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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter
Autoren: Bernhard Hennen
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tragen?«
    Einen Augenblick herrschte Stille. Dann trat Hallandan der Fürst von Reilimee, der weißen Stadt am Meer - unter den Edlen hervor. »Ich benenne Emerelle, um den Schwanenreif zu tragen. Weisheit und Güte vereinen sich in ihr. Sie soll über uns herrschen.«
    Eine frische Bö ließ die Fürstenbanner entlang der Reling knattern. Emerelle öffnete den Mund… Sie wirkte orientierungslos.
    Ollowain stürmte die Treppe zum Achterdeck hinauf. Doch schon hatte die Königin sich wieder gefangen. »Ihr Fürsten von Albenmark. Findet sich denn keiner, der die Bürde der Verantwortung an meiner Stelle tragen mag?«
    Der Schwertmeister blickte zu Shahondin, doch der Herrscher Arkadiens blieb stumm.
    »Wenn also kein anderer den Thron begehrt, so gelobet mir nun Treue«, fuhr Emerelle fort. »Ein Titel ist nur ein Wort. Eine Krone nur eitler Tand. Ihr aber seid das Fleisch meiner Herrschaft. Ohne euch gibt es kein Königtum.«
    Nun traten die Fürsten einzeln vor, knieten vor Emerelle nieder und leisteten ihr den Treueid. Ollowain stand hinter seiner Königin. Er wünschte, er hätte in den Gedanken der Fürsten lesen können. Ihre Gesichter waren Masken. Sie verrieten keine Regung. Sicherlich waren die meisten Emerelle tatsächlich ergeben. Doch mindestens einer sann auf ihren Tod. Vielleicht Ala-thaia, Fürstin von Langollion, die schon lange im Streit mit Emerelle lag, weil sie sich angeblich der dunklen Seite der Magie verschrieben hatte und zu sehr nach den verborgenen Schätzen auf dem Albenhaupt strebte? Oder gar der stille Eleborn, ein weißhaariger Wassermann, der Herr über das Reich unter den Wogen? War es doch Shahondin? Oder am Ende irgendjemand ohne großen Namen, der einen Groll gegen die Königin hegte und auf Rache sann? Ollowain wünschte, diese Nacht sei endlich vorbei!
    Eine junge Elfe in blütenweißem Kleid stieg zum Achterdeck empor. Auf einem blauen Samtkissen trug sie die Krone von Albenmark. Sie war aus weißem Gold und hunderten Diamantsplittern gefertigt und sah aus wie ein Schwan, der sich gerade aus dem Wasser eines Sees in die Lüfte erhob. Der stilisierte Kopf war weit nach vorne gestreckt, während die Flügel sich nach hinten krümmten und einen breiten Reif bildeten.
    Emerelle nahm die Krone. Einen Herzschlag lang hielt sie das kostbare Kleinod hoch über ihren Kopf, sodass jeder an Bord es deutlich sehen konnte. Dann setzte sie die Krone auf. Es war ein Augenblick feierlicher Stille. »Nehmt Platz an meiner Tafel, edle Fürsten, und seid meine Gäste in dieser Nacht der Wunder.« Wie auf ein geheimes Signal hin schossen von allen Fürstentürmen schillernde Lichtfontänen in den schwarzen Himmel. Ausgelassenes Jubelgeschrei erklang auf den Kais und den Schiffen. Albenmark hatte wieder eine Königin.
    Emerelle ließ sich auf ihren Thronsessel sinken. Sie wirkte sehr erschöpft. Der Schwertmeister sah, dass ihre rechte Hand zitterte. Er trat neben den Thron und beugte sich leicht vor. »Geht es dir gut, Herrin?«
    »Die Albenpfade«, flüsterte Emerelle. »Etwas hat nach ihnen gegriffen. Das unsichtbare Netz zwischen den Welten ist erschüttert worden. Jemand hat die Macht eines Albensteins genutzt, um neue Fäden zu spinnen.«
    »Wir haben eine volle Ruderbesatzung unter Deck, Herrin. Ein Wort, und die Leinen werden gekappt.« Ollowain deutete zu den beiden Türmen, die den Hafeneingang markierten. »In weniger als einer halben Stunde sind wir auf offener See -wenn du es wünschst.«
    Emerelle schüttelte müde den Kopf. »Ich bin die Königin. Ich kann nicht einfach fortlaufen. Schon gar nicht, wenn ich nicht einmal weiß, wovor ich fliehe. Es ist an mir, die Völker Albenmarks zu beschützen. Doch es ist gut zu wissen, dass die Mondschatten schnell einsatzbereit ist.« Sie winkte der jungen Elfe, die ihr die Krone gebracht hatte. Das Mädchen stand etwas verloren am Geländer über dem Hauptdeck. »Leiste mir Gesellschaft, meine Kleine. Wie heißt du?«
    »Sansella, meine Königin.«
    »Und wer hat dich zu dieser Aufgabe bestimmt?«
    Die Elfe deutete hinab zu den Gästen, die sich an der Tafel niedergelassen hatten. »Hallandan, der Fürst von Reilimee, mein Vater«, sagte sie stolz.
    »Ich erinnere mich, dich als kleines Kind gesehen zu haben. Und ich kenne dich von früher, aus deinen vorangegangenen Leben. Du warst stets sehr tapfer, Sansella. In deiner Brust schlägt das Herz einer Heldin.«
    Das junge Mädchen errötete. Sie sah zur Königin auf, öffnete den Mund, verzagte
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