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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter
Autoren: Bernhard Hennen
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aber.
    »Was willst du mich fragen?«
    »Kannst du mir erzählen, wie ich früher war?«
    Emerelle sah sie durchdringend an. »Du weißt, dass es gefährlich ist! Wenn ich dir erzähle, wer du warst, dann mag es geschehen, dass der Schleier reißt, der deine früheren Leben vor dir verbirgt, und binnen eines Augenblicks alle Erinnerungen zurückkehren. Und es werden nicht nur gute Erinnerungen sein.«
    Sansella wirkte niedergeschlagen. »Das sagt auch mein Vater.«
    »Eins kann ich dir jedoch verraten, denke ich. Während der Trollkriege hast du mir einmal fast das Leben gerettet. Ollowain, mein Schwertmeister, ist dir damals in die Quere gekommen. Er ist sehr erfahren darin, mich zu retten.« Emerelle lächelte versonnen. »Sehr erfahren.«
    Ollowain musterte das junge Mädchen scharf. Sansella? Der Name war ihm fremd. Aber das Antlitz kam ihm vertraut vor. Er erinnerte sich an eine junge Kriegerin, die beim letzten Sturm der Trolle auf die Shalyn Falah in den Abgrund geschleudert worden war. War diese Kriegerin in dem Mädchen wiedergeboren? Er sah noch die Todesangst in den Augen der jungen Elfe, als sie auf der Brücke den Halt verloren hatte. Es war gut, dass man ohne Erinnerung wiedergeboren wurde!
    »Herrin!« Shahondin hatte sich an der Festtafel erhoben. »Ich habe ein besonderes Geschenk zu unser aller Unterhaltung vorbereitet. Willst du es entgegennehmen, Emerelle?«
    »Würdest du es an meiner Stelle annehmen?«
    Der Fürst von Arkadien schürzte die Lippen. »Der Abend wäre um eine unvergessliche Erinnerung ärmer, wenn du es ablehntest.«
    Ollowains Hand sank zum Schwertgriff. Was sollte das? Unwillkürlich blickte er zu den Masten der Atem der See.
    »Alle hier wissen um meine Neugier«, sagte Emerelle in aufgeräumten Plauderton. »Also überrasche mich!«
    Der Schwertmeister bewunderte die Königin für ihren Mut. Sie wusste um die Gefahr, und doch machte sie gute Miene zum bösen Spiel. Hätte sie Shahondins Geschenk abgeschlagen, wäre allen Anwesenden offenbar geworden, dass sie sich vor dem Fürsten von Arkadien fürchtete. Das wäre einem Signal an alle Unzufriedenen gleichgekommen! Vielleicht war es auch einfach nur ein Geschenk? Gesten dieser Art waren nicht unüblich.
    »Unten auf dem Kai wartet meine Enkelin, Lyndwyn«, sagte Shahondin, und ein leichter Tadel schwang in seiner Stimme. »Deine Wachen haben ihr nicht gestattet, das Schiff zu betreten. Für ihre Jugend hat sie in der Kunst der Magie eine außerordentliche Meisterschaft erreicht. Niemand in Arkadien vermag sich mit ihr zu messen.«
    »Spricht das nun für die Begabung deiner Enkelin oder gegen die Zauberer deiner Sippe?«, warf Hallandan von Reilimee ein und erntete zustimmendes Gelächter.
    Shahondin wurde eine Spur blasser, versuchte seinen Zorn aber zu überspielen. »Urteilt selbst, wenn ihr gesehen habt, was Lyndwyn vermag.«
    Emerelle gab Yilvina, die sich wieder bei den Posten zum Aufgang der Prunk-Liburne eingefunden hatte, ein Zeichen. Eine Elfe, gewandet in Schwarz und Silber, wurde an Bord gebracht. Lockiges schwarzes Haar wallte auf ihre Schultern hinab. Ihre blasse Haut war mit Bandag bemalt. Dunkle Schlangen schmückten ihre Arme, und der Kopf einer Kobra prangte auf ihrer Stirn. Hohe Wangenknochen betonten Lyndwyns schmales Gesicht. Ihre Augen waren lindgrün und mit goldenen Sprenkeln durchsetzt. Die schmalen Lippen deuteten zielgerichtete Verbissenheit an. Welche Opfer mochte die Elfe wohl gebracht haben, um schon so jung als Meisterin der magischen Künste zu gelten, fragte sich Ollowain. Ob sie ihm ähnlich war? Er dachte an den Preis, den er entrichtet hatte, um zum Schwertmeister Albenmarks zu werden.
    Lyndwyn verbeugte sich formvollendet vor der Königin. »Ich danke dir, Herrin. Die Erlaubnis, unter deinen Augen Zeugnis meines Könnens abzulegen, ehrt mich.«
    »Danke mir, nachdem dein Schaustück geglückt ist, Lynd-wyn. Ich habe die besten Zauberer eines ganzen Zeitalters gekannt, und ich werde ihr Andenken nicht schmälern, indem ich dir applaudiere, wenn mich deine Kunst nicht überzeugt.«
    Ollowains Hand ruhte noch immer auf dem Schwertgriff. Er war sich nicht sicher, ob Shahondin seine Enkelin ohne Hintergedanken geschickt hatte.
    Lyndwyn schienen die abweisenden Worte der Königin nicht weiter zu beeindrucken. Mit einer Selbstsicherheit, die an Überheblichkeit grenzte, begann sie ihr Werk. Die Magierin hauchte ein Wort der Macht, und vor ihr erglomm ein schwebender Funke, kaum so groß wie ein
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