Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
Vom Netzwerk:
zu tun hatte.
    »Ist es das?«, rief Emma aus.
    Sie hatten einen Hügel umrundet, und vor ihnen lag das größte Haus, das die Kinder je gesehen hatten. Es bestand aus dunkelgrauem, fast schwarzem Stein und wirkte irgendwie schief und schräg. Das unebene Dach war mit Schornsteinen förmlich gespickt. An allen Ecken befanden sich Türmchen und hohe, dunkle Zinnen. Nur im Erdgeschoss brannten ein paar Lichter. Es kam Kate so vor, als ob das Haus am Hang kauerte wie ein großes dunkles Tier.

    Abraham schnalzte noch einmal mit den Zügeln und rief dem Pferd aufmunternd zu.
    In diesem Moment hörten sie das Geheul. Andere Wölfe antworteten, aber sie waren weit weg, und der Karren fuhr eben vor dem Haus vor. Es war dasselbe Haus, das Kate in ihrem Traum gesehen hatte.

KAPITEL 3
Die königlichen Hoheiten von Frankreich
    »Seid ihr noch nicht wach? Brauchen die königlichen Hoheiten von Frankreich ihren Schönheitsschlaf? Wollt ihr den ganzen Tag lang faulenzen, wenn andere Leute schwer arbeiten? Geht es so zu im fröhlichen Paris?«
    Kate schlug die Augen auf. Miss Sallow, die alte bucklige Haushälterin und Köchin, zog mit einem Ruck die Vorhänge auf und ließ das Morgenlicht ein. Emma stöhnte leise. Michael zog sich die Decke über den Kopf.
    Sie waren in einem Schlafzimmer im vierten Stock untergebracht. Durch die Fenster konnte Kate das Dorf Cambridge Falls auf der anderen Seite des Flusses sehen. Die alte Frau riss im Vorbeigehen Michael die Decke weg.
    »Frühstück in fünf Minuten, Herrschaften.«
    Seit sie gestern Abend angekommen waren, hatte Miss Sallow ihnen schon gut und gerne zwanzigmal vorgeworfen, sich so zu benehmen wie die königlichen Hoheiten von Frankreich.
Wie sie auf die Idee kam, dass die drei Geschwister derart von sich überzeugt waren, war ihnen ein Rätsel. Sie waren kaum durch die Tür getreten, als sie schon herbeigeeilt kam und ihnen vorwarf, zu spät zu kommen.
    »Ihr habt euch ja wahrlich Zeit gelassen. Vielleicht haben die jungen Damen und der junge Herr einen Vierspänner erwartet, ja? Und Pralinen und Kuchen für unterwegs?« Sie trug ein altes rotes Sweatshirt mit Löchern an den Ellbogen und schwere Arbeitsschuhe ohne Socken. Ihr graues Haar war von einer gehäkelten Kappe bedeckt. Ohne auf eine Antwort zu warten, nahm sie Kate und Emma die Taschen ab.
    »Ich habe Essen gekocht. Ich bezweifle zwar, dass es den Ansprüchen der königlichen Hoheiten von Frankreich genügt, aber was anderes gibt’s nicht. Schlagt mir ruhig den Kopf ab, wenn es euch nicht schmeckt. Mir egal. Hier entlang, Majestäten. «
    Sie aßen an einem Holztisch in der Küche. Miss Sallow schlurfte herum, klapperte mit Töpfen und Pfannen und zählte murmelnd alle Charakterschwächen auf, die die Kinder mit der französischen Königsfamilie gemein hatten. Aber trotzdem setzte sie ihnen die beste Mahlzeit vor, die sie seit Jahren gegessen hatten. Gebratenes Hühnchen, Kartoffeln, eine (sehr) kleine Portion grüne Bohnen und warmen Milchreis. Wenn man sich als Gegenleistung für ein solches Essen »königliche Hoheiten von Frankreich« nennen lassen musste, waren Kate, Michael und Emma nur zu gerne bereit, diesen Preis zu bezahlen.
    Als sie sich satt gegessen hatten, rief Miss Sallow: »Abraham! «
    Kurz darauf humpelte der alte Mann in die Küche. »Sie
haben also gegessen«, sagte er mit einem Blick auf die leeren Teller und die trägen, zufriedenen Gesichter.
    »Nein, was bist du doch für ein kluger Kopf, Abraham«, sagte die alte Frau. »Dir entgeht wohl nichts, was?«
    »Ich habe nur eine Beobachtung angestellt, Miss Sallow.«
    »Na, was für ein Glück, denn wo kämen wir denn hin ohne deine begnadete Auffassungsgabe? Glaubst du, du könntest den königlichen Hoheiten ihr Schlafgemach zeigen, oder musst du noch mehr von diesen welterschütternden Beobachtungen anstellen? «
    »Hier entlang, ihr Küken«, sagte Abraham.
    Er führte sie vier Treppen hinauf und dunkle, gewundene Flure entlang. Das Licht in seiner Gaslampe flackerte im Rhythmus seines Humpelns. Emma stützte sich schwer auf Kate, und Michael, der schon halb schlief, stieß unterwegs gegen zwei Beistelltische, eine Lampe und einen ausgestopften Bären. In ihrem Schlafzimmer angekommen, schichtete Abraham Holz im Kamin auf und entzündete ein Feuer, das groß genug war, um die ganze Nacht lang zu brennen.
    »So, jetzt hört mir mal zu«, sagte er warnend. »Kommt bloß nicht auf die Idee, nachts hier herumzuschleichen. Die Flure und Gänge
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher