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Endstation

Endstation

Titel: Endstation
Autoren: Michael Crichton
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Anders’ Arm zuckte plötzlich wie eine Schlange um die Ecke herum. Ein Mann stürzte zu Boden und rutschte auf Janet zu. »He!« Ein Wassereimer klapperte auf den Beton. Janet erkannte ihn. Es war ein älterer Hausmeister. Sie ging zu ihm hinüber.
    »Was zum … «
    »Pst«, machte sie und legte den Finger auf die Lippen. Sie half dem Mann wieder auf die Beine.
    Anders kam zurück. »Sie bleiben im Keller«, sagte er zu dem Mann. »Gehen Sie in die Küche und warten Sie dort. Aber gehen Sie ja nicht weg!« Seine Stimme war wie ein wütendes Zischen.
    Janet Ross kannte den Grund dieser Anweisung: Wer den Bereich des Kellers verließ, mußte damit rechnen, von den Polizisten oben erschossen zu werden.
    Der Mann war verschreckt und verwirrt. Er nickte.
    »Es ist schon in Ordnung«, sagte Janet zu ihm.
    »Ich hab’ doch nichts getan.«
    »Hier unten hält sich jemand auf, den wir unbedingt finden müssen«, erklärte sie. »Warten Sie nur, bis alles vorüber ist.«
    »Und bleiben Sie in der Küche«, fügte Anders hinzu. Der Mann nickte, wischte sich den Staub von der Hose und ging weiter. Einmal drehte er sich kopfschüttelnd um.
    Janet Ross und Captain Anders gingen den Korridor entlang, bogen um die Ecke und erreichten das Archiv. Aus der Wand ragte ein großes Schild:
KRANKENPROTOKOLLE.
    Anders sah sie fragend an. Sie nickte nur. Sie gingen hinein. Das Archiv war ein riesiger Raum mit deckenhohen Regalen, auf denen die Krankengeschichten der Patienten aufbewahrt wurden. Es sah aus wie eine gigantische Bibliothek. Anders blieb erstaunt stehen.
    »Eine Menge Papierkrieg«, bemerkte er. »Sind hier alle Patienten registriert, die jemals im Krankenhaus waren?«
    »Nein«, entgegnete sie. »Nur die Patienten aus den letzten fünf Jahren. Die anderen Unterlagen sind in einem Lagerhaus untergebracht.«
    »Heiland!« Sie gingen leise zwischen den Regalen entlang. Anders hielt die Pistole schußbereit. Gelegentlich blieb er stehen und spähte durch eine Lücke in den Regalen hinüber zu den anderen Gängen. Niemand war zu sehen.
    »Hat hier niemand Nachtdienst?«
    »Eigentlich schon.«
    Ihr Blick schweifte über die langen Reihen mit den Aufzeichnungen. Das Archiv machte immer einen großen Eindruck auf sie. Als praktizierende Ärztin hatte sie immer sehr viele Patienten vor Augen. Hunderte oder gar Tausende hatte sie kurz untersucht oder auch wochenlang behandelt. Aber das Krankenhausarchiv umfaßte Millionen. Und das war nur ein Krankenhaus, in einer Stadt, in einem Land. Millionen und Abermillionen von Kranken.
    »Wir haben auch so etwas«, sagte Anders. »Gehen Ihnen manchmal Aufzeichnungen verloren?«
    »Immer wieder.«
    Er seufzte. »Bei uns auch.«
    In diesem Augenblick kam ein junges Mädchen von höchstens fünfzehn oder sechzehn Jahren um die Ecke. Sie schleppte einen Arm voll Akten. Sofort hob Anders die Pistole. Das Mädchen erschrak, ließ die Akten fallen und öffnete die Lippen zu einem Schrei. »Still«, zischte Anders.
    Der Aufschrei brach mit einem gurgelnden Laut ab, das Mädchen riß entsetzt die Augen auf.
    »Ich bin Polizeibeamter«, erklärte Anders. Mit einem Griff zeigte er ihr seinen Ausweis. »Sind Sie hier unten jemandem begegnet?«
    »Wem?«
    »Diesem Mann.« Er zeigte ihr das Foto.
    Sie sah es an und schüttelte den Kopf.
    »Bestimmt nicht?«
    »Doch … nein … ich meine«
    »Ich glaube, wir sollten jetzt zum Computer gehen«, sagte Janet Ross Die Angst des jungen Mädchens war ihr irgendwie peinlich. Das Krankenhaus beschäftigte für die Archivarbeit Schülerinnen und Studentinnen.
    Janet erinnerte sich, daß sie etwa im selben Alter auch einmal furchtbare Angst gehabt hatte. Sie war mit einem Jungen im Wald spazierengegangen und hatte eine Schlange gesehen. Der Junge machte ihr weis, daß es eine Klapperschlange sei. Sie erschrak furchtbar. Erst viel später erfuhr sie, daß er sie nur angeführt hatte. Es war eine ganz harmlose Natter. Aber die Erinnerung … »Wo geht’s nun zum Computer?« fragte Anders. Janet Ross übernahm die Führung. Anders drehte sich noch einmal nach dem Mädchen um, das am Fußboden hockte und die fallengelassenen Unterlagen einsammelte. »Hören Sie«, sagte er, »falls Sie diesen Mann sehen, sprechen Sie nicht mit ihm. Tun Sie überhaupt nichts und schreien Sie nur so laut Sie können. Haben Sie verstanden?« Sie nickte.
    Da wurde Janet klar, daß die Klapperschlange diesmal echt war. Alles war echt.
    Sie traten wieder in den Korridor hinaus und gingen
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