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Endzeit

Endzeit

Titel: Endzeit
Autoren: Vampira VA
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Statt dessen suchte er nach einer Möglichkeit, wie er sich vorsichtig ausdrücken konnte.
    »Ihr ... gebt der Phantasie des Volksverstandes eine Menge Nahrung.«
    Sie verließen den Säulengang des Tempels und traten wieder ans Tageslicht. Antef blickte den Wesir lächelnd an.
    »Tatsächlich?«
    »Niemand weiß, wo die sterblichen Hüllen der Familie hingelangt sind. Ihr haltet sie versteckt. Man fragt sich, wozu.«
    Der Hohepriester lachte. »Die Antwort auf diese Frage werdet Ihr bald selbst erlangen, Wesir. Und Ihr werdet mit freiem Herzen verkünden können, daß die Priester durchaus keine Königsmörder sind und daß sie gut gehandelt haben.«
    Rahotep verstand nicht den Sinn, der sich hinter Antefs Worten versteckte. Argwohn erfüllte ihn. »Euch von jedem Verdacht freisprechen? Warum sollte ich so etwas tun?«
    Antef blickte ihm in die Augen.
    »Weil ich Euch zu den >sterblichen Hüllen< der Königsfamilie bringen werde«, sagte er. »Und weil Ihr dann mit eigenen Augen sehen werdet. Und jetzt kommt!« Damit steigerte der Hohepriester sein Tempo noch.
    »Wohin führt Ihr mich?«
    Wieder breitete sich ein Lächeln auf dem Gesicht des Priesters aus. »Zu der königlichen Mumienwerkstatt.«
    Als er sah, wie der Wesir erbleichte, brach Antef wiederum in schallendes Gelächter aus. »Beeilen wir uns. Mentuhotep wartet bereits mit dem Mumienmeister auf unsere Ankunft .«
    *
    Der Innenraum der Mumienwerkstatt war nur spärlich beleuchtet. Außenlicht drang überhaupt nicht in das Innere des kleinen, schmucklosen Gebäudes vor, genauso wenig wie unerwünschte Blicke. Am Eingang standen zwei schwer bewaffnete Soldaten, die den Hohepriester und den Wesir jedoch ohne jede Regung oder Bemerkung passieren ließen.
    Als sich seine Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten, erkannte Rahotep, daß am anderen Ende des länglichen Gebäudes zwei kleinere Kammern mit Zwischenwänden aus Palmzweigen abgetrennt worden waren. Vor dem Eingang zur einen stand die hochgewachsene Gestalt des ebenfalls in ein Leopardenfell gekleideten Mentuhotep.
    »Na endlich.«
    Antef lächelte Rahotep süffisant an. »Er hat sich ein wenig Zeit gelassen.«
    Der zweite Hohepriester wies dem Wesir mit einer einladenden Handbewegung den Weg zu der ersten der beiden Kammern. Zögernd folgte Rahotep der Aufforderung und trat durch einen dunklen Vorhang in den abgetrennten Raum.
    Trübes Licht breitete sich auch hier aus, lange Schatten tanzten an den Wänden entlang. In einer Schale, die auf einem Ständer in einer der Ecken des Raumes angebracht war, brannte Öl und erfüllte die Luft mit einem merkwürdig stechenden Geruch.
    Drei Bahren standen nebeneinander in der Mitte des engen Raumes, und auf jeder lag ein ausgestreckter nackter Körper - eine Frau und zwei Kinder.
    Rahotep schlüpfte aus seinen Sandalen und verbeugte sich vor den aufgebahrten Toten, als er Nefertari und ihre Söhne erkannte.
    Mentuhotep schritt an ihm vorbei. »Kommt bitte näher und schaut Euch das hier an.«
    Der Wesir richtete sich langsam auf und folgte dem Hohepriester zögernd.
    Die Hände des Priesters strichen am Hals der toten Königin entlang. Oder wenigstens an dem, was ehemals ihr Hals gewesen war. Tiefe Risse klafften in der bleichen Haut, worunter rotes Fleisch, Sehnen und sogar Knochensplitter zum Vorschein kamen.
    Der Wesir schüttelte den Kopf. Seine Stimme wurde zu einem Hauch. »Bei Osiris!«
    Als er den Blick auf die Leichname der beiden Königssöhne richtete, entdeckte er dieselbe Verstümmelung auch bei ihnen. Der Hals des Älteren war nicht mehr als ein roter fleischiger Klumpen, das stolze Haupt des jungen Thronfolgers lag in einem unnatürlichen Winkel auf einem besudelten Kissen.
    Rahotep empfand den Lufthauch, der über seine Haut strich, als eisig, obwohl sein Gesicht zu brennen schien. Vor Trauer. Und vor Wut.
    »So ist es wahr.«
    »Ja, die Königsfamilie ist ermordet worden.« Antefs Stimme erklang vom Eingang des Raumes her. Der Hohepriester hatte die Kammer nicht betreten.
    »War das . ein Tier?«
    Mentuhotep schüttelte den Kopf. »Nein, kein Tier. Obwohl man es auch nicht als Mensch bezeichnen kann.«
    »Was?«
    »Kommt mit.«
    Der Wesir folgte dem Hohepriester, nachdem sein Blick noch einmal über die ausgestreckten Leiber der Toten gestrichen war. Tränen standen in seinen Augen. Er hatte seine Herrin untertänig geliebt. Wie es das ganze Volk getan hatte.
    Als er aus der Kammer trat, erschien ihm die Luft in der Mumienwerkstatt viel
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