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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman
Autoren: Ken Follett
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Augenblick wurde ihr klar, dass sie mit dieser Aufforderung gegen die Hackordnung verstoßen hatte: Er war der Polizist, sie die Zivilperson. Seinem Verständnis zufolge hatte er ihr Befehle zu geben, nicht sie ihm. Sein Stirnrunzeln verriet, dass er die Kränkung durchaus als solche empfand. Toni bemühte sich um mehr Verbindlichkeit. »Wie geht’s dir, Frank?«
    »Was geht hier vor?«
    »Ein Laborangestellter ist offenbar von einem Virus befallen worden. Wir haben ihn gerade in einem Quarantänefahrzeug abtransportieren lassen und sind jetzt dabei, das Haus zu dekontaminieren. Wo ist Jim Kincaid?«
    »Im Urlaub.«
    »Wo?« Toni hoffte, Jim erreichen und ihn wegen des Notfalls zurückholen zu können.
    »In Portugal. Er und seine Frau haben zufällig gerade mal gemeinsam frei.«
    Schade, dachte Toni. Kincaid versteht was von Biogefährdungen, Frank hat keine Ahnung.
    Er schien ihre Gedanken zu lesen. »Keine Angst«, sagte er und verwies auf ein mindestens zwei Zentimeter dickes fotokopiertes Dokument, das er in der Hand hielt. »Ich habe das Protokoll hier.« Es handelte sich um den Notfallplan, den Toni mit Kincaid ausgearbeitet hatte. Frank hatte offenbar während der Fahrt darin gelesen. »Zunächst einmal muss ich den Unglücksort sichern«, sagte er und blickte in die Runde.
    Toni hatte den Ort des Geschehens längst sichern lassen, verzichtete aber auf einen Kommentar. Frank brauchte etwas zur Selbstbestätigung.
    »He, Sie da!«, rief er den beiden uniformierten Beamten im Streifenwagen zu. »Parken Sie den Wagen vor der Einfahrt, und lassen Sie niemanden ohne Rücksprache mit mir rein!«
    »Gute Idee«, sagte Toni, obwohl diese Maßnahme in Wirklichkeit völlig unnötig war.
    »Als Nächstes müssen wir dafür Sorge tragen, dass niemand das Gelände verlässt.« Frank bezog sich wieder auf den Notfallplan.
    Toni nickte. »Außer meinem Team ist niemand hier – und meine Leute tragen alle Schutzanzüge.«
    »Mir gefällt das Protokoll nicht. Hier werden Zivilpersonen mit der Verantwortung für einen Verbrechensschauplatz betraut.«
    »Wie kommst du darauf, dass es sich um den Schauplatz eines Verbrechens handelt?«
    »Es wurden Proben eines Medikaments gestohlen.«
    »Nicht von hier.«
    Frank ließ ihr die Spitze durchgehen. »Wie hat euer Mann dieses Virus denn aufgeschnappt? Ich dachte, ihr tragt im Labor immer eure Schutzanzüge.«
    »Das muss die Gesundheitsbehörde rausfinden«, erwiderte Toni, um eine Ausrede bemüht. »Es hat keinen Sinn, jetzt darüber zu spekulieren.«
    »Habt ihr hier irgendwelche Tiere vorgefunden?«
    Toni zögerte.
    Frank genügte das. Er war ein guter Kriminalbeamter, weil ihm nur selten etwas entging. »Dann ist also so ein Versuchstier ausgekommen und hat den Angestellten infiziert, der gerade keinen Schutzanzug trug?«
    »Ich weiß nicht genau, wie es passiert ist – und ich möchte nicht, dass irgendwelche unausgegorenen Theorien in Umlauf kommen. Könnten wir uns vorerst einmal auf die Belange der öffentlichen Sicherheit konzentrieren?«
    »Okay. Aber die öffentliche Sicherheit ist nicht das Einzige, was dich umtreibt. Du willst auch deine Firma schützen – und deinen hochverehrten Herrn Professor Oxenford.«
    ›Hochverehrter Herr Professor‹ – was soll denn das schon wieder, dachte Toni, doch bevor sie reagieren konnte, hörte sie ein Klingeln aus ihrem Helm. »Ein Anruf für mich«, sagte sie zu Frank, nahm den Kopfhörer aus dem Helm und setzte ihn auf. Wieder klingelte es, dann rauschte es, bis die Verbindung stand. Schließlich meldete sich die Stimme eines Wachmanns in der Telefonzentrale des Kreml. »Ich habe hier Frau Dr. Solomons für Ms. Gallo.«
    »Hallo?«, sagte Toni.
    Jetzt war die Ärztin am Apparat. »Michael ist tot, Toni.«
    Toni schloss die Augen. »O Gott, Ruth, das tut mir so Leid.«
    »Er wäre auch gestorben, wenn wir ihn vierundzwanzig Stunden früher gefunden hätten. Ich bin mir fast sicher, dass er Madoba - 2 hatte.«
    »Wir haben getan, was wir konnten«, erwiderte Toni mit tränenerstickter Stimme.
    »Haben Sie eine Ahnung, wie das geschehen konnte?«
    Toni wollte in Gegenwart von Frank nicht zu viel sagen. »Michael empörte sich über die grausame Behandlung von Tieren. Außerdem hat ihn der Tod seiner Mutter vor ungefähr einem Jahr möglicherweise sehr belastet und ein bisschen aus dem Gleichgewicht gebracht.«
    »Armer Kerl.«
    »Ruth, die Polizei ist gerade bei mir. Ich rufe Sie später zurück.«
    »Okay.« Die Leitung wurde
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