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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe
Autoren: Andreas Franz
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zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Nach der Urteilsverkündung stieß Rüter wüste Drohungen aus, die ungehört verhallten. Der Kopf der Organisation in Schleswig-Holstein war abgeschlagen worden, und es war fraglich, ob es in naher Zukunft einen neuen geben würde. Doch da war noch ein anderer, mächtigerer Kopf, und der wurde nicht einmal angetastet - Rüter senior.
    Bruhns, Steinbauer, Klein, Freier und Albertz waren tot, Rüter unschädlich gemacht. Aber alle beteiligten Beamten wussten, es würde einen neuen Bruhns, eine neue Steinbauer, einen neuen Klein, einen neuen Freier und einen neuen Albertz geben. Und es würde auch einen neuen Rüter geben - irgendwann. Das organisierte Verbrechen war wie eine Hydra, der stets neue Köpfe nachwuchsen, wie viele man auch abschlug. Und Rüter junior hatte nach dem milden Urteil genügend Zeit, die Organisation neu zu strukturieren. Man würde ihn im Auge behalten.
     
    Hans Schmidt verließ Kiel am Montag, den 16. März, um zurück nach Lissabon zu fliegen. Der Abschied war lang und von Sarahs Seite aus hoch emotional, als sich Sarah Schumanns und sein Weg am Hamburger Flughafen trennten. Sie flog nach Frankfurt, um nur zwei Tage später zu ihrer älteren Tochter nach Atlanta aufzubrechen und dort vier Wochen im Kreis ihrer Familie zu verbringen. Anschließend führte sie ihr Weg zu ihrer zweiten Tochter nach Auckland in Neuseeland. Es war eine schöne Zeit, die viel zu schnell zu Ende ging. Von Auckland reiste sie nach Lissabon, um endlich die Frau an Hans Schmidts Seite kennenzulernen. Eine bildhübsche junge Frau, für die sie nur Bewunderung übrighatte. Sie verstand auf den ersten Blick, warum Hans Schmidt sich in sie verliebt hatte. Frauen wie Maria gab es nur wenige auf der Welt.
    Sarah Schumann wohnte im Sheraton, sah Hans Schmidt aber jeden Tag, zwei Wochen lang. Er war noch immer ein Wanderer zwischen den Welten, eine Eigenschaft, die er niemals ablegen würde. Er liebte zwei Frauen, und keiner von ihnen wollte er weh tun.
    Er hatte seinen »Job« endgültig an den Nagel gehängt und alle Dinge, die mit Töten zu tun hatten - Pistolen, Gewehre, Messer, Gifte -, weggeschlossen. Die Vergangenheit ließ sich nicht wegschieben, aber er hatte kein schlechtes Gewissen. Er hatte doch nur Aufträge ausgeführt, Aufträge, nichts als Aufträge. Er schämte sich nicht, ausgenommen für die Morde an Julianne Cummings und dem Mädchen, das bei Manfred Schumann gewesen war. Hans Schmidt war ein reicher Mann geworden. Und er war erst siebenundvierzig Jahre alt. Doch ab sofort wollte und würde er nur noch das tun, was ihm wahre Freude bereitete, auch wenn er viele Jahre nicht gewusst hatte, wie wahre Freude aussah, bis er Maria kennenlernte. Er wollte anderen Freude bereiten, in allererster Linie Maria, seiner Maria, die er am ersten August heiraten würde. So hatten sie es abgesprochen. Als Schmidt ihr unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Kiel den Antrag machte - auf Knien, wie es sich gehörte - und ihr den Verlobungsring an den Finger steckte, weinte sie vor Glück, umarmte ihn und sagte, dies sei der schönste Tag ihres Lebens. Ein noch schönerer Tag würde der erste August werden, wenn sie nicht mehr nur Gonzalez, ein Name, auf den sie stolz war, sondern Schmidt-Gonzalez heißen würde - Maria Schmidt-Gonzalez, darauf hatte Schmidt bestanden. Und er würde sich Hans Schmidt-Gonzalez nennen.
    Er wollte auch Sarah Schumann nicht vernachlässigen, denn er kannte sie schon viel zu lange, als dass er sie aus seinem Leben hätte streichen können. Ohne sie wäre er nie geworden, was er war. Ohne sie hätte er es nie zu diesem materiellen Wohlstand gebracht, ohne sie wäre sein Leben ganz anders verlaufen. Wahrscheinlich langweilig, eintönig, dumpf. Maria durfte von ihr wissen, doch sie würde nie erfahren, welch bedeutende Stellung Sarah Schumann seit dem 12. Oktober 1984 in seinem Leben einnahm. Eine Frau wie Sarah hatte es nicht verdient, fallengelassen zu werden.
    Am 6. Juli 2009 betrat Maria ein exklusives Brautmodengeschäft, um sich ein Hochzeitskleid anfertigen zu lassen. Sie wurde von ihrer Mutter und ihrer drei Jahre älteren Schwester, die schon seit zwölf Jahren verheiratet war und vier Kinder hatte, begleitet. Nach langen Beratungen fanden sie ein Modell, das allen gleichermaßen gut gefiel, züchtig und doch ein wenig frivol. Über fünf Stunden hatten sie sich dort aufgehalten, und als sie sich voneinander verabschiedeten, wurde Maria von ihrer
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