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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter
Autoren: Bernhard Hennen
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Bootsmeister meines Palastes?«, fragte Emerelle beiläufig. »Es war seine Idee, diesen Nachen zur Sänfte umzubauen.«
    »Sehr originell«, entgegnete der Schwertmeister knapp. »Vielleicht wäre es doch besser, sich zu Pferde zum Hafen zu begeben.«
    Gondoran funkelte Ollowain böse an. Zugleich wirkte er überrascht. Einen Augenblick lang zumindest. Vermutlich hatte der Vorschlag, Pferde zu nehmen, ihn aus der Fassung gebracht.
    »Nein!«, sagte Emerelle leise, doch in einem Tonfall, der deutlich machte, dass sie nicht weiter über diese Entscheidung zu sprechen wünschte.
    Der Anführer der Holden grinste triumphierend. Dann befahl er seinen Männern, die Spitze des Mastes umzulegen, damit die Sänfte durch den langen Tortunnel hinab zu den Kais getragen werden konnte.
    »Im Schritt marsch!«, kommandierte der Kentaurenfürst. Er ging auf Höhe des Mastes neben ihnen her. Ollowain sah, wie die Last der Sänfte auf seine Schultern drückte. Orimedes drehte ihm den Kopf zu. Der Kentaur hatte eine breite Nase, die ihm offensichtlich schon mehrfach eingeschlagen worden war. Durch seine linke Braue lief eine weiße Narbe. Ein schlecht gepflegter, blonder Bart rahmte sein Gesicht. Um das Kinn herum war das Haar von vergossenem Wein verfärbt. Über die nackte Brust des Pferdemannes lief ein breiter, goldbeschlagener Schwertgurt, und um den linken Oberarm trug Orimedes einen Dolch gegürtet. Alle Kentauren stanken nach Wein, Schweiß und Pferdehaar.
    Langsam setzte sich die Kolonne in Bewegung. Ein Trupp Reiter kam von einem der anderen Höfe herbei und schloss sich ihnen an, prächtig herausgeputzte junge Elfen, deren Rösser von Faunen am Zügel geführt wurden. Ollowain kannte die meisten von ihnen nur flüchtig. Sie waren Gäste des Palastes, und es hatte keine Möglichkeit gegeben, sie dort zurückzulassen.
    Der Tunnel hallte wider vom Tritt der Hufe. Die Luft hier drinnen war stickig. Es roch nach verfaulten Pflanzen und altem Stein. An manchen Stellen wucherte grünlich leuchtendes Pilzgeflecht an den Wänden. Kleine Eidechsen suchten in den Mauerspalten Zuflucht, als die Reiterkolonne vorüberzog.
    Das Rufen von Muschelhörnern begrüßte sie von allen Türmen der Stadt, als sie den Tortunnel schließlich hinter sich ließen. Die Straße war voller jubelnder Albenkinder, nur unmittelbar vor der Sänfte der Königin öffnete sich eine Gasse in dem Gedränge. Bocksbeinige Faune mit wilden Bärten trugen Koboldkinder auf den Schultern, die sonst zwischen all den trampelnden Beinen verloren gegangen wären. Am Ende der Straße sah Ollowain sogar einen Frostriesen, der ganz offensichtlich unter der Hitze litt und sich mit einem segelgroßen Fächer Kühlung verschaffte. Zwischen den zerbrochenen Säulen eines verfallenden Turms standen drei Oreaden, Bergnymphen, die nur sehr selten die Ioliden verließen. Wunderschöne Apsaras tanzten auf dem Wasser eines großen Brunnens wie auf Parkett. Sie waren ein wenig üppiger als Elfenfrauen. Ihre nackten Leiber hatten sie mit Bandag bemalt; schlangengleich wanden sich Glyphen auf ihrer Haut. Es hieß, sie schrieben sich ihre geheimsten Wünsche auf den Leib, und wer die arkane Schrift zu entschlüsseln vermochte, dem blieben sie treu, bis der Weg ins Mondlicht die Entrückten auf immer von den Suchenden trennte.
    Eine Koboldkapelle brach aus der Phalanx der Schaulustigen hervor. Sie alle hatten weiße Lotosblüten an ihre Mützen gesteckt, was in Anbetracht der Launenhaftigkeit des kleinen Volkes einer Uniformierung gleichkam. Einige Takte lang folgten die Trompeten, Trommeln, Rasseln und Triangeln den Vorgaben des Kapellmeisters, bis dessen Bart plötzlich wild zu wuchern begann und er sich mit dem Taktstock darin verhedderte. Während der Kobold fluchend stürzte und die Melodie der Kapelle in lautstarkes Scheppern zerfloss, sah Ollowain zwei Lu-tins zwischen den Beinen einiger hünenhafter Minotauren verschwinden. Dieses fuchsköpfige Koboldvolk war berüchtigt dafür, dass sie keinen derben Scherz ausließen und ihre außergewöhnlichen magischen Kräfte stets nur nutzten, um damit Schabernack zu treiben. Besorgt blickte der Schwertmeister zur Sänfte der Königin. Die Holden richteten gerade die Mastspitze wieder auf und hissten das Elfenbanner, ein goldenes Ross auf grünem Grund. Die Sänfte schwankte wie ein Boot in leichter Dünung, während die Kentauren sich einen Weg durch die Schaulustigen bahnten.
    Ollowain hielt sich dicht bei der Königin. Ruhelos hetzte
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