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Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)

Titel: Entfliehen kannst du nie: Roman (German Edition)
Autoren: Karim Miské
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Fäden sich weitestgehend entwirren. Kupferstein, Hamelot, Gomes und die Hälfte der Uniformierten des Arrondissements treffen kaum zwei Minuten nach Mercators Anruf beim Lagerhaus ein. Die Godzwill-Pillen sind leicht zu finden; sie sind im doppelten Boden des Säurebottichs versteckt. Eine weitere Durchsuchung von Kosher Facilities durch Sicherheitskräfte ergibt nichts Neues. Nach der Rückkehr zum Bunker gesteht Aïssa Benamer sofort. Die Worte strömen aus ihm heraus, wie bei einem randvollen Spülbecken, aus dem man den Stöpsel herauszieht. Gegen die Barnes-Zwillinge und Raymond Meyer werden Haftbefehle ausgestellt.
    Rabbi Seror wird just in dem Augenblick verhaftet, als er die Tefillin für das Morgengebet anlegt. Im Verhörraum des Bunkers verrät er ziemlich bald wertvolle Einzelheiten zur Organisation von Rebbe Toledano in Brooklyn. Vor allem lüftet er die Identität von Dov, dem ehemaligen Verlobten Rébeccas und kompetenten Chemiker, ohne den die ganze Sache nie passiert wäre. Die Befragung von Moktar ist ein weitaus riskanteres Unterfangen. Einen Psychotiker zum Reden zu bringen kann problematisch sein. Und Moktar erweist sich als ganz besonders zäher Brocken. Hartnäckig und mit viel Geduld holen Rachel und Jean lediglich aus ihm heraus, dass er und Raymond Meyer nach dem Absprung von Mourad, Ruben und Alpha auf dem Treppenabsatz auf Laura gewartet haben. Als sie schließlich heimkam, hat Raymond sie mit einem Messer bedroht, ihr befohlen, nicht zu schreien, und sie gezwungen, die Tür zu öffnen. Danach hat der Bruder des dicken Polizisten die junge Frau gefesselt und geknebelt. An alles, was danach kam, kann sich der salafistische Paranoiker und ehemalige Beatboxer nicht mehr erinnern. Was allerdings nicht so schlimm ist, denn laut psychiatrischem Gutachten ist er schuldunfähig und wird eine lange Zeit in der Psychiatrie verbringen müssen. Raymond Meyer ist noch immer unauffindbar. Ebenso Vignola, der zusammen mit Enkell, Benamer und den Barnes-Zwillingen einer der Drahtzieher des gesamten Deals ist.
    Mit dem Stift in der Hand betrachtet Mercator das weiße Blatt. Er zögert einen Augenblick, dann schüttelt er den Kopf, lächelt kaum merklich und winkt die drei wartenden Lieutenants in sein Dienstzimmer. Kupferstein, Hamelot und Gomes treten vor den Schreibtisch, setzen sich aber nicht, weil auch ihr Chef stehen bleibt. Er beginnt zu sprechen.
    »Leute, unser Fall ist gelöst.«
    Überrascht blickt Gomes ihn an.
    »Gelöst? Aber Vignola und Raymond Meyer treiben sich noch irgendwo herum. Außerdem die Barnes-Zwillinge und …«
    »Und die Chassidim aus Brooklyn. Ich weiß. Von denen erwischen wir keinen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit. Natürlich arbeiten wir weiter daran, internationale Haftbefehle, Interpol und so weiter und so fort. Oder doch – einen werden wir sicher bald finden: Vignola. Mein kleiner Finger sagt mir, dass seine Leiche morgen oder übermorgen irgendwo ganz in der Nähe auftauchen wird. Vielleicht springt er ja gerade jetzt über die Klinge – aber woher sollen wir wissen, wo es passiert? Die Barnes werden sich in Luft auflösen, genau wie der kleine Chemiker in Brooklyn. Was die Chassidim von Rebbe Toledano angeht, so können wir ihnen nicht das Geringste nachweisen.«
    Hamelot und Kupferstein lächeln ironisch. Gomes ist wütend. Mercator fährt fort.
    »Das Böse in dieser Geschichte, Gomes, das Böse, das wir besiegen mussten, waren Frédéric Enkell, Aïssa Benamer und Francis Meyer. Sie waren in uns drin, verstehen Sie? Sie sind das Übel – also genau das, was wir auf keinen Fall sein sollten. In Bezug auf alles andere haben wir getan, was wir konnten, und das ist gar nicht mal schlecht. Der absolute Sieg existiert nun einmal nicht. In dieser Schlacht ist kein Ende absehbar. Sie wurde schon immer geschlagen und wird auch in Zukunft geschlagen werden müssen.«
    Er lacht.
    »Lasst uns darauf einen heben. Wir haben es uns verdient. Fünfzehn Jahre gereifter Lagavulin. Dann nehmen Sie, Hamelot und Kupferstein, sich ein paar Tage frei. Fahren Sie irgendwohin. Machen Sie das, wenn Sie mir auch in Zukunft von Nutzen sein wollen.«

47
    Natürlich haben die Barnes-Zwillinge das Concorde Lafayette gar nicht erst betreten. Gleich nachdem Vignola kurz vor ihrer Abreise aus New York angerufen hat, haben sie ihre Pläne geändert und unter dem Namen Arthur und Melissa Kaczynski ein Zimmer in einem kleinen Hotel in Saint-Ouen reserviert. Sie haben sich als junges Paar aus
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