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Elfenherz

Titel: Elfenherz
Autoren: Holly Black
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Klopapier noch Blätter, und sie hopste ein wenig herum, um letzte Tropfen abzuschütteln.
    Auf dem Rückweg sah sie, wie Dave sich rührte; hoffentlich hatte sie ihn nicht geweckt. Sie steckte die Beine wieder unter die Decke, wobei ihr auffiel, dass die scharfen Gerüche der U-Bahn-Station eine Mischung ergaben, die sie nicht deuten konnte. Durch ein Gitter in der Straße über ihnen sickerte Licht auf schwarze Stahlträger mit Schmutzstreifen.
    »Hey, du hast fast vierzehn Stunden geschlafen«, sagte Dave, als er sich umdrehte und streckte. Er hatte sein
Hemd ausgezogen und selbst in diesem Schummerlicht sah sie die Folgen einer Art Schusswunde auf seiner Brust. Seine restliche Haut strebte zu dieser Narbe wie zu einem Strudel, der alles mit zu seinem Herzen riss.
    Dave ging zum Grill und fachte die Flammen mit Streichhölzern und zerknülltem Zeitungspapier an. Dann stellte er einen Topf darauf, kippte Kaffeepulver aus einer Dose hinein und schüttete Wasser aus einer Plastikmilchkanne hinzu.
    Sie starrte ihn zu lange an, weil er plötzlich grinsend aufblickte. »Möchtest du auch? Muckefuck ohne Milch, aber Zucker ist genug da.«
    Sie nickte und wickelte sich in die Decke. Dave reichte ihr einen dampfenden Becher, den sie dankbar festhielt, um erst die Hände und dann die Wangen daran zu wärmen. Geistesabwesend strich sie über ihren Kopf. Er fühlte sich stoppelig an, wie feines Sandpapier.
    »Ich mache mich jetzt auf die Suche, komm doch mit«, sagte Dave nach einem sehnsuchtsvollen Blick auf die Matratze. »Luis und Lolli schlafen ewig, wenn man sie lässt.«
    »Und warum bist du schon auf?«, fragte sie und trank einen Schluck Kaffee. Er war bitter, aber Val fand ihn so ganz lecker, nur geröstet, ohne alles. An der Oberfläche schwamm Kaffeesatz als schwarzer Film.
    Er zuckte die Achseln. »Ich bin der Müllmann hier. Ich muss los, nachsehen, was die Bürohengste wegschmeißen.«
    Sie nickte.

    »Das ist ein Talent wie bei diesen Schweinen, die Trüf fel riechen. Man hat’s oder man hat’s nicht. Einmal habe ich eine Rolex gefunden, zusammen mit Werbebroschüren und verbranntem Toast. Als hätte jemand das alles, ohne zu gucken, vom Küchentisch direkt in den Müll geworfen.«
    Obwohl Dave eben gesagt hatte, dass sie so gern lange schlief, stöhnte Lolli und rollte sich unter Luis’ Arm hervor. Sie hielt die Augen noch fast geschlossen. Über den Sachen, die sie am Vortag angehabt hatte, trug sie einen schmutzigen kimonoartigen Morgenmantel. Sie wirkte auf eine Weise schön, die Val nie hinkriegen würde, eckig und üppig zugleich.
    Lolli gab Luis einen Schubs. Er grunzte und drehte sich um, bevor er sich auf die Ellbogen stützte. Ein Schatten huschte über die Mauer und die Katze kam näher und schob ihren Kopf in Luis’ Hand.
    »Sie mag dich, siehst du?«, sagte Lolli.
    »Habt ihr keine Angst, dass die Ratten sie schnappen?«, fragte Val. »Sie ist so klein.«
    »Angst würde ich das nicht nennen«, antwortete Luis finster.
    »Ach komm, gestern Abend hast du ihr noch einen Namen gegeben.« Lolli nahm die Katze hoch und ließ sie auf ihren Schoß.
    »Yeah«, sagte Dave. »Polly und Lolli.«
    »Polyhymnia«, sagte Luis.
    Val beugte sich vor. »Was heißt denn Poly... - wie war das noch gleich?«

    Dave schenkte Luis Kaffee ein. »Polyhymnia ist irgendeine griechische Muse. Keine Ahnung, welche. Musst du ihn fragen.«
    »Ist doch egal«, sagte Luis und zündete sich einen Zigarettenstummel an.
    Dave zuckte mit den Schultern, als wollte er sich für sein umfangreiches Wissen entschuldigen. »Unsere Mutter war mal Bibliothekarin.«
    Val wusste nicht genau, was eine Muse war, erinnerte sich aber vage, dass Musen in der Odyssee vorkamen, die sie in der Neunten durchgenommen hatten. »Und was ist eure Mutter jetzt?«
    »Tot«, erwiderte Luis. »Unser Vater hat sie erschossen.« Val rang nach Luft und wollte eine Entschuldigung stammeln, aber Dave kam ihr zuvor.
    »Ich könnte mir auch vorstellen, Bibliothekar zu werden.« Dave sah Luis an. »In Bibliotheken kann man gut nachdenken. Ungefähr so wie hier unten.« Er wandte sich wieder Val zu. »Wusstest du schon, dass ich das hier entdeckt habe?«
    Val schüttelte den Kopf.
    »Hab es allen weggeschnappt. Ich bin der Prinz des Abfalls, der Herrscher über den Müll.«
    Lolli lachte und Dave lächelte über das ganze Gesicht. Jetzt, da Lolli seinen Witz mochte, gefiel er ihm gleich noch besser.
    »Du wolltest noch nie Bibliothekar werden«, sagte Luis mit
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