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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck
Autoren: H Girod
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Kriminalistik mit dem entsprechenden taktischen und naturwissenschaftlich-technischen Potential gegenüber, die, wenn sie zum Einsatz kommt, mit bestechender Sicherheit in den spurenkundlichen Mikrokosmos der Tat vorzudringen vermag, der weit außerhalb dessen liegt, was ein Täter sich vorstellen kann. Gerade die letztgenannte Kategorie von Fällen stellte auch in der DDR die eigentliche Herausforderung für Kriminalisten und Gerichtsmediziner dar. Zusammen mit Partnern anderer forensischer Disziplinen waren sie, sehr oft erfolgreich, zuweilen auch mit in die Irre führender politischer und ideologischer Orientierung bemüht, die Opfer zu identifizieren, die Täter zu ermitteln und zu überführen sowie die facettenreichen Tatabläufe, Verhaltensweisen und Beweggründe auszuleuchten.
    Das vorliegende Buch widmet sich authentischen Mordfällen, die sich in der DDR zugetragen haben.
    Wenngleich die meisten von ihnen wegen ihrer phänomenologischen Grundstruktur überall in der Welt hätten begangen werden können, besitzen sie etwas Unverwechselbares: Sie widerspiegeln auf ihre eigene makabre Weise die DDR-Realität. Das betrifft die Tatentwicklung ebenso wie die mitunter hindernisreichen kriminalistischen Erkenntniswege von der ersten vagen Spur bis zum schlüssigen Beweis.
    Natürlich ist hier nur eine kleine Auswahl von Fällen beschrieben. Und es stehen nicht die kausal geradlinig verlaufenden Affektstraftaten, die auch in der DDR den größten Anteil an den begangenen Gewaltverbrechen hatten, im Zentrum. Vielmehr sollen die besonderen Ausnahmezustände menschlichen Verhaltens bei der Tat, ihre Entstehungsbedingungen und die mitunter bizarren Praktiken ihrer Verschleierung unter Berücksichtigung der zeitgeschichtlichen und gesellschaftlichen Bedingungen vorgestellt werden.
    Vor allzu großen Erwartungen an Raffinesse und Perfektion in der Tatdurchführung und ihrer Verdunklung kann der Autor nur warnen. Diese finden eher in den wirklichkeitsfremden Konstruktionen der Kriminalliteratur oder im Fernsehkrimi ihre Befriedigung. Die tatsächliche Praxis ist meist durch eine überraschende Primitivität gekennzeichnet. Dennoch kann auch der kriminalistische Erkenntnisprozeß voller Spannung sein, was im vorliegenden Buch hoffentlich bewiesen ist.
    Den Schauder beim Blick in die Abgründe menschlichen Verhaltens – das sei noch kurz bemerkt – sollte man zurückhalten. Ein Laie wird kaum die wahre Schuld bzw. Schuldfähigkeit eines Täters, die psychopathologischen Vorgänge, die sein Handeln bestimmen, seine Schuld mindern oder gar ausschließen, ermessen können. Er kennt oft auch nicht die Spitzfindigkeiten rechtlicher Bewertung oder die Zusammenhänge zu den sogenannten straflosen Nachtaten, wie die Beseitigung eines zuvor getöteten Opfers, die grausame Ausmaße annehmen können und die trotzdem auf die juristische Beurteilung nur geringen Einfluß haben.
    Nicht alle Fragen können hier beantwortet werden. Auch war es nicht das Anliegen des Autors, eine kritische Analyse der Strafakten vorzunehmen oder eine Beurteilung der mitunter drakonischen Urteile zu treffen, über deren Angemessenheit man geteilter Meinung sein mag. Ebensowenig sind das schizoide System der Verteidigung in der Rechtspraxis der DDR und die sogenannten Justizirrtümer, von denen auch die sozialistische Rechtsprechung nicht freiblieb, Gegenstand des Buches.
    Dem Autor liegt mit seinem Bemühen um Authentizität und Objektivität daran, einen Beitrag im Disput um einen Teilbereich der DDR-Wirklichkeit zu leisten und einen kleinen Einblick in die Tötungskriminalität Ostdeutschlands und ihre kriminalistische Aufklärungspraxis zu vermitteln. Jede verklärende Nostalgie liegt ihm fern.
    Es werden Fälle aufgegriffen, über die bisher überhaupt nicht, sehr wenig oder aber aus vordergründig ideologisch-politischen Gründen berichtet wurde.
    Die Notwendigkeit, persönliche Daten und die Intimsphäre der Täter, Opfer und Zeugen zu schützen, begründet, daß vor allem die Namen der Beteiligten und, wo es geraten erschien, auch die Handlungsorte verändert, bestimmte Handlungsabläufe gestrafft oder auf das kriminologisch Typische konzentriert wurden.
    Die agierenden Kriminalisten, Gutachter und höheren Polizeioffiziere sind keine erfundenen Figuren, vereinen in sich mitunter jedoch mehrere Persönlichkeiten, die mit dem jeweiligen Fall zu tun hatten. Die für eine plastische Darstellung der Berichte notwendigen Dialoge sind zumeist rekonstruiert
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