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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung.
Autoren: Marlene Streeruwitz
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Nivea-Deo ohne Alkohol. Sie sprühte das Deo auf ihren Handrücken. Hielt ihm den Handrücken zum Riechen hin. Nein. Selma stand mit dem Mann da. Die Dinge aus ihrem Rucksack lagen um sie beide. Die Dinge bildeten einen Kreis um sie. Selma holte die Handtasche heraus. Rollte sie auf. War es das handy, das als Tauschwert galt. Aber die handys gingen nicht. Die handys waren abgeschaltet. »Services terminated.« hatte es im Fernsehen geheißen. »Services terminated.« »For security reasons.« war aus dem Pub zu hören gewesen. Ihre Geldbörsen. Sie öffnete die Geldbörse für das englische Geld. Sie hielt ihm das Fach für die Münzen hin. Zippte es auf. Nein. Die Kreditkarten. Der Pass. Die Autopapiere. Der Kamm. Sie legte die Dinge zu den anderen ins Gras. Auf dem Weg am Rand der Wiese war ein Paar stehen geblieben. Ein indisch aussehender Mann und eine dunkelhaarige Engländerin. Sie führten einen kleinen Hund an der Leine. Sie sahen zu. Selma war am Grund ihrer Tasche angekommen. Sie hielt dem Mann die Tasche hin. Die blaue Farbe auf seinem Gesicht hatte zu rinnen begonnen. Verschwamm an den Rändern mit dem weißen Untergrund. Das Paar mit dem Hund. Sie gingen über die Wiese auf sie zu. Was das bedeute, fragte die junge Frau. Ob das eine Performance sei. Der junge Mann lächelte Selma entschuldigend an. Ob hier Kunst gemacht würde. Sie hätten sich nicht einigen können. Darüber, was hier vor sich ginge. Deshalb fragten sie. Die junge Frau nickte lachend. Selma sah sich um. Die Dinge aus ihrem Rucksack lagen im Kreis um sie. Sie war von ihren Dingen umgeben. Eingekreist. Sie wies auf den Mann. Sie wies auf den Stein in seiner ausgestreckten Hand. Es ginge um diesen Stein, sagte sie. Sie dächte, es ginge um diesen Stein. Sie wüsste es selber nicht so genau. Sie vermutete, es ginge um diesen Stein. So, wie der Mann ihn hinhielt. Anbot. Offerierte. Selma wandte sich an das Paar. Sie hätte das Gefühl, es wäre wie in einem von diesen Märchen. Man müsse eine Aufgabe erfüllen. Prüfungen bestehen. Und sie hatte immer schon befürchtet zu versagen. Bei einer solchen Prüfung zu versagen. Sie wüsste ganz genau, was sie meine, rief die junge Frau. Sie klippte das Hündchen von der Leine. »Aren’t nightmares made of this?« Der junge Mann verdrehte die Augen. »Riddles and exams.« Wäre das Leben nicht gespickt davon. Und hätte man nicht genug davon. Das weiße Hündchen lief über die Wiese davon. Die junge Frau und der junge Mann standen am Rand des Kreises. Sie schauten auf den Stein in der Hand des Afrikaners. Sahen ihm ins Gesicht. Sahen Selma an. Vielleicht wolle er, dass der Stein eingehüllt würde, sagte Selma. Eingehüllt und verborgen, sagte die junge Frau. Versteckt, fragte der junge Mann. Er lächelte den Afrikaner an. »Whatever are we to do.« fragte Selma und schaute dem Mann ins Gesicht. Der hob den Stein höher. Hielt ihn ihr neuerlich hin. Alle sahen auf den Stein. Selma beugte sich hinunter und holte die Flasche Wasser aus der Jackentasche am Boden. Schraubte sie auf. »Perhaps we water it.« Sie goss Wasser über den Stein. Das Wasser tropfte zwischen den Fingern des Mannes ins Gras. Der Stein lag leuchtend blau von der Nässe in seiner Hand. Die Adern der Einlagerungen. Helle und dunkle Adern liefen in der Mitte zusammen. Bildeten einen Stern auf dem dunklen Blau. Der Mann ging in die Sonne. Hielt den Stein in die Sonne. Die Sternlinien glitzerten im Sonnenlicht. »Wow.« sagte die junge Frau. »Like a star in the sky.« Alle starrten auf den Stein und lächelten. Selma musste lachen. Der Sternenhimmel. Es war um den Sternenhimmel gegangen. Was sonst.
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