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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung.
Autoren: Marlene Streeruwitz
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unschlüssig. Der Mann stand wie sie. Macht mich der jetzt auch nach, dachte sie. »This is disgusting.« sagte sie laut. Sie wandte sich zurück. Begann wieder zu gehen. Der Mann ging mit. Sie gingen nebeneinander auf ein Parktor zu. Einen Augenblick hatte Selma Sorge, es müsste Eintritt bezahlt werden. Aber das war in Zagreb so gewesen. Hier waren die Parks offen. Sie gingen hinein. Büsche und Bäume am Rand. Dann Wiesen. Selma ging auf eine Trauerweide zu. Die Äste nicht ganz bis zum Boden. Der Baum mehr ein Baldachin. Eine Wiese davor. Selma ging voraus. Wenn er nicht mitkommen will, dann kann er es jetzt lassen. Sie ging über die sonnenhelle Wiese. Weiter drüben saßen Menschen im Gras. Lagen. Das war beruhigend. Anwesenheiten. Sie setzte sich unter den Baum. Sie setzte sich an den Stamm. In eine Wurzelfalte. Der Boden weich. Ihr verschwitztes Top und die Jacke pressten sich gegen die Haut. Kaltfeucht. Es schauerte sie. Sie sah hinauf. Der Himmel winzige blitzend blaue Splitter hinter dem Blattgewirr. Der Mann stand. Unschlüssig. Er blieb vor den herunterhängenden Zweigen. Er könne sich doch setzen, sagte Selma. Englisch. Deutsch. Italienisch. Französisch. Sie radebrechte es auf Russisch. Der Mann stand da. Selma nahm den Rucksack und kroch unter den Zweigen hinaus. Sie kroch nach links. In den Schatten. Setzte sich dort hin. Der Mann schaute ihr zu. Selma kam sich dumm vor. Sie war in einer Situation wie in diesen selbstgerechten amerikanischen Fernsehserien. In denen Menschen Gutes taten und immer so überraschende Erklärungen für ihre Handlungen fanden. Aber sie hatte kein Script und keinen Regisseur. Der Mann stand da und hielt ihr die Hand entgegen. Selma stand auf. Er hielt einen Stein. Einen handtellergroßen Stein. Abgerundet. In einem Fluss abgeschliffen. Grau. Ein brauner Streifen quer. Eine helle beige Einlagerung quer dazu. Ob sie den Stein nehmen solle, fragte Selma. Sie zeigte auf den Stein. Dann auf sich. Der Mann hielt den Stein. Er sah ihr nicht in die Augen. Er sah zu Boden. Selma nahm den Stein von seiner Handfläche. Der Stein war heiß. So heiß wie seine Hand. Hatte der Mann Fieber. Seine Augen hatten trüb ausgesehen. Der Mann sah auf. Er hielt ihr die offene Hand entgegen. Selma legte den Stein zurück. Der Mann hielt ihr den Stein wieder hin. Was er wolle, fragte Selma. Sie überlegte. Wollte er ihre Jacke. Sie deutete auf die Jacke. Der Mann hielt ihr den Stein hin. Sie zog die Jacke aus. Sie nahm den Stein und hielt dem Mann die Jacke entgegen. Der Mann verneinte. Es war seinem ganzen Körper anzusehen, dass die Jacke nicht richtig war. Selma gab den Stein zurück. Legte die Jacke auf das Gras. Sie stand da. Der Mann gegenüber. Die blaue Farbe auf seinen Wangen glänzend. An den Rändern zerfließend. Er hielt die Hand mit dem Stein ausgestreckt. Selma deutete auf ihre Schuhe. Sie schienen nicht das Richtige zu sein. Selma wurde ungeduldig. Sie riss das Seitenfach vom Rucksack auf. Taschentücher. Papiertaschentücher. Sie hielt sie hoch. Nein. Sie legte die Taschentücher neben die Jacke. Sie schaute in das andere Seitenfach. Kaugummis. Von irgendeiner Reise. Sie nahm den Stein. Legte die aufgerissene Packung Kaugummis in die Hand. Es war nicht richtig. Sie legte den Stein zurück. Die Kaugummis ins Gras. Der Mann zitterte. Selma musste sich setzen. Was wollte dieser Mann. Was brauchte er. Sie machte den Rucksack auf. Sie zog die Lederlasche vom Metalldorn und aus der Metallschnalle. Schlug den Lederdeckel zurück. Öffnete den Knoten der Bänder. Zog die Bänder auseinander. Sie griff hinein. Die Pyjamajacke. Sie stand wieder auf. Hielt die Jacke zur Ansicht hoch. Der Mann sah die Jacke an. Er ließ die Hand mit dem Stein sinken. Die Jacke war nicht richtig. Etwas zu essen. Selma machte Essbewegungen. Nein. Sie legte das Pyjamaoberteil ins Gras. Sie griff in den Rucksack. Die Pyjamahose. Sie hielt sich die Hose an. Die konnte auch ein Mann tragen. Selma hielt dem Mann die Hose hin. Der Mann trat zur Seite. Selma legte die Pyjamahose auf die Wiese. Das schwarze T-Shirt vom Vortag. Nein. Die Tagescreme. Die Nivea Q10. Sie schraubte die Dose auf. Zeigte ihm die Creme. Vielleicht wollte er sein Gesicht weiß nachschminken. Nein. Die Haarbürste. Sie fuhr sich mit der Bürste durch die Haare. Hielt ihm die Haarbürste entgegen. Nein. Die Zahnbürste und die Elmex-Zahnpasta. Sie drückte Zahnpasta auf die Zahnbürste. Tat so, als bürstete sie sich die Zähne. Nein. Das
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