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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab
Autoren: Tessa Hennig
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hatte. Einer fremden Person erzählt man solche Dinge viel leichter als der Frau, die man hebt. Vielleicht hatte er Angst davor, wie du reagierst, wenn du erfährst, dass er seine Frau jahrelang vernachlässigt hat und dass ihm sein Job wichtiger war. Vielleicht hat er sich auch geschämt. Ein tolles Aushängeschild für einen Mann ist das ja auch nicht.«
    »Aber ich hätte das doch verstanden.«
    »Das solltest du ihm sagen und nicht mir.«
    »Dazu ist es jetzt sowieso zu spät.«
    »Wer behauptet das?«, protestierte Doro.
    Dies hätte auch Heinz sagen können, fiel ihr ein. Die alte Elli sagte das und niemand sonst.
    »Elli, was willst du noch hier? Und was willst du zu Hause in Deutschland? Allein? Ich wünschte, ich hätte jemanden wie Heinz. Eines sage ich dir: Wenn du jetzt nicht sofort deinen Allerwertesten in dein Zimmer bewegst, um zu packen, dann tu ich es.« Doro reichte ihr die Hand, um ihr aufzuhelfen. »Wenn du dich beeilst, erwischst du Heinz noch am Hafen.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Es gibt Momente im Leben, in denen sollte man auf seine große Schwester hören.«

    Diesmal war es ein Abschied für immer. Heinz schwor sich, nie wieder nach Capri zurückzukehren. Die Marina
    Grande wurde schnell immer kleiner und war bald nur noch als weißer Fleck an der Küstenlinie auszumachen. Seit der Abfahrt stand er hier und fragte sich unentwegt, was Elli wohl jetzt gerade machte. Sicher feierten sie alle zusammen noch bis spät in die Nacht. Vielleicht blieb sie ja auch noch ein paar Wochen. Zumindest musste er sich nun keine Sorgen mehr um ihre Existenz machen. Sie würde durchkommen und ohne ihn glücklich leben. Auf ihn warteten eine neue Reise und neue Abenteuer, und immerhin hatte er seinen kleinen, treuen Begleiter, der ihm nicht von der Seite wich.
    »Oskar!«
    Der Hund war weg. Panisch blickte Heinz in alle Himmelsrichtungen. Gab es irgendwo ein Loch oder eine Luke, durch die der Chihuahua gefallen sein konnte? Sein Herzschlag beschleunigte augenblicklich.
    »Oskar!«, rief er gegen den Lärm der Maschinen und des Windes an.
    Draußen an Deck war der Hund jedenfalls nicht. Heinz stürmte nach drinnen, hetzte über die Stufen hinunter in den Passagierraum und suchte die Sitzreihen ab. Vielleicht hatte ihn ja jemand bemerkt.
    »Haben Sie zufällig meinen Hund gesehen? Er ist recht klein, cremefarben. Ein Chihuahua«, fragte er die nächstbeste Passagierin.
    »Ja. Der ist vor etwa zehn Minuten hier vorbeigelaufen.«
    Heinz beschleunigte seine Schritte, suchte Reihe für Reihe ab, bis zwei weiße Ohren hinter einem Sitz hervorlugten.
    »Oskar!«, rief er. »Komm her!«
    Aber der kleine Hund dachte überhaupt nicht daran. Stattdessen blickte er nur neugierig von der Sitzreihe am
    Fenster zu ihm herüber, um gleich wieder dahinter zu verschwinden.
    »Oskar!« Wütend erreichte Heinz die Sitzbank.
    »Hallo, Heinz. Möchtest du dich vielleicht zu uns setzen?«
    Elli lächelte ihm amüsiert zu. Elli! Was machte sie hier?
    Oskar bellte ihn auffordernd an, als wollte er sagen, dass es ja wohl klar war, weshalb sein neues Frauchen auf der Fähre war.

    »Aber du weißt doch noch so gut wie gar nichts von mir«, widersprach Heinz. Ein Einwand folgte auf den nächsten, als sie an Bord gemeinsam mit dem Hund spazieren gingen.
    »Dann erzähl mir von dir. Doro hat ja auch so einiges erfahren«, forderte Elli ihn auf und setzte damit alles auf eine Karte.
    Schluss mit dem Versteckspiel, entschied sie. Schließlich ging es um ihr Leben und ihr gemeinsames Glück mit einem Mann, in den sie sich schon auf ihren Streifzügen durch die malerischen Gassen von Florenz verliebt hatte. Tacheles! Jetzt und hier!
    »Vertraulich«, antwortete er gespielt vorwurfsvoll.
    »Doro ist meine Schwester. Und Schwestern haben keine Geheimnisse voreinander«, sagte Elli amüsiert, wusste sie doch genau, dass sie erst seit kurzer Zeit in den Genuss dieses Luxus gekommen war.
    »Bei unserem Spaziergang an der phönizischen Treppe, als du mir von den Problemen mit deiner Schwester erzählt hast... Für einen Moment habe ich damals darüber nachgedacht, dir im Gegenzug mein Leben zu offenbaren. Ich wollte dir von meiner Frau erzählen, aber ich konnte es nicht.«
    Elli wusste Bescheid. Ihre scharfsinnige Schwester hatte den Nagel also tatsächlich auf den Kopf getroffen.
    »Ich hatte einfach Angst davor, dir ein Leben aufzuzwingen, das du gar nicht willst.«
    »Aber das tust du nicht. Ich bin ein großes Mädchen, außerdem möchte ich
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