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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman
Autoren: Ken Follett
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intensivmedizinische Quarantänestation für Personen, die sich mit einem gefährlichen Virus infiziert hatten. Bisher war sie allerdings noch nie in Anspruch genommen worden. Im ersten Stock waren die Luftfilteranlagen untergebracht, und im Keller eine komplizierte Anlage für die Sterilisierung aller Abfallstoffe, die in den Labors anfielen. Außer den Menschen blieb dort unten nichts am Leben.
    »Wir haben eine ganze Menge aus dieser Geschichte gelernt«, sagte Toni in einem um Versöhnung bemühten Tonfall. Ihr war bewusst geworden, dass sie sich in einer nicht unkritischen Lage befand, denn die beiden Herren in den Fünfzigern bekleideten von Rang und Alter her höhere Positionen als sie. Obwohl Toni nicht berechtigt war, ihnen Anweisungen zu erteilen, hatte sie darauf bestanden, dass das Verschwinden der Proben als Krisenfall eingestuft wurde. Zwar mochten die beiden sie durchaus, doch mit ihrem Verhalten strapazierte sie deren guten Willen bis zur Belastungsgrenze. Dennoch hatte sie das Gefühl, dass ihre Vorgehensweise notwendig war und sie gar nicht anders handeln konnte: Die öffentliche Sicherheit, das Ansehen der Firma und ihre eigene Karriere standen auf dem Spiel.
    »Künftig muss jeder, der Zugang zum BSL - 4 hat, rund um die Uhr telefonisch erreichbar sein, wo immer er sich aufhält«, forderte sie. »Das kann, wenn Gefahr im Verzug ist, entscheidend sein. Außerdem müssen wir die Protokollbücher öfter als einmal im Jahr kontrollieren.«
    McAlpine räusperte sich. Die Bestandsverzeichnisse fielen in seine Zuständigkeit als Labordirektor, und der wahre Grund für seine schlechte Laune lag darin, dass Toni und nicht er selbst den Fehlbestand entdeckt hatte. Ihre Sorgfalt warf ein schlechtes Licht auf ihn.
    Sie wandte sich an den anderen Mann, James Elliot. Er war der Personalchef. »Sind wir mit der Liste durch, James?«, fragte sie ihn.
    Elliot sah von seinem Computermonitor auf. Er war gekleidet wie ein Börsenmakler, in Nadelstreifen und gepunkteter Krawatte, als lege er Wert darauf, sich deutlich von den Wissenschaftlern abzuheben, die lieber in Tweedanzügen herumliefen. Die Sicherheitsvorschriften schien er für lästige bürokratische Kleinkrämerei zu halten, was daran liegen mochte, dass er selber niemals direkt mit Viren zu tun gehabt hatte. Toni hielt ihn für eingebildet und dumm.
    »Wir haben mit sechsundzwanzig von siebenundzwanzig Mitarbeitern gesprochen, die zum BSL - 4 Zugang haben«, sagte er mit übertriebener Deutlichkeit und klang dabei wie ein müder Lehrer, der dem dümmsten Schüler der Klasse etwas erklären will. »Alle sechsundzwanzig haben wahrheitsgemäß geantwortet, als wir sie fragten, wann sie zum letzten Mal im Labor waren und den Tresor geöffnet haben. Keinem von ihnen ist aufgefallen, dass sich ein Kollege oder eine Kollegin merkwürdig verhielt. Und Fieber hat auch keiner.«
    »Wer ist der Siebenundzwanzigste?«
    »Michael Ross, ein Laborant.«
    »Ich kenne ihn«, sagte Toni. Er war ungefähr zehn Jahre jünger als sie, ein schüchterner, intelligenter Mann. »Ich war sogar schon einmal bei ihm. Er hat ein Haus im Grünen, etwa fünfundzwanzig Kilometer von hier.«
    »Er arbeitet seit acht Jahren für uns und ist noch niemals negativ aufgefallen.« McAlpine fuhr mit dem Finger über einen Computerausdruck und ergänzte: »Sonntag vor drei Wochen war er zum letzten Mal im Labor. Es ging um eine Routineüberprüfung der Versuchstiere.«
    »Und was hat er seitdem getan?«
    »Er hatte Urlaub.«
    »Wie lange? Drei Wochen?«
    »Er hätte heute zurückkommen müssen«, meinte Elliot und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Oder nein, gestern. Am Montagmorgen. Aber er ist nicht aufgetaucht.«
    »Hat er sich krank gemeldet?«
    »Nein.«
    Toni zog die Brauen hoch. »Und er ist nicht erreichbar?«
    »Bisher nicht. Er meldet sich weder unter seiner Privat- noch unter seiner Handynummer.«
    »Kommt Ihnen das nicht seltsam vor?«
    »Dass ein unverheirateter junger Mann seinen Urlaub eigenmächtig verlängert, ohne sich beim Arbeitgeber abzumelden? Das ist allenfalls so seltsam wie ein Regenschauer im schottischen Hochland.«
    Toni wandte sich wieder an McAlpine. »Aber Sie sagten doch, dass er als zuverlässig gilt.«
    Der Direktor machte aus seiner Betroffenheit keinen Hehl. »Er ist sehr gewissenhaft. Unentschuldigtes Fehlen würde mich bei ihm sehr wundern.«
    »Welcher Kollege ist das letzte Mal bei ihm gewesen?«, fragte Toni. Dass Michael nicht allein im Labor
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