden Polizisten und weckt mich aus meinen Erinnerungen. Stimmt, ich habe ja Besuch. Mein angsterfülltes »Gulp!« hallt durch das Treppenhaus.
    »Beeindruckende Akustik in Ihrem Treppenhaus«, sagt der Beamte links.
    »Sie sind doch sicher nicht gekommen, um mit mir über die Akustik in meinem Treppenhaus zu reden …«, entgegne ich misstrauisch.
    »In der Tat nicht. Wir untersuchen den Todesfall Ihres Nachbarn. Wissen Sie etwas darüber?”
    »Nein, ich wusste nicht einmal, dass Nachbarn sterben können.«
    Kurz überkommt mich das Gefühl, dass ich vielleicht ein bisschen überziehe. Das tue ich mit einem lauten »Pah!« ab, das sich für Menschen außerhalb meiner Gedankenwelt jedoch eventuell nicht sofort erschließt.
    »Aber Sie sind sicher nicht hier, um mit mir über den Tod meines Nachbarn zu reden«, lenke ich schnell ab.
    »Ääh, doch …«, entgegnet der Polizist und sieht mich fragend an.
    »Oh, dann habe ich mich ververmutet. Und schauen Sie nicht so fragend. Wenn Sie eine Frage haben, stellen Sie sie.«
    »Haben Sie ein Alibi für die Tatzeit?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie eins?«
    »Gern. Haben Sie eins für mich?«
    »Fünftausend Euro, und wir behaupten, dass wir die ganze Nacht bei Ihnen gewesen sind.«
    »Hm. Aber ich habe mit dem Mord wirklich nichts zu tun.«
    »Sie wären nicht der Erste, dem wir heimlich Beweise unterjubeln. Lassen Sie uns mal in Ihre Wohnung?«
    »Nein, Sie wollen mir doch nur Beweise unterjubeln. Haben Sie einen Unterjubelungsbefehl?«
    »Ja.«
    »Dann kommen Sie bitte herein.«
    »Verdächtig, dass Sie sich so anstellen. Haben Sie etwas zu verbergen?«
    »Mir gefällt nicht, dass Sie mir Beweise unterjubeln wollen.«
    »Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an, Herrgott. Bevor wir den Täter gar nicht fassen, nehmen wir lieber den Falschen fest.«
    »Das kann ich gut verstehen. Eine Frage noch. Wenn Sie nachher gehen: Bekommen Polizisten eigentlich Trinkgeld?«
    »Ja, und zwar nicht zu knapp.«
    »Apropos: Was passiert denn eigentlich mit dem Balkon meines Nachbarn? Der ist doch jetzt ganz allein.«
    »Das ist ja das Mysteriöse: Der Balkon ist spurlos verschwunden.«
    »Was? Haben Sie ihn in Verdacht, den Mord begangen zu haben? Ich habe dem ja nie getraut, der liegt jetzt bestimmt an irgendeinem Strand und genießt seine Freiheit. Dieser Verbrecher. Ständig habe ich meinen Nachbarn gewarnt. Ständig!« Meine Stimme wird zu einem hysterischen Quieken.
    »Nein, wir glauben, der Balkon wurde vom Täter entwendet.«
    »Ach so.« Ich beruhige mich. »Ein Raubmord, um einen Balkon zu stehlen? Wer macht denn so was?«
    »Nur einer. Deshalb sind wir ja hier.«
    Ich lächle nervös. Der Polizist fügt hinzu:
    »Schönen Balkon haben Sie da. Vielleicht ein bisschen zu hoch angebracht, was?«
    »Ja, ist mir zugelaufen. Aber er fremdelt noch ein bisschen.«
    »Das muss schwierig für Sie sein.«
    »Ach, wissen Sie, das Vertrauen eines Balkons muss man sich mühsam erarbeiten. Dann hat man aber viel Spaß mit ihm.« Der Polizist nickt nachdenklich. Dann fragt er:
    »Glauben Sie eigentlich an ein Leben nach dem Tod?«
    »Nein, warum?«
    »Na ja, wir Polizisten verdienen nicht viel, deshalb nehmen wir Zweitjobs an. Ich zum Beispiel arbeite auch als Drücker für die Zeugen
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