Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Endstation

Endstation

Titel: Endstation
Autoren: Michael Crichton
Vom Netzwerk:
weiter bis zu den Computerräumen. Dies war der einzige Teil des Kellers, den man etwas sorgfältiger ausgestattet hatte. Auf dem nackten Betonboden lag ein blauer Spannteppich, und in die Wand hatte man ein großes Fenster gebrochen, durch das man vom Korridor aus einen Blick auf die Computeranlage werfen konnte. Janet erinnerte sich noch an den Einbau des Computers. Das Fenster hatte sie damals für unnötige Verschwendung gehalten. Sie hatte sich deshalb auch an McPherson gewandt.
    »Die Leute sollen sehen, was auf sie zukommt«, hatte McPherson geantwortet.
    »Was heißt das?«
    »Das heißt, daß der Computer nur eine Maschine ist. Größer und teurer als die meisten anderen, aber eben nichts als eine Maschine. Daran sollen sich die Leute gewöhnen. Sie sollen keine Angst davor haben und die Maschine auch nicht anbeten. Sie sollen sich ganz einfach an ihren Anblick gewöhnen.«
    Aber jedesmal, wenn sie hierher kam, empfand sie immer das genaue Gegenteil: Die Abteilung war etwas Besonderes. Auf dem Flur lag ein Teppich, alles trug dazu bei, den Computer als etwas Ungewöhnliches, Einmaliges erscheinen zu lassen. Im ganzen Krankenhaus gab es nur noch eine andere Stelle, die mit einem Teppich ausgelegt war: Der Warteraum vor der kleinen Kapelle im ersten Stock. Ein ähnliches Gefühl beschlich sie hier. Man hatte dem Computer einen Schrein errichtet. Machte es dem Computer etwas aus, ob ein Teppich auf dem Boden lag? Die Mitarbeiter des Krankenhauses reagierten jedenfalls auf eigene Weise auf den Anblick des Computers hinter den Glasscheiben. Jemand hatte ein handgemaltes Schild auf die Scheibe geklebt: BITTE DEN COMPUTER NICHT FÜTTERN UND NICHT NECKEN.
    Janet Ross und Captain Anders duckten sich unter dem Fenstersims. Anders warf vorsichtig einen Blick über die Kante.
    »Sehen Sie etwas?« fragte sie.
    »Ich glaube, ich sehe ihn.«
    Sie spähte ebenfalls hinein. Dabei wurde ihr bewußt, daß ihr Herz plötzlich heftig klopfte. Alle Muskeln an ihrem Körper waren erwartungsvoll gespannt. In der Halle standen sechs Magnetbandgeräte, ein großes L-förmiges Schaltpult für die Zentralsteuerung, ein Ergebnisdrucker, ein Lochkartenleser, zwei Plattentische. Alle Apparate waren eckig, blitzten und schimmerten. Von der Decke strahlte das schattenlose Neonlicht. Sie sah niemanden, nur die einsamen Apparate. Der Anblick erinnerte sie an den Heiligen Hain von Stonehenge, an die Reihen senkrecht aufgerichteter Steintafeln. Dann erblickte sie ihn. Zwischen zwei Magnetbandgeräten bewegte sich ein Mensch. Schwarzes Haar über einem weißen Kittel.
    »Er ist es«, sagte sie.
    »Wo ist die Tür?« fragte Anders. Überflüssigerweise kontrollierte er noch einmal seine Waffe. Mit einem lauten Klick schnappte das Magazin ein.
    »Da drüben.« Sie zeigte den Korridor entlang. Bis zur Tür waren es etwa drei Meter.
    »Gibt es noch andere Eingänge?«
    »Nein.«
    Ihr Herz pochte immer noch. Sie sah Anders an, seine Pistole, dann wieder sein Gesicht.
    »Okay, Sie bleiben hier in Deckung.« Anders drückte sie auf den Boden herunter. Dann kroch er geduckt auf die Tür zu. Er hielt inne, richtete sich kniend auf und warf ihr über die Schulter einen Blick zu. Sie stellte überrascht fest, daß er Angst hatte. Seine Miene wirkte starr, sein Körper war verkrampft. Er hielt den Arm mit der Pistole steif ausgestreckt.
    Wir alle haben Angst, dachte sie.
    Dann stieß Anders mit einem lauten Krach die Tür auf und hechtete in den Computerraum. »Benson!« hörte sie ihn schreien, dann knallte sofort ein Schuß. Ein zweiter folgte, ein dritter. Sie konnte nicht sagen, wer von den beiden feuerte. Sie sah nur Anders’ Füße, denn er lag dicht hinter der Tür auf dem Teppich. Aus der Öffnung wälzte sich grauer Rauch und kräuselte zur Decke des Korridors empor.
    Noch zwei weitere Schüsse krachten, dann ertönte ein lauter Schmerzensschrei. Sie schloß die Augen und preßte ihre Wange gegen den rauhen Teppich. Anders rief: »Benson! Ergeben Sie sich, Benson!«
    Es hat keinen Zweck, dachte sie. Warum begriff Anders das nicht?
    Die nächsten Schüsse knallten in rascher Folge. Plötzlich zersplitterte über ihr das Glasfenster, die Scheibe fiel ihr in großen Stücken aufs Haar und auf die Schultern. Sie schüttelte sich. Zu ihrer Verwunderung landete Benson auf dem Fußboden neben ihr. Er war durch das Glas gesprungen und hätte sie dabei fast gerammt. Sein Körper war nur einen Schritt von ihr entfernt. Sie sah, daß sein linkes Hosenbein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher