Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut
Autoren: Andrea Gunschera
Vom Netzwerk:
und reihte sich nahtlos in die anderen unauffälligen Autos in der Straße ein. Er legte eine CD mit Klaviersonaten ein und lauschte den nachhallenden ersten Akkorden. Vitali hatte ihn die Liebe zu Beethoven gelehrt. Er atmete tief ein und stieß langsam die Luft aus. Ob Vitali wusste, dass der Mann das Blut in sich trug? Der Auftraggeber musste es wissen. Es gab einen Grund, dass er Kain angefragt hatte. Den gab es immer.
    Mondscheinsonate, zweiter Satz. Die Töne perlten wie Wassertropfen. Kain warf einen Blick in den Rückspiegel. Er richtete sich im Sitz auf, um die bläulichen Schatten unter seinen Augen zu studieren. Hinter den Schatten lauerte Schmerz, eine Drohung, berechenbar. Eine neue Dringlichkeit trieb ihn an. Er beugte sich nach seiner Pistole hinab, eine Desert Eagle mit 50er Action Express Munition. Ohne Eile wickelte er den Schalldämpfer aus der Ölhaut und schraubte ihn auf die Waffe. Eigentlich mochte er Schalldämpfer nicht, weil sie die Präzision und die Durchschlagkraft einer Pistole verringern, aber er wollte nicht die gesamte Nachbarschaft alarmieren. Außerdem würde er aus kurzer Distanz auf den Mann schießen, das relativierte die Nachteile des Schalldämpfers.
    Im Rückspiegel bemerkte er, wie der blaue Pontiac in die Straße einbog und in die Garage fuhr. Mit der Pistole im Hosenbund stieg er aus seinem Wagen. Er lief zum Vordereingang, noch während das Garagentor herunter fuhr. Mit einem Fußtritt sprengte er das Schloss der Haustür. Leicht. Diese Sperrholztüren hielten nichts aus. Klappernd schlug das Türblatt gegen die Wand. Sekunden später hörte er, wie sich jemand mit einem Schlüssel an der Hintertür zu schaffen machte. Er wartete, dass die Tür aufschwang.
    Der Mann erstarrte einen winzigen Moment, als er Kain in die Augen sah. Erkenntnis rauschte über sein Gesicht. Kain zog die Desert Eagle hoch und feuerte auf den Mann, während er auf ihn zuging. Er hielt auf den Oberkörper, weil es das leichteste Ziel war. Vier, fünf Kugeln schlugen in die Brust des Mannes und schleuderten ihn rücklings zu Boden. Kain setzte ihm die Desert Eagle auf die Kehle und drückte ein weiteres Mal ab.
    Der Mann stieß gurgelnd den Atem aus. Blut und Schleim traten auf seine Lippen. Sein Körper bebte, sein Arm schoss hoch, die Finger zu Klauen geformt. Kain fing ihn mit der freien Hand ab.
    „Hör auf, dich zu wehren.“
    Der Duft des Blutes überflutete alle Gedanken. Sein Kopf begann zu schwimmen. Die warme Flut umspülte seine Zunge, rann seine Kehle hinab wie Nektar. Lust, Kraft und eine Welle von Sinneseindrücken explodierten in einer überwältigenden Eruption. In ihrem Sog flutete die Energie über ihn hinweg. Ein Hauch von Göttlichkeit.

    „Ich glaube, er war früher mal bei einer Spezialeinheit.“ Eve nagte an ihrer Fingerkuppe.
    „Lass das“, sagte Felipe. Mit seiner Zeitung schlug er ihr freundschaftlich auf die Hand.
    Eve sah auf. „Hast du mir zugehört?“
    „Ja, dein Maler war früher mal bei den Green Berets.“
    „Keine Ahnung ob bei den Green Berets. Vielleicht auch bei den Marines, oder ...“
    „Was ist dein Problem?“
    Sie blinzelte in die Sonne. „Was heißt überhaupt, mein Maler?“
    „Du bist in ihn verknallt.“
    „Felipe!“
    Er zuckte mit den Schultern. „Stimmt doch, oder?“
    Sie lehnte sich zurück in die Polster ihres Sessels. „Als da draußen das Theater losging, wegen der Leiche, hatte er plötzlich diesen Blick.“ Sie biss in einen Apfel und wischte sich mit dem Handrücken den Saft vom Kinn. „Ich habe das im Irak gesehen. Dort hatten sie auch diesen Blick.“
    „Die Marines?“
    „Diesen, du weißt schon, diesen
ich bin der Jäger, nicht die Beute
Blick.“
    „Und was ist dabei, wenn er mal bei einer Spezialeinheit war?“
    „Ich meine ja nur. Er ist Maler!“
    „Gibt’s ein Gesetz, das verbietet, dass Ex-Marines Maler werden dürfen?“
    Ihr Telefon klingelte.
    „Dein Handy klingelt“, bemerkte Felipe überflüssigerweise.
    „Hast du eigentlich keinen Dienst heute?“ Eve tastete nach dem Telefon in ihrer Tasche und machte eine Schweigegeste zu Felipe, der gerade zu einer Antwort ansetzen wollte. „Hallo?“
    „Die Fotos sind klasse“, sagte Greg. „Widerwärtig, aber klasse. Wann ist der Artikel dazu fertig?“
    „Mir fehlen noch ein paar Fakten.“
    „Du sollst den Fall nicht aufklären, Süße. Sondern dir nur eine gute Story aus den Fingern saugen.“ Er atmete geräuschvoll ein. „Was ist mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher