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Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Emmas Geheimnis: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Balfour
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ruhmreiche Zeit.« Sam verzog das Gesicht. »Dann kam ich zurück nach Kinsale, sah, dass der Laden meiner Eltern schlecht lief, kratzte alle meine betriebswirtschaftlichen Kenntnisse aus dem Studium zusammen, übernahm Einkauf und Buchführung und kam nach ein paar weiteren verschwendeten Jahren zu dem Urteil: Patient tot. Gegen die großen Märkte kommt man auf Dauer nicht an.«
    »Und dann hast du umgesattelt?«
    »Hey, ich pflanze vielleicht nur Gemüse an, aber ich kann gut davon leben.« Es klang, als würde er sich verteidigen. »Ich hab Angestellte, und ich tu noch was für die Umwelt. Ich bin viel an der frischen Luft, und niemand quatscht mir rein. Nicht mal meine Eltern.«
    »Klingt perfekt«, sagte ich.
    »Ehrlich?« Er sah mich misstrauisch an. »Weißt du, ich habe durch die Pleite mit dem Laden meiner Eltern eine Menge gelernt. Was Service und so angeht. Kundenbindung. Marketing. Das alles.« Sam machte eine ausladende Handbewegung, und ich nickte: »Du machst das bestimmt ganz richtig.«
    Als ich nun an dieses Gespräch zurückdachte, daran, wie wenig Energie ich an diesem Tag gehabt hatte, wie sehr ich mich auf die Worte konzentrieren musste, um zusammenhängend antworten zu können, dann kam es mir vor, als lägen Welten dazwischen. In Wirklichkeit waren es nur ein paar Wochen. Wenn man in einer grauen, bedrückenden Enge gefangen ist, wird ein Monat zu einer Ewigkeit.
    Umso mehr freute ich mich darüber, dass er mir die innere Veränderung, die ich spürte, ansah.
    »Und? Diese Woche neue Gäste?«, wollte er wissen.
    Neben dem Pub hatten Mary und Ralph noch ein paar Gästezimmer. Da Kinsale ein beliebtes Touristenziel und nicht allzu weit vom Flughafen entfernt ist, konnten sie sich über die Auslastung der Zimmer nicht beschweren. Wegen der Krise hatten sie mit den Preisen etwas runtergehen müssen, aber sie kamen immer noch gut über die Runden. Auch im Pub zeigte sich die Rezession nur mäßig. Einige der teureren Restaurants hatten weniger Glück gehabt: Die Gäste blieben aus. Alle sparten, wo sie konnten.
    Ich ging zurück zum Tresen, wo ich auf Ralphs Laptop die Anmeldungen sehen konnte. »Das Ehepaar aus Schottland bleibt noch drei Nächte. Heute kommen zwei Deutsche, offenbar nur für zwei Nächte, zwei Frauen aus Belgien, wenn ich das richtig lese … Ralph macht immer so seltsame Abkürzungen. Und ein einzelner Herr aus den USA . NY? Ja, New York. Natürlich.«
    »Um was wetten wir, dass er auf der Suche nach seinen Wurzeln ist?«, spottete Sam. »Wie heißt er?«
    »Matthew Callaghan«, las ich vor.
    »Bingo. Bei dem Nachnamen sucht er nach Opas Geburtshaus oder so was in der Art. Die Wette hab ich gewonnen.«
    »Wir haben noch gar nicht gewettet«, protestierte ich.
    »Na gut. Du hast recht. Dann wetten wir … Ich weiß: Ich wette, dass er über sechzig ist, Akademiker, seine Eltern sind gerade gestorben, und er macht sich auf die Suche nach seinen Wurzeln.« Seine Augen weiteten sich, und er schlug eine Hand vor den Mund. »Oh! Ich bin ein Idiot. Entschuldige!«
    »Was?«
    »Weil ich … wegen …«
    »Weil du gesagt hast, die Eltern seien gerade gestorben?«
    Sam nickte.
    »Damit kann ich umgehen. Keine Sorge. Also, die Wette gilt. Ich sage: Er ist Anfang zwanzig, kommt mit einem Rucksack und will einfach nur ein bisschen rumreisen und Leute kennenlernen.«
    »Moment. Um was wetten wir? Du bestimmst den Einsatz.«
    Ich überlegte. »Wie wäre es mit … Kino? Ich war schon hundert Jahre nicht mehr im Kino.«
    Sam strahlte. »Wer verliert, zahlt Karte und Getränke. Und Popcorn.« Er hielt mir seine Hand hin, und ich schlug ein. Dann zog er lachend weiter. »Und nicht schummeln, ja?«, rief er zum Abschied.
    Ich winkte ihm hinterher. Als er fort war, begann ich, die Spülmaschine auszuräumen. Wie sehr sich Sams Verhalten mir gegenüber in der letzten Zeit doch geändert hatte … Sein Selbstvertrauen schien gewachsen zu sein. Er hatte wohl gespürt, wie viel Respekt ich für seine Arbeit hatte. Ich nahm mir vor, ihm in den nächsten Tagen zu sagen, dass ich sein Engagement bewunderte. In Kinsale war er nämlich eine angesehene und einflussreiche Persönlichkeit. Er setzte sich intensiv für den Umweltschutz ein und hatte so gut wie alle Landwirte und Viehzüchter auf seine Seite gezogen. Er hatte es geschafft, Politiker davon zu überzeugen, Projekte wie Lachsfarmen direkt vor unserer Küste zu verhindern. Er hatte kleine Unternehmer in Kinsale und Umgebung kostenlos beraten und
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