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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut
Autoren: Andrea Gunschera
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Menschen bis zur Tür. Die Galerie Petrowska lag im Erdgeschoss eines historischen Bürogebäudes in der Hill Street zwischen dem Eingang zum Broadway Trade Center und einem billigen mexikanischen Schnellrestaurant. Gegenüber stand eine sechs Stockwerke hohe Parkgarage. Ein Körper mit verdrehten Gliedmaßen lag auf der Straße. In der Nachbarschaft heulten Feuerwehrsirenen.
    Der Mann schien aus einem der Parkgeschosse gefallen zu sein. Oder jemand hatte ihn gestoßen. Immer mehr Gaffer blieben auf dem Fußweg stehen. Alan schob sie beiseite. Er bückte sich, um das Gesicht des Mannes zu sehen und dessen Puls zu fühlen, zog die Hand aber zurück, als er die Wunde am Hals bemerkte. In den Augen glänzte nur noch Leere.
    „Nummer elf“, sagte Katherina neben ihm.
    Er richtete sich auf.
    „Und sicher wird diese Nacht auch noch Nummer zwölf auftauchen.“ Sie stieß einen Laut aus, der wie ein Zischen klang. „Er weicht mir aus, der Bastard. Er will nicht mit mir sprechen.“
    „Mordechai?“
    „Aber ich werde ihn zwingen. Ich zwinge ihn, aus seinem Bau zu kommen.“ Katherina musterte ihn. In ihrem Blick lag Nachdenklichkeit. Alan wusste in Momenten wie diesen nie, ob er sie fürchten musste. „Bleibt es bei deiner Entscheidung?“
    „Ich bin neutral in dieser Sache.“
    Sein Blick glitt zurück zur Leiche. Wieder ein Obdachloser. Wieder die gleichen Wunden. Aber Katherina hatte Unrecht. Das hier ging ihn nichts an.
    Er wanderte zurück ins Innere der Galerie und suchte nach der Reporterin, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Mit einem Stich Bedauern vermutete er, dass sie im allgemeinen Chaos wohl aufgebrochen war, ohne sich zu verabschieden. Schade. Sie hatte nicht einmal ihre Visitenkarte zurückgelassen.

    Das Treppenhaus stank nach Öl und Urin. Eve riss die Stahltür auf und tastete sich hinaus aufs Dach. Auf der Plattform stand kein einziger Wagen. Neben dem überdachten Treppenschacht lag ein Haufen Müll. Es roch nach Alkohol.
    Mit dem Fuß stieß sie an eine Flasche, die halb ausgelaufen war. Sie hob die Kamera und machte ein paar Fotos. Vor Aufregung hämmerte ihr Puls gegen ihre Kehle wie nach einem Marathonlauf. Als sie die Leiche gesehen hatte, war ihr sofort klar geworden, was das bedeutete. So viel Glück an einem einzigen Abend war einfach nicht zu fassen. Sie musste Greg Blumen schicken oder ihn wenigstens zum Essen einladen. Der Downtown-Killer hatte wieder zugeschlagen, und sie war vor der Polizei am Fundort der Leiche.
    Den stinkenden Habseligkeiten nach zu urteilen, hatte das Opfer hier gehaust. Sie schob eine Pappe zur Seite und fand einen Haufen Decken. Vor der Brüstung schimmerte eine Blutlache auf dem Boden. Hier hatte der Killer ihn aufgestöbert. Eine schwache Bewegung erregte ihre Aufmerksamkeit. Eve sank in die Knie und betrachtete ein Insekt, das sich in der trocknenden Flüssigkeit gefangen hatte. Ein großer Nachtfalter. Sie wich zurück und machte noch ein Foto. Als das Blitzlicht die Brüstung erhellte, stockte ihr der Atem. Sie ließ die Kamera sinken und leuchtete den Stahlgriff mit ihrem Handy-Display an. Sauber zeichneten sich ein Handballen und die einzelnen Fingerglieder ab, Konturen gemalt mit Blut. Sie brachte das Objektiv so nahe wie möglich an den Abdruck und betätigte den Auslöser. Der Blutgeruch zerrte an ihrem Magen. Das war etwas, das sie wirklich hasste. Sie hatte kein Problem mit dem Anblick von Leichen. Aber dieser süßliche Kupfergeruch löste einen sicheren Würgreiz aus.
    Von der Straße klangen Polizeisirenen herauf. Blaue Lichter brachen sich in den Fenstern der Häuser. Die Leiche wurde inzwischen von einem dichten Kreis Neugieriger umzingelt. Als sie vom Geländer zurücktrat, stieg ihr ein vertrautes Gewürzaroma in die Nase. Ingwer.
    Ihr Handy klingelte. Mit einer Hand schnippte sie es auf und presste es ans Ohr.
    „Hallo Süße, hier ist Andrew.“
    „Ja?“ Sie konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    „Es gibt einen neuen Mordfall.“
    „Ich weiß“, sagte sie zärtlich. „Ich weiß.“

4
    D er Mann arbeitete für Kaiser Permanente, eine Versicherungsgesellschaft mit Büros in Long Beach. Mit seinem unscheinbaren blauen Pontiac fuhr er jeden Morgen ins Büro. Er trug das Blut in sich, daran bestand kein Zweifel. Kain war sich nur nicht sicher, wie stark es in seinen Adern floss. Das ließ sich nie genau sagen. Nicht ohne einen Kampf.
    Kain hatte sich einen Toyota Corolla gemietet. Der Wagen war ebenso unauffällig wie der des Mannes
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