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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe
Autoren: Andreas Franz
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erzwingen, lass alles auf dich zukommen. Dies betraf aber nur den privaten und den offiziellen Teil seines geschäftlichen Lebens.
    Sie war die Nummer zwölf der Bewerberinnen gewesen, ein Volltreffer, mehr wert als ein Sechser im Lotto. Er konnte sich an nichts in seinem Leben erinnern, das der ersten Begegnung mit Maria auch nur im Ansatz gleichkam.
    Außer einer Sache, aber das war etwas anderes gewesen, so unterschiedlich wie Sonne und Mond. Und doch auf eine gewisse Weise prickelnd, erregend, sinnlich. Sein erster Mord.
    In Auftrag gegeben von einer von Eifersucht zerfressenen Frau, die es leid war, dass ihr Mann sich ständig mit jungen Mädchen vergnügte. Dabei war diese Frau erst Mitte dreißig, aber für ihren damaligen Mann schon zu alt, obwohl er selbst bereits neunundvierzig war. Ein schwerreicher Immobilienmogul aus Frankfurt, der nie der Pubertät entwachsen war. Einer, der sich in allen Betten rumtrieb, nur kaum einmal in seinem eigenen. Der aber seine Frau und die beiden Kinder wie in einem goldenen Käfig gefangen hielt, aus dem sie sich und die Kinder unbedingt befreien wollte. Nicht nur aus dem Käfig, sondern auch von ihrem Mann, den sie zu hassen gelernt hatte, wie nur Frauen hassen können. Was wirklich hinter diesem Auftrag stand, das sollte Schmidt erst später erfahren.
    Hans Schmidt war damals gerade zweiundzwanzig, doch er hatte die Lebenserfahrung eines Mittvierzigers. Er lebte in Kiel, hatte aber vor, baldmöglichst seine Zelte dort abzubrechen und sich irgendwo anders niederzulassen, einen gutbezahlten Job anzunehmen und Karriere zu machen. Er, zu dem Zeitpunkt ein von der Hand in den Mund lebender Student, schaltete mehrere Anzeigen in regionalen und überregionalen Zeitungen, und auf eine davon meldete sich diese Frau. Sie suchte einen Gärtner für das Anwesen, und da Schmidt angegeben hatte, auch Gartenarbeiten auszuführen, dachte er, dies könnte die Gelegenheit sein, aus seiner Heimatstadt herauszukommen. Ihre erste Begegnung fand in Kiel statt, wo die Frau angeblich zu tun hatte, doch ihm war klar, dass sie nur seinetwegen gekommen war. Er würde diese erste Begegnung nie vergessen, sollte sie doch sein Leben von Grund auf verändern. Es war in einem Cafe in Düsternbrook, dem Viertel, in das er später ziehen sollte. Ein Viertel, das zum größten Teil jenen vorbehalten war, die es sich leisten konnten, dort zu wohnen.
    Bei dem Treffen merkte er, wie diese unglaublich schöne und elegante Dame ihn zwar unauffällig und doch unentwegt musterte und begutachtete, obwohl sie anfangs nur über den Job als Gärtner für das Anwesen in Hofheim, einer kleinen Stadt an der Peripherie Frankfurts, sprachen. Allein, wie sie sich die Zigarette anzündete, wie sie dezent und doch mit überwältigender Erotik die Beine übereinanderschlug, war es wert gewesen, mit ihr diesen Nachmittag zu verbringen. Mit Sarah Schumann, so hatte sie sich ihm vorgestellt.
    Er solle nach Hofheim ziehen, Kost und Logis seien frei, dazu werde er einen guten Lohn erhalten, und außerdem könne er in Frankfurt weiterstudieren, mit ein wenig Planung ließe sich alles unter einen Hut bringen. Es klang wie Musik in seinen Ohren, seine noch verschwommenen Pläne erhielten zum ersten Mal klare Konturen. Schließlich lud sie ihn noch für denselben Abend zu sich in ihr Kieler Haus ein, um, wie sie wörtlich sagte, die Details zu fixieren.
    Der Abend verlief jedoch völlig anders, als er erwartet hatte. Nie hätte er für möglich gehalten, dass durch die Annonce sein Leben in eine Bahn gelenkt werden würde, an die er nicht einmal in seinen kühnsten Träumen zu denken gewagt hätte. Sarah Schumann fragte ihn wie beiläufig, ob er ganz langsam wenig Geld verdienen wolle oder lieber ganz viel in kurzer Zeit. Er wusste nicht, was er mit dieser Frage anfangen sollte, doch er antwortete, dass wohl jeder am liebsten schnell viel Geld verdienen möge. Mit einem Mal stand sie splitternackt vor ihm, sie verbrachten die Nacht zusammen, und es war ein großartiges Gefühl, mit einer Frau zu schlafen, die zwölf oder dreizehn Jahre älter war. Sie hatte nicht nur einen Traumkörper, sondern auch Intellekt und Charisma und Charme, dem er sich nicht zu entziehen vermochte. Unmittelbar nach dem Sex rauchte sie schweigend eine Zigarette und trank ein Glas Rotwein, beobachtete Hans Schmidt eine Weile, als wollte sie seine Gedanken lesen oder in sein Innerstes eintauchen, dorthin, wo bisher nur er zu schauen imstande war, bis sie sagte,
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