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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter
Autoren: Bernhard Hennen
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da nicht so sicher. Er dachte daran, wie Lam-bi Phylangan verlassen hatte. Seine Vorwürfe an ihn waren berechtigt gewesen. Er hatte keinen Gedanken daran verschwendet, was aus seinen Männern werden würde, wenn sie ins Fjordland zurückkehrten.
    Schweigend ging Alfadas neben Ollowain den steilen Rentierpfad hinab. Dann bogen sie nach links in den Weg ab, der zur großen Scheune hinter dem Dorf führte.
    »Ich dachte schon, du hättest dich verdrückt!« Unter einer Gruppe Tannen trat Lambi hervor. »Ich suche dich seit einer Ewigkeit, Alfadas. Eins sag ich dir, du führst dich schlimmer auf als eine Jungfer vor der Hochzeit! Komm jetzt!«
    Der Jarl hielt etwas unter den Arm geklemmt, das in weißes Tuch eingeschlagen war. Als er den Blick des Herzogs bemerkte, zog er die Brauen zusammen. »Heute ist ein Festtag. Ich will nicht mit dir streiten.«
    »Warum sollten wir streiten?«
    Lambi schlug das Tuch zurück und zeigte ihm einen golden glänzenden Flügelhelm. »Ein König sollte eine Krone haben. Setz ihn mal auf! Ich hab etwas Pergament dabei, um ihn auszupolstern, falls der Helm zu weit für dich ist.«
    Alfadas erkannte den Helm sofort wieder. »Du hast ihn aus dem Grab gestohlen. Du… «
    »Sein Besitzer hatte nichts dagegen, dass ich ihn nehme«, unterbrach ihn Lambi. »Und ein König braucht eine Krone oder zumindest etwas, das ein wenig wie eine Krone aussieht.«
    Ollowain lachte. »Lass ihn machen, Alfadas. Man wird nicht König ohne eine Krönungszeremonie. Und das geht nicht ohne Krone. Selbst Emerelle lässt es hin und wieder über sich ergehen.«
    Der Herzog betrachtete zweifelnd den alten Helm. »Du verstehst das nicht. Die Leute glauben, das sei der Helm eines berühmten Königs. Es ist…«
    »Das ist ja gerade der verdammte Plan!«, platzte es aus Lambi heraus. »Es heißt, König Osaberg würde zurückkehren, wenn das Fjordland ihn am dringendsten braucht. Und genau das ist geschehen. Jahrhundertelang war er verschwunden. Eine Figur aus alten Geschichten. Und dann ist er plötzlich da - in der schwersten Stunde unseres Volkes. Die alte Prophezeiung ist wahr geworden! Er kam, um deinem Sohn das Schwert zu geben, mit dem er den Troll erschlug. Und jetzt gibt er dir seine Krone. Deine Herrschaft beginnt…«
    »… mit einer Lüge!«, unterbrach ihn Alfadas aufgebracht. »Nicht Osaberg krönt mich, sondern mein bester Freund, der nur bedauerlicherweise keinerlei Moral hat.«
    »Vertrau ihm, Alfadas. Was Lambi will, ist gut und richtig. Könige werden mit einem anderen Maß gemessen. Die Leute werden zu dir aufschauen, und je nachdem, was sie in dir sehen, werden sie Hoffnung aus dir schöpfen oder an dir verzweifeln. Nutze die Geschichten um König Osaberg. Wunder geschehen nicht einfach, Alfadas. Sie werden gemacht. Und wem schadest du, wenn du diesen Helm mit seiner verwunschenen Geschichte zu deiner Krone machst? Sei großzügig! Schenke deinen künftigen Untertanen ein Wunder, das ihnen Kraft gibt in dieser schweren Zeit!«
    »Hör auf jemanden, der sich mit Königen und Fürsten gut auskennt!«, murmelte Lambi. »Und jetzt komm endlich mit.«
    Alfadas gab ihnen nach, obwohl seine Zweifel nicht ausgeräumt waren. Sie brachten ihn zur Scheune, und er trat durch eine schmale Tür an der Rückseite ein.
    Im Innern herrschte stickige Hitze. Der große Raum war völlig überfüllt. Es stank nach Schweiß, Lampenruß und zu lange getragenen Kleidern. Viele seiner Veteranen aus der Albenmark waren gekommen, um der Krönung beizuwohnen. Aber auch Flüchtlinge, Männer, Frauen und Kinder mit abgehärmten Gesichtern, in deren Augen sich dennoch Hoffnung spiegelte. Beschämt dachte Alfadas an das, was Ollowain ihm über Wunder gesagt hatte. Nun war es an ihm, Wunder zu schaffen. Er musste es wagen.
    Am Ende der Scheune hatte man eine kleine Bühne gezimmert, damit alle sehen konnten, wie der neue König gekrönt wurde. Als Alfadas die Stufen hinaufstieg, fühlte er sich, als klettere er auf einen Galgen. Wenn er diese Bühne verließ, war sein altes Leben verwirkt.
    In der vordersten Reihe der Anwesenden sah er seinen Sohn an der Seite von Emerelle. Ulric blickte voller Stolz zu ihm auf. Er hielt Halgard bei der Hand. Die Augen des Mädchens waren hinter einer schmalen Schneebrille verborgen.
    Lambi ließ Alfadas niederknien. Dann schlug er Osabergs Helm aus dem weißen Tuch und hob ihn hoch über den Kopf. Der Jarl hielt eine ergreifende Rede über den goldenen König und seine Rückkehr in Zeiten der
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