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Eiskalte Hand

Eiskalte Hand

Titel: Eiskalte Hand
Autoren: Claudia Muther
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Motto „Wissen ist Macht“ stellte sie eines der wichtigsten Gebäude des Reiches dar. Die wohl größte Wissenssammlung Mondorias fand man hier. Wahre Besucherströme pilgerten zur Bibliothek, um selbst die unwahrscheinlichsten Dinge zu erforschen. Den kastenartigen Bau umgaben mächtige Steinkolosse, die majestätische Wesen der quandalischen Mythologie darstellten. Und die Bewohner der Stadt wussten sehr genau, dass sie keineswegs immer so leblos da standen, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mochten.
     
    Die Räume, in denen das Archiv untergebracht war, wirkten weniger prunkvoll eingerichtet als die in den oberen Geschossen. Weißer Marmor war hier rar, dafür wirkten die Räume nicht so überladen. Im Mittelpunkt standen die Bücher und Akten. Volle Regale erstreckten sich entlang der Wände. Es roch nach einer angenehmen Mischung aus altem Papier und Maiglöckchen. Ein Duft, dem nachgesagt wurde, die Konzentration zu fördern. Im Archiv suchte man vergebens nach Bildern, die Quandalas Mythologie und seine glorreiche Geschichte zeigten. Die waren für Besucher aus anderen Gegenden Mondorias gedacht und sollten sie beim Besuch der Bibliothek schon beim ersten Betrachten beeindrucken und in Ehrfurcht erstarren lassen. Dementsprechend fanden sich auch längst nicht so viele Menschen hier wie in den Hallen der Bibliothek. Es fanden sich auch längst nicht so viele Menschen hier wie in den ausladenden Hallen der Bibliothek. Ins Archiv verschlug es nur diejenigen, die konkret etwas über einzelne Personen oder Ereignisse aus der Geschichte Quandalas wissen wollten. Das waren allerdings gar nicht so wenige. Viele Ahnenforscher konnte man hier antreffen. Eine beliebte Freizeitbeschäftigung – insbesondere dort, wo um Erbfolgen und sich daraus ergebende Ansprüche ging. Es gab aber auch solche, die gezielt nach dunklen Stellen anderer Personen suchten. Schmutzige Wäsche wurde in Quandala gerne gewaschen. Und je höher man die Karriereleiter erklommen hatte, desto größer wuchs die Gefahr einer Intrige. Da konnten auch kleinere Angelegenheiten zu großen Stolpersteinen werden. Man musste halt nur wissen, wie man die Sache in der richtigen Weise hinbog.
     
    Mia saß in einer kleinen Nische an einem stabilen Tisch aus Pappelholz. Vor sich hatte sie einige Dokumente ausgebreitet, in denen sie aufmerksam blätterte und las. Immer wieder machte sie sich Notizen. Die junge Frau trug einfache und vor allem unauffällige Kleidung. Das gestaltete sich gar nicht so einfach in einer Stadt, wo es für viele gerade darum ging, Aufmerksamkeit zu erregen. Ein zu schlichtes Gewand konnte da durchaus die Blicke auf sich lenken, weil es sich so sehr abhob vom allgegenwärtigen Pomp. Aber Mia besaß einige Erfahrung, was Tarnung anbetraf. Ein bisschen Puder, um die Hautfarbe aufzuhellen, einen edlen aber nicht schillernden Mantel, einen Hut, der ihre schwarze Haarpracht weitgehend verdeckte. So mussten ihre potenziellen Verfolger schon sehr genau hinschauen, um sie zu entdecken. Zudem hielt sie sich auf dem Weg in die Bibliothek kontinuierlich in dichtem Gedränge und ging den einen oder anderen Umweg. Einer ihrer Umwege hatte Mia zu einem Lokal geführt, wo sie zwischen dutzenden anderer Menschen ein schnelles Frühstück zu sich genommen hatte. In ihrem Kellerversteck lagerten nur trockene Kekse und diese waren nicht besonders sättigend. Als sie endlich ihr Ziel erreicht hatte, war sie sich sicher, dass ihr niemand gefolgt sei.
     
    Es kam ihr erstaunlich einfach vor, Informationen über die beiden Personen zu finden, deren Namen sie aus den Unterlagen des Fremden kannte: Wuan Ki und Pa Shi Lun. Mia verwendete bewusst die Eigennamen; sie als ihre Eltern zu bezeichnen, war ihr nicht möglich.
    Dass sie so schnell fündig wurde, hatte sie der Systematik der Archive zu verdanken: Zu jeder Person des öffentlichen Interesses gab es eine eigene Akte hier. Und das öffentliche Interesse weckte man schnell. Fast jedes Mitglied eines der zahlreichen Adelshäuser konnte man hier finden. Dazu natürlich auch Menschen, die tatsächlich etwas geleistet hatten: Heerführer, Dichter, Philosophen, Sänger, Schauspieler und viele andere mehr. Alle Akten waren alphabetisch geordnet. Das machte die Suche leicht. Und siehe da, auch Wuan Ki Lun und seine Frau Pa Shi hatten ihre eigenen Akten. Vor allem die Akte von Wuan Ki weckte Mias Interesse. Er gehörte einem damals noch jungen, aber aufstrebenden Adelshaus an – dem Haus Lun. Als
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