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Engelsberg

Engelsberg

Titel: Engelsberg
Autoren: Reinaldo Arenas
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sein zu glauben, ich, Don Cándido de Gamboa y Lanza, künftiger Graf des Hauses Gamboa – ein Titel, den ich schon teuer genug den Königen von Spanien höchstselbst bezahlt habe –, würde öffentlich ein uneheliches Kind anerkennen, das ich ungewollt von einer fast schwarzen Mulattin habe wie ihr, der Rosario.
    Aber mit den Negern geht das nie gut; gibst du ihnen die Knute, bist du ein Despot, gibst du sie ihnen nicht, bist du ein Trottel, und sie stehlen dir sogar die Glut aus dem Herd. Ich bin wirklich einfach zu gut gewesen. Wer sonst auf dieser Welt kümmert sich schon um eine natürliche Tochter, die er aus purer Lust von einer Negerin hat? Kein Mensch. Einzig Cándido Gamboa. Wer hat es denn ermöglicht, dass unsere Tochter, Cecilia, Mulattin und alles, im Armenhaus eine Erziehung bekommen hat und dass es ihr an nichts fehlte, genauso wenig wie ihrer Großmutter und ihrer Mutter? Für alle habe ich gesorgt, mit meiner Arbeit, mit meinem Vermögen. Und immer noch reden sie schlecht von mir! Was wollen sie? Soll ich Cecilia bei mir aufnehmen, noch eine Tochter? Soll ich sie in meinem Haus zusammen mit meinen anerkannten Kindern leben lassen? Soll die Tochter einer Negerin mit meinen weißen Töchtern zusammenleben, und mit meinem Sohn Leonardito? Soll meine eigene Gattin, die Señora Doña Rosa de Gamboa, eine künftige Gräfin, mit der kleinen Mulattin im Tilbury ausfahren, als ob es ihr leibliches Kind wäre? Was würden da die Leute sagen! Und womöglich ist Cecilia gar nicht von mir, sondern von einem Neger aus der Baracke! Das wäre erst was!
    In einem Land von Negern und Mulatten muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Das beste Beispiel liefert ja zu allem Unglück Cecilia selbst, die jetzt schon zwölf Jahre alt ist – ja, zwölf Jahre ist es her, dass Rosario den Verstand verloren hat –, Cecilia ist fast schon eine Frau, und sie tut nichts anderes, als sich auf den Straßen und Plätzen herumzutreiben, Tag und Nacht herumzustromern, zu spielen, mit den Negern wie auch mit den Mulatten und Weißen. Das nimmt bestimmt kein gutes Ende mit ihr … Natürlich, wenn man erfährt, dass ich ihr Vater bin, wird es heißen, ich wäre ein Unmensch, weil ich sie nicht als legitimes Kind anerkannt habe. Dabei besuche ich jede Woche ihre Großmutter und gebe ihr eine Unze Gold für die Pflege der Kleinen. Eine Unze Gold! Und ich dränge darauf, dass sie sich nicht mit den Negern abgibt, und auch nicht mit den Mulatten, und dass sie früh nach Hause kommt. Aber bei ihrer Großmutter, wie kann es anders sein bei einer Negerin, gehen die Worte in das eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus.
    Gestern war Cecilia sogar hier. In meinem eigenen Haus! Meine Töchter haben sie auf der Straße vorbeigehen sehen und zum Spielen eingeladen. Tausend Fragen stellten sie ihr und waren entzückt vom Kraushaar der kleinen Mulattin. Ich habe heimlich einen Blick auf sie geworfen und bei mir gedacht: meiner Tochter Adela wie aus dem Gesicht geschnitten … Ich glaube, sogar meine Frau, der Teufel soll sie holen, bemerkte die Ähnlichkeit und wurde ernst. Sollte sie erfahren, dass dieses Mulattenmädel meine Tochter ist, wäre das für die Familie und den Ruf des Hauses Gamboa eine Katastrophe. Dabei hat hier jeder was vom Kongo, wenn nicht vom Kalabar! Wie sollte das auch anders sein, wo doch diese halb nackten Negerinnen sogar auf dem Weg von der Küche ins Speisezimmer tausendmal mit dem Arsch wackeln! Diese Körper, diese Hüften … Ich aber habe nichts von einem Neger, zum Glück bin ich nicht mal Kreole. Waschechter Spanier, mein Vermögen habe ich im Schweiße meines Angesichts gemacht.
    Ich war Maurer und Zimmermann, habe mit Holz und Ziegeln gehandelt, und vor allem habe ich mein Vermögen und manchmal sogar die eigene Haut riskiert, um Kohlensäcke herbeizuschaffen, Neger aus Afrika, und sie hier den Plantagenbesitzern zu verkaufen, womit ich zur Entwicklung dieser Insel und dieses undankbaren Volks beigetragen habe. Es stimmt schon, dass mir auch die Heirat mit Rosa zuträglich war, sie besaß Vermögen. Aber ich habe es durch meine Arbeit verdreifacht. Mir gehört eine Zuckermühle samt Plantagen, eine Kaffeepflanzung und eine Baracke voll neuer Neger. Im Zentrum von Havanna besitze ich ein Stadthaus mit großer Kutschenvorhalle und mehreren Tilburys. Mein Sohn lernt am Seminar von San Carlos. Und ich habe mir alles, meinen gesamten Besitz, hart erarbeitet. Dann heißt es noch, ich wäre ein schlechter
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