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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Autoren: Thomas Kielinger
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meldenden besorgten Bürgers erworben, der nicht müde wird, seine Lieblingsthemen zu propagieren, wie z.B. organische Landwirtschaft, erneuerbare Energien, menschliche Architektur, Schutz der Umwelt oder alternative Medizin. Fachexperten weisen ihn regelmäßig zurück ob seiner ungefragten Interventionen. Dabei steht er als Großunternehmer sui generis auf der Bühne, dank der Duchy of Cornwall, über verschiedene englische Grafschaften verteilte Kronlande, die schon seit dem 14. Jahrhundert dem jeweiligen Prinzen von Wales zur Bewirtschaftung zur Verfügung stehen und mit denen der Prinz viele seiner bevorzugten Ideen verwirklichen kann, nicht zuletzt auch auf seinem Landsitz Highgrove in Gloucestershire. Auf den Profit muss er wie jeder Unternehmer Steuern zahlen, aber das Polster seiner Unabhängigkeit wächst. Das gibt ihm zusätzlich die Nonchalance, man kann auch sagen: die Chuzpe für seine Stellungnahmen.
    Nicht alle sind im Übrigen öffentlich. In der Londoner Regierungsbürokratie zum Beispiel, auch im Kabinett, furchtet man seine «black spider memos», die Memoranda der schwarzen Spinne, eine Anspielung auf die mit schwarzem Filzstift aufgesetzten Mahnungen und Anregungen des Prinzen. Es gelang ihm sogar vor wenigen Jahren, ein größeres Bauvorhaben in Chelsea, das ihm zu modernistisch vorkam, zu stürzen, unter vollem Einsatz seiner Beziehungen und seines Namens. Der Protest von Lord Richard Rogers, dem Stararchitekten und für dieses Bauprojekt Verantwortlichen, war hörbar und nachhaltig – Wochen gingen über der Aufregung dahin. Aber für jeden Kritiker, den er sich auf den Hals holt, springt Charles ein Fan zur Seite, der ihm heftig applaudiert für seine politische Unkorrektheit. Mehr und mehr ähnelt der Prinz von Wales darin seinem Vater, dem Herzog von Edinburgh, um den sich ebenfalls zwei Lager seit langem streiten und dessen thematische Vorlieben Charles aufgegriffen und weiterentwickelt hat.
    Seine Sorgen um die Gesellschaft, nein, um die Zukunft des Globus legte der Prinz von Wales Ende 2010 in einem gewichtigen Opus auf den Tisch, «Harmony» genannt, gemeinsam verfasst mit zwei langjährigen Freunden, dem Umweltaktivisten Tony Juniper und dem Radiojournalisten Ian Skelly. Darin zieht der Thronfolger gegen die moderne «mechanistische Wissenschaft» zu Felde, gegen unsere «fragmentarische Sicht der Dinge», die dem «westlichen Denken» entsprungen sei, und beklagt, «dass wir die Aufklärung nicht als Ideologie hinterfragen». Da meldet sich ein Mann mit einer Neigung zu den holistischen Religionen des Ostens zu Wort und auch ein gelehriger Schüler seines Vaters. Prinz Philip hatte seine 1984 erschienene Anthologie von Essays und Reden mit «Menschen, Maschinen und Heilige Kühe» überschrieben und dem Sohn damit den Weg gewiesen für eine Attitüde, die dem Modernismus mit äußerster Skepsis begegnet. «People are People», lautete der Eingangsvortrag des Herzogs in seiner Textsammlung, und das Leitmotiv entnahm er Shakespeares «Julius Caesar», wo Cassius spricht: «Der Fehler, lieber Brutus, liegt nicht in unseren Sternen, sondern in uns selber.»
    Seine Unerschrockenheit, sich überall einzumischen, wo er Gefahrenfür den Weltlauf wittert, mag vielfach belächelt werden – im Verlauf der Jahre hat sich der Prinz von Wales damit aber eine Stimme verschafft, die nicht mehr überhört werden kann. Anlässlich des G 20-Gipfels im April 2009 lud Charles die teilnehmenden Regierungs- und Staatsoberhäupter für ein zweistündiges Seminar in seine Londoner Residenz Clarence House ein, redete den Zuhörern wegen der Abholzung der tropischen Wälder ins Gewissen und rief nach Subventionen zur Erhaltung der grünen Lunge der Erde. Seine vielfältigen Einsätze haben ihm – «Harmony» beginnt mit dem Satz: «Dies ist ein Aufruf zur Revolution» – «ein Maß an Einfluss und Bedeutung gesichert, das weit über die beschränkten zeremoniellen Bedürfnisse des Monarchen hinaus geht», wie Johannes Leithäuser in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» schreibt: «Im Wartezimmer vor dem Thronsaal hat Charles mehr Macht versammelt als seine Mutter, die Königin.» Kein Zweifel – der Erbe schöpft die Redefreiheit, die er als Thronfolger noch hat, voll aus, wohl wissend, dass er sie als König, unter der Auflage strikter Neutralität, unter Kontrolle halten müsste.

    Vor langen Jahren, als 47-Jähriger, gab Prinz Philip in einem Fernsehinterview einer Prophetenlaune nach und meinte mit
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