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Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)

Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)

Titel: Elbenfürstin (Die Geschichte der Lilia Joerdis van Luzien) (German Edition)
Autoren: Daniela Zörner
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vorsichtig abgelegt worden. Aber dieser Gedanke flatterte,
weitestgehend ignoriert, in meinem Kopf davon. Denn das, was meine Augen sahen,
beanspruchte vollste Aufmerksamkeit. Auf dem matt glänzenden, braunen
Ledereinband befand sich eine wunderschöne, zierlich geschwungene Schrift. Ganz
offensichtlich in einer mir unbekannten Sprache verfasst, setzte ich mich
dennoch neugierig mit dem Buch auf die Couch. Behutsam öffnete ich den
Buchdeckel und blickte mit kindlicher Naschhaftigkeit auf exotisch anmutende
Buchstaben, die mir ihre Geheimnisse ohnehin niemals verraten würden. Solch
eine Schrift hatte ich nie zuvor gesehen und ihre Farbe schillerte, als ob sie
in einem Regenbogen geschrieben wäre.
    Kurzum, ich wickelte das Buch mangels Tüten
in alte Zeitungen und zog mich an. Aber ich konnte Josch unmöglich bloß ein
bisschen Kleingeld für dieses Prachtexemplar in die Dose stopfen. Vielleicht
sollte ich eine Nachricht hinterlassen. Auf der bitte was stehen soll? Habe
ein braunes Buch mitgenommen, Autor, Titel, Alter und Herkunft unbekannt? Nein, ich würde das Buch ganz einfach bei meinem nächsten Einkauf
zurückbringen.
    Zufrieden verschwand meine unsichtbare Zuschauerin,
als sich die Ladentür bimmelnd hinter mir schloss. Der ausgelegte Köder war
geschluckt.
    L ange Zeit später fand ich im
schottischen Kloster St. Ninian ein dickes Notizbuch mit dem Titel „Inghean“.
Darin befanden sich Aufzeichnungen der Elbe Elin. Sie brachten hartes Licht in
manche noch dunklen Ecken dieser Geschichte.
     
    Aus dem Buch „Inghean“
     
    Wieviele Jahrhunderte sind nutzlos verronnen,
seit ich mich zum letzten Mal einem Mensch zeigte? Ich weiß es nicht. Graue
Tage und schwarze Nächte vergingen, zu endloser Untätigkeit verdammt. Meine
Seele schmachtet nach Rache an dem Einen. Nun jedoch wurde das Menschenkind
erwählt. Warum nur? Warum verschmäht die Fürstin unsere willigen Elbenseelen?
    Dienerin und Lehrerin zugleich werde ich
jetzt sein, um den Kelch für die Ankunft der Fürstin zu formen. Das Licht stehe
mir bei!
     
    D as Buch lag auf dem
Esstisch, während ich ungeduldig den sich träge erhitzenden Wasserkessel
abwartete. Hier unter dem Küchenfenster fiel noch genügend trübgraues
Winterlicht ein, um auf das Einschalten der Deckenlampe verzichten zu können. Was
hat dieses Buch nur an sich? Antiquitäten entzogen sich schon immer meinem
Interesse. Geheimnisvoll. Mir kam eine Idee und ich flitzte los zum
Bücherregal im Wohnzimmer. Vielleicht fand sich im alten Lexikon eine Seite
über Schriften. Noch bevor ich den entsprechenden Band Sai - Suc aufschlagen
konnte, pfiff mich der Wasserkessel zurück. Der Tee musste erst ziehen, also
drehte ich mich wieder um. Es leuchtete! Das Lexikon geriet in Vergessenheit.
Ein schmaler Lichtstrahl fiel auf die Schrift.
    Mein irres Glotzen dauerte exakt 2 Minuten
und 40 Sekunden, bis das Piepen der Teeuhr gnädig die entglittenen Gesichtszüge
in Bewegung brachte. Vielleicht wäre der Anfang für mich leichter geraten, wäre
mein Blick diesem ersten Lichtstrahl nach draußen gefolgt. Nämlich in Erwartung
einer Wolkenlücke, die der tief stehenden Sonne eine freundliche Chance gab.
Denn da draußen gab es keine Lücke, keinen Sonnenstrahl, nichts. Aber
vielleicht wäre der Anfang auch noch mehr missraten, hätte ich meine
unsichtbare Untermieterin ankommen sehen. Dem Buch folgend, quartierte sie sich
gerade ein.
    W as war zuerst da, das Summen
in meinem Kopf oder das mich umhüllende Licht, als ich auf dem Küchenstuhl saß
und mich über das Buch beugte? Keine Ahnung, die ersten Stunden und Tage wirken
im Rückblick wie das Ergebnis eines übergeschnappten Schleudergangs in sämtlichen
Gehirnwindungen. Erfolglos drückte ich die Zeigefinger in beide Ohren. Aus der
Wohnung stammte das Summen jedenfalls nicht.
    Es ist in deinem Kopf.
    Einfach ignorieren und
endlich das wundersame Werk bestaunen. Entschlossen richtete ich
meine Aufmerksamkeit auf den Einband. Das Summen nahm zu. Nein, kein Summen ,
überlegte ich, zumindest nicht wie ein Bienenschwarm. Es klang eher wie ein
von Windböen herbeigetragenes Auf und Ab singender Frauenstimmen.
Wahrscheinlich die Begleitmusik zu irgendeinem Spielfilm, die mein Gedächtnis
aus welchem Grund auch immer gerade jetzt abspulte.
    Es ist real.
    Quatsch.
    Vorsichtig klappte ich den
Buchdeckel auf. Die Buchstaben tanzten vor meinen Augen, als wollten sie sich
für mich neu ordnen. Ich blinzelte. Und las. Und lauschte.
    S eltsamer Traum.
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