Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation

Endstation

Titel: Endstation
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
während der Verleihung des staatlichen Diploms plötzlich übel geworden war und er den Raum hatte verlassen müssen. Warum dachte sie ausgerechnet daran? »Es wird alles wieder gut, Harry«, sagte sie. Zu ihrer eigenen Freude klang ihre Stimme ruhig und zuversichtlich. Da sie ihn beruhigen wollte, blieb sie bewegungslos stehen. Zwischen ihm und ihr war immer noch die Datenbank des Computers.
    Er atmete heftig, und beide schwiegen sie eine ganze Weile. Er sah sich die Verwüstung ringsum an.
    »Ich hab’s also doch getan«, murmelte er. »Ich hab’s getan - oder nicht?«
    »Es wird alles wieder gut, Harry«, wiederholte sie. Dabei legte sie sich schon einen Plan zurecht. Noch in der Nacht würde man sein Bein operieren und gleich am Morgen den Computer abschalten, die Elektroden neu programmieren und den begangenen Fehler korrigieren. So konnte eine Katastrophe verhindert werden. Sie hatte wirklich unfaßbares Glück. Ellis durfte sein Haus behalten. McPherson würde Gelegenheit bekommen, mit der NPFA in neue Bereiche vorzustoßen. Alle würden dankbar sein. Man würde ihre Leistung anerkennen und sie zu schätzen wissen …
    »Doktor Ross …«
    Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete er sich auf. »Nicht bewegen, Harry. Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    »Ich muß aber.«
    »Bleiben Sie liegen, Harry.«
    Bensons Augen blitzten auf, das Lächeln war verschwunden. »Nennen Sie mich nicht immer Harry. Für Sie bin ich immer noch Mister Benson.« Seine Stimme klang zornig. Das überraschte und beunruhigte sie. Sie wollte ihm doch helfen. Begriff er denn nicht, daß sie der einzige Mensch war, der ihm trotz allem helfen wollte. Die anderen wünschten sich nur noch seinen Tod.
    Er bemühte sich, fest auf den Beinen zu stehen. »Rühren Sie sich nicht, Harry.« Sie zeigte ihm den Revolver. Es war eine feindselige Bewegung, eine aggressive Geste. Er hatte sie wütend gemacht. Sie wußte, daß das eigentlich nicht passieren durfte, aber sie konnte sich nicht beherrschen.
    Er lächelte wie ein kleines Kind. »Das ist doch mein Revolver.«
    »Jetzt habe ich ihn.«
    Sein Gesicht war verzerrt - teils ein Lächeln, teils eine schmerzhafte Grimasse. Er stand aufrecht und lehnte sich schwer an die Wand. Auf dem Teppich hatte sich eine dunkelrote Lache gebildet. Er starrte den Fleck an. »Ich bin verletzt«, sagte er.
    »Bewegen Sie sich nicht. Es wird alles wieder gut.«
    »Er hat mir eine Kugel ins Bein geschossen.« Er hob den Kopf und sah sie lächelnd an. »Sie würden doch niemals abdrücken, wie?«
    »Doch, wenn es sein müßte.«
    »Sie sind meine Ärztin.«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind, Harry.«
    »Ich glaube nicht, daß Sie schießen könnten«, sagte Benson. Er machte einen Schritt auf sie zu.
    »Nicht näher kommen, Harry.«
    Er lächelte und machte noch einen unsicheren Schritt, schwankte, behielt aber das Gleichgewicht. »Ich glaube es Ihnen nicht.«
    Seine Worte jagten ihr Angst ein. Sie fürchtete, daß sie auf ihn schießen würde, und sie fürchtete auch, daß sie es nicht tun konnte. Die Situation war unwirklich. Sie war hier allein mit diesem Mann, umgeben von den Wracks der Computeranlage.
    »Anders!« rief sie. »Anders!« Ihre Stimme hallte durch die Kellergänge.
    Benson kam noch einen Schritt näher. Sein Blick war fest auf ihr Gesicht gerichtet. Er taumelte und stützte sich schwer auf einen der Datenspeicher. Seine helle Jacke riß dabei unter dem Arm auf. Benommen betrachtete er den Riß. »Ich habe …«
    »Bleiben Sie stehen, Harry! Bleiben Sie stehen!« Es ist, als wenn man zu einem Tier spricht, dachte sie. Bitte die Tiere nicht necken und nicht füttern. Sie kam sich vor wie der Löwenbändiger in einem Zirkus.
    Benson klammerte sich für ein paar Sekunden an den Datenspeicher und keuchte schwer. »Ich will den Revolver haben«, sagte er dann. »Ich brauche ihn - geben Sie mir den Revolver.«
    »Harry … «
    Ächzend stieß er sich von dem Kasten ab und kam wieder auf sie zu.
    »Anders!!«
    »Es hat keinen Zweck«, sagte Benson. »Die Zeit ist abgelaufen, Frau Doktor Ross.« Sein Blick war fest auf sie gerichtet. Sie sah, wie sich in einer Stimulation kurz die Pupillen weiteten. »Das ist schön«, murmelte er und lächelte.
    Durch die Stimulation gewann sie ein wenig Zeit. Er blieb stehen und genoß das Gefühl des Elektroschocks. Dann klang seine Stimme ruhig und distanziert. »Sehen Sie«, sagte er, »alle sind hinter mir her. Sie haben ihre kleinen Computer auf mich gehetzt. Das Programm heißt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher