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Eisvampire

Eisvampire

Titel: Eisvampire
Autoren: Henry Quinn
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eintrat.
    Northway’s Inn erinnerte an einen der alten Saloons, wie es sie zu Tausenden während der Zeit des Goldrush gegeben hatte: im Hintergrund eine winzige Bühne, davor eine Anzahl Tische und Stühle, rechts die Theke, eine chromblitzende Musikbox – der einzige Anachronismus außer den elektrischen Lampen – und ein poliertes Klavier, an dem zur Zeit ein hagerer, blasser Mann saß und eine wilde Melodie klimperte.
    Lautes Hallo begrüßte Logan, der nicht nur bei den Bewohnern von Bunker’s Hope, sondern auch bei den Arbeitern aus dem Camp der Alyeska beliebt war.
    Erleichtert befreite er sich von dem schweren Mantel und dem kratzenden Gesichtsschutz, steckte die Schutzbrille in die Tasche und stellte sich dann an die Theke.
    Eine junge, hübsche Frau in zerfransten Jeans und einem dicken Baumwollhemd eilte zu ihm und lächelte erfreut.
    »Hallo, Rick! Läßt du dich auch mal wieder sehen? Ich dachte schon, du wärst Abstinenzler geworden.«
    Logan lächelte und hauchte der Frau einen flüchtigen Kuß auf die Wange.
    »Der Schreibkram, Sandy. Was soll man da machen? Irgendwann mußte ich ihn erledigen, und da es im Augenblick ziemlich friedlich in unserem Städtchen ist, dachte ich, fängst du einfach einmal an.«
    Sandy – eigentlich Sandra Vaughn schob ihm ein Glas Whisky mit Soda zu, das er dankend leerte. Es dauerte nicht lange, und ihm wurde angenehm warm.
    Aus halbgeschlossenen Augen musterte er die anwesenden Gäste. Es waren zumeist Arbeiter aus dem Camp, die hier ihre Mittagspause verbrachten und trotz des generellen Alkoholverbots der Alyeska ein Bier nach dem anderen in sich hineinkippten. Soweit Logan wußte, kam es auch nicht selten vor, daß sie den Schnaps mit Marihuana vertauschten und in ihren Unterkünften zu viert oder fünft an vollgestopften Joints zogen.
    Logan konnte sie bis zu einem gewissen Grad verstehen. Die Arbeit war so hart wie nirgendwo anders. Dann die monotone Umgebung, die Kälte, die wenigen Ablenkungsmöglichkeiten.
    Die meisten der Arbeiter kamen aus den großen Städten an der Ostküste der USA, wo die Arbeitslosigkeit grassierte und die Aussicht auf Wohlfahrtsunterstützung nach dem Beinahzusammenbruch New Yorks auch nicht sehr gesichert war. Der Übergang von der Hektik der Metropolen zur relativen Ruhe der Wildnis machte ihnen erheblich zu schaffen, zumal die wenigsten ihre Frauen und Familien mitgenommen hatten beziehungsweise verheiratet waren. Und in einem Nest wie Bunker’s Hope fehlte eben – im Gegensatz zu Fairbanks oder Livengood, Coldfoot, Old Man und wie die anderen Städte an der Pipeline alle hießen – die Möglichkeit, den biologischen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Die Flucht in den Alkohol- oder Drogenrausch schien die einzige Alternative zu sein, wenn man kein Gefühl für die Faszination der Landschaft aufbringen konnte.
    Das Klavierspiel verstummte. Der Hagere erhob sich und gesellte sich zu Logan und Sandy Vaughn.
    »Hallo, Nogger!« begrüßte Logan ihn.
    »Tag, Rick.« Nogger gähnte ausgiebig. »Ich hörte, der Fettwanst war bei dir?«
    Logan grinste. McClosen war wohl der unbeliebteste Mann von ganz Bunker’s Hope. »Ja. Dein Nachrichtendienst scheint ja vorzüglich zu funktionieren, wie?«
    Nogger winkte ab. »Intuition, Rick, alles Intuition. Wenn man wie ich seit fünfzig Jahren in diesem verlausten Rattennest vor sich hin vegetiert, bekommt man ein Gespür für alle Nichtigkeiten und Wichtigkeiten. Was wollte der Kerl denn? Als er aus deinem Büro herauskam, machte er ein Gesicht, als hätte er einen Liter seines vermaledeiten Öls aus Versehen geschluckt und noch nicht wieder ausgekotzt. Öl ... Wenn ich nur daran denke, bekomme ich Magengeschwüre. Ich hasse das Öl und die Pipeline und Kerle wie McClosen und seine Bande von Mitdirektoren.
    Gold, das ist das einzig Wahre. Es stinkt nicht, glänzt hübsch, und du kannst überall in der Welt damit bezahlen. Versuche das gleiche einmal mit einer Kanne Öl -pah!«
    Noggers Redestrom versiegte, als er Luft holen mußte. Hastig kam Logan einer weiteren Wortsalve zuvor.
    »Es ist etwas Ernstes passiert, Nogger«, klärte er seinen Freund auf. »Drei Männer werden vermißt, darunter Martin Rubett, du kennst ihn.«
    Nogger nickte.
    »Ja. Einen besseren Prospektor gibt es nicht.« Er lächelte bescheiden. »Mich ausgenommen, versteht sich.«
    »Versteht sich«, stimmte Logan zu. »Die drei Männer – die beiden anderen heißen Drunkley und Szargosh – befanden sich auf dem Weg zum
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