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Endstation Venedig

Endstation Venedig

Titel: Endstation Venedig
Autoren: Shaya
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im Wasser eines unserer Kanäle gewesen wäre, eher an einer Seuche gestorben als ertrunken sein.
    Am anderen Ende herrschte Schweigen.
    Wenn
    Sie mich bitte heute nachmittag anrufen würden, gegen vier. Dann gebe ich Ihnen gern etwas genauere Informationen.
    Vielen Dank, Commissario. Das tue ich bestimmt. Ach ja – wie hieß dieser Kollege noch?
    Luciani, Mario Luciani, ein vorbildlicher Polizist.
    Das waren
    sie alle, wenn Brunetti der Presse gegenüber von ihnen sprach.
    Vielen Dank, Commissario. Ich werde es erwähnen. Und ganz bestimmt erwähne ich in meinem Artikel Ihre Kooperation.
    Ohne weitere Umstände legte Carlon auf.
    Früher war Brunettis Verhältnis zur Presse relativ freundlich gewesen, manchmal sogar mehr als das, und zuweilen hatte er die Presse sogar eingespannt, um Inforrnationen über ein Verbrechen herauszukitzeln. Aber in den letzten Jahren hatte die immer höher schlagende Welle von Sensationsjournalismus jeden Umgang mit Re-portern verhindert, der mehr als rein formal war; denn jede Vermutung, die er äußerte, wurde anderntags garantiert als mehr oder weniger direkte Schuldzuweisung veröffentlicht. Darum war Brunetti vorsichtig geworden und gab nur noch sehr begrenzt Auskunft, wobei die Reporter immer sicher sein konnten, daß diese stimmte.
    Er merkte, daß er eigentlich nichts weiter tun konnte, bevor er nicht etwas über die Herkunft der Fahrkarte in der Tasche des Toten gehört oder den Autopsiebericht bekommen hatte. Die Leute in den Büros unten waren damit beschäftigt, die Hotels durchzute-lefonieren, und würden ihm Bescheid sagen, wenn sie irgend etwas in Erfahrung brachten. Demnach konnte er nichts tun, als weiter Personalbeurteilungen zu lesen und abzuzeichnen.
    Eine Stunde später, kurz vor elf, summte seine Gegensprechanlage. Schon als er den Hörer abnahm, wußte er nur allzugut, wer es war.
    Ja, Vice-Questore?

    Etwas überrumpelt ob der direkten Anrede, oder vielleicht auch, weil er gehofft hatte, Brunetti sei nicht da oder schlafe, brauchte sein Chef, Vice-Questore Patta, einen Moment, bevor er antworten konnte.
    Was ist das für eine Geschichte mit einem toten Amerikaner, Brunetti? Warum bin ich nicht informiert worden? Können Sie sich vorstellen, was das für den Tourismus bedeutet?
    Brunetti vermutete, daß die dritte Frage die einzige war, die Patta wirklich interessierte.
    Was für ein Amerikaner?
    fragte Brunetti
    mit gespielter Neugier.
    Der Amerikaner, den Sie heute morgen aus dem Wasser gezogen haben.
    Oh , sagte Brunetti, diesmal die höfliche Überraschung selbst.
    Ist der Bericht schon da? Dann war er also wirklich Amerikaner?
    Kommen Sie mir nicht so oberschlau, Brunetti , sagte Patta ärgerlich.
    Der Bericht ist noch nicht da, aber der Mann hatte amerikanisches Geld in der Tasche, also muß er Amerikaner sein.
    Oder Numismatiker , erklärte Brunetti freundlich.
    Es folgte eine lange Pause, die Brunetti sagte, daß der Vice-Questore nicht wußte, was das hieß.
    Ich habe Ihnen gesagt, Sie sollen mir nicht so oberschlau kommen, Brunetti. Wir gehen davon aus, daß er Amerikaner ist. Wir können es nicht brauchen, daß in dieser Stadt Amerikaner ermordet werden, wo es in diesem Jahr schon so schlimm um den Tourismus steht. Verstehen Sie das?
    Brunetti verkniff sich die Gegenfrage, ob es denn in Ordnung sei, Menschen anderer Nationalitäten umzubringen – Albaner vielleicht?
    –, und sagte nur:
    Ja, Vice-Questore.
    Und?
    Und was?
    Was haben Sie unternommen?
    Taucher untersuchen den Kanal an der Stelle, an der er gefunden wurde. Wenn wir wissen, wann er gestorben ist, lassen wir die Stellen untersuchen, von denen aus er abgetrieben sein könnte, aus-gehend von der Annahme, daß er irgendwo anders getötet worden ist. Vianello überprüft die Drogenszene in der Umgebung, und das Labor arbeitet an den Sachen, die wir in seinen Taschen gefunden haben.
    Diese Münzen?
    Ich bin nicht sicher, ob wir uns vom Labor bestätigen lassen müssen, daß es amerikanische sind.
    Nach einem langen Schweigen, das Brunetti anzeigte, wie wenig klug es wäre, seinen Vorgesetzten weiter auf die Schippe zu nehmen, fragte Patta:
    Was ist mit Rizzardi?

    Er sagt, er schickt mir seinen Bericht heute nachmittag.
    Sorgen Sie dafür, daß ich eine Kopie bekomme , befahl Patta.
    Gut. Noch etwas?
    Nein, das ist alles.
    Patta legte auf, und Brunetti widmete sich wieder seinen Beurteilungen.
    Als er sie fertig hatte, war es nach eins. Da er nicht wußte, wann Rizzardi ihn anrufen würde, und
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