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Eisprinzessin

Eisprinzessin

Titel: Eisprinzessin
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Strahlen bereits auf sie abfärbte. Ach, die Liebe machte doch alle glücklich. Sogar als Zuschauer! Ganze Industrien lebten schließlich davon. »Gala«, »Goldenes Blatt«, Hollywood.
    Fischer, so stellte sich heraus, hatte sich in einen Friseur verliebt. Allerdings nannte er ihn nicht Friseur, Bader, Haarschneider oder Coiffeur – dass ihm das nicht eingefallen war –, sondern Promifriseur.
    »Deutscher?«, fragte Meißner wieder ganz prosaisch.
    Fischer schüttelte den Kopf.
    »Du wirst dich doch wohl nicht in einen Österreicher verliebt haben?«, fragte Meißner argwöhnisch.
    »Quatsch. Spanier natürlich«, prahlte Fischer. »Ein Typ wie Pedro Almodóvar, wenn dir der Name etwas sagt. Der Filmemacher, der in Hollywood –«
    »Also ein etwas älterer Mann«, unterbrach ihn Meißner.
    »Na ja, was heißt schon älter? Und was spielt das Alter heutzutage überhaupt noch für eine Rolle?«
    »Hallo?«, meldete sich Marlu aus ihrer kurzfristigen Erstarrung zurück. »Elmar hat sich verliebt! Und zwar unsterblich. Du bist doch nicht sein Vater, Stefan, also muss er dir den Mann auch nicht vorstellen und du nicht entscheiden, ob er zu alt für ihn ist. Jetzt freu dich doch einfach mal!«
    Aber Stefan Meißner konnte sich kein bisschen freuen. Als hätte er es geahnt, gleich als Fischer mit dieser »Man’s-Health«-Bräune im Gesicht und diesem unerschütterlichen Optimismus an seinem ersten Arbeitstag nach dem Urlaub ins Präsidium erschienen war. Als hätte er gewusst, dass es für ihn nichts Gutes bedeuten würde, wenn Fischer vor sich hin strahlte wie ein radioaktives Teilchen mit jahrhundertelanger Halbwertszeit. Als wäre ihm von Anfang an klar gewesen, dass das Glück dieses Götterboten auf ihn bestimmt nicht abstrahlen würde.
    Dass es ihm im Gegenteil fast den Dolchstoß versetzen würde, das hatte er jedoch nicht geahnt, und es war von der Natur, dem Universum oder Gott ja auch gut eingerichtet, dass man manchmal Schlimmes ahnt, es aber dann doch nicht ganz so schlimm kommt. Wenn aber das ultimativ Schlimme naht, dann bleibt das Opfer meist so ahnungslos wie ein schlafender Säugling.
    »Hast du denn auch ein Foto von deinem Promifriseur?«, fragte Marlu und übernahm gleich den Adelstitel von Elmar Fischers hispanischem Lover.
    Natürlich hatte er – und nicht nur eines. Verträumt stöberte er durch die Fotoalben auf seinem Smartphone und suchte nach einem vorteilhaften und vor allem auch vorzeigbaren Foto seines Lovers. Die Nacktfotos am Pool schieden da schon mal aus.
    »Jetzt schau doch auch mal«, drängte Marlu Meißner, also ging er zu den beiden hinüber und glotzte auf das Display, von dem ihm ein kahl rasierter Mittfünfziger entgegenlachte, der offensichtlich nicht im Entferntesten daran dachte, seinen Bauchansatz unter einem luftig geschnittenen, offenen Hemd zu verstecken. Ein grünes Krokodil prangte auf dem stahlblauen Poloshirt, aus dem Oberarme wuchsen, die für jeden Fitnesstrainer eine Herausforderung gewesen wären.
    Meißner wusste, dass Marlu gleich irgendetwas Nettes über diesen Mann sagen würde. Frauen fiel in solchen Situationen immer etwas Artiges ein. War eine Kollegin beim Friseur gewesen: »Oh, du warst beim Friseur! Der Haarschnitt macht dich glatt zehn Jahre jünger.« Hatte sich Kollege Kellner in die erste Jeans seines Lebens gequetscht: »Hey, andere werden älter, aber was machst du? Hast du eigentlich eine Freundin?«
    »Der sieht aber sehr sympathisch aus«, sagte Marlu.
    Na also, dachte Meißner befriedigt. So hört sich das an, wenn man eigentlich enttäuscht ist, weil jemand lange nicht so toll aussieht, wie ein anderer es einem glauben machen will. Man lügt nicht wirklich, aber man sagt auch nicht unbedingt die Wahrheit. Sehr elegant. Doch Meißner wollte weder das eine noch das andere. Stattdessen wollte er sich gegen Fischers Bombenlaune zur Wehr setzen. Ein kleines boshaftes Teufelchen ritt ihn und flüsterte ihm ins Ohr: Hau drauf, würg ihm eine rein, jetzt tu’s schon! Deshalb sagte er: »Also, ich finde, der Typ sieht irgendwie aus wie ein Affe.«
    Marlu verfiel augenblicklich in Schockstarre. Das Leuchten in ihren Augen war verflogen, sie sah ihn giftig an.
    »Lieber Stefan«, sagte Elmar Fischer ziemlich ernst, »ich danke dir für deine Offenheit. Aber weißt du was? Bei Männern scheiße ich auf Schönheit. Schön bin ich schließlich selbst.«
    Bravo, dachte Meißner bitter. Ein wirklich toller Typ, mein schwuler Kollege. Mehr Mumm als so manch
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