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Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Einsatzort Vergangenheit (German Edition)

Titel: Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
Autoren: Sandra Neumann
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heute in meiner sechsten
Klasse das Thema „Altes Griechenland“ und das ist leider so gar nicht mein
Schwerpunktgebiet. Könnten Sie mir vielleicht einen kleinen Crashkurs geben?
Oder, wenn es Ihnen nichts ausmacht, könnten Sie mich doch einen Blick in Ihre
Unterlagen werfen lassen, Sie haben doch auch eine Sechste. Es ist sicherlich
eine Ausnahme. Normalerweise bin ich vorbereitet, aber dieses Wochenende…“
Dabei sah er mich so flehentlich an, dass es mir nahezu unmöglich war, ihm
seine Bitte abzuschlagen. Und wie bereits erwähnt, ich wollte nicht nachtragend
erscheinen.
    Seufzend
ging ich zu meinem Fach, suchte meine Unterlagen heraus und reichte sie ihm:
    „Von
meinen Schülern verlange ich, dass sie ihre Hausaufgaben nicht abschreiben! Ich
hoffe, dass das heute eine Ausnahme ist!“ Wenn ich wollte, konnte ich mich wie
eine Bilderbuchlehrerin benehmen, streng und unnachgiebig.
    „Frau
Simon, Sie sind meine Rettung! Ich mache mir nur schnell eine Kopie und dann
können Sie die Sachen wiederhaben. Danke, das werde ich Ihnen sicherlich nicht
vergessen.“
     
    In
der großen Pause traf ich erneut auf Herrn Berger, dieses Mal jedoch in
Begleitung von Herrn Schuhmann, die beiden schienen eine angeregte Unterhaltung
zu führen, wie aus der Gestik und Mimik des Direktors zu schließen war.
    „Frau
Simon, schön, dass ich Sie treffe. Ein Jammer, dass Sie eben nicht bei Herrn
Bergers Stunde dabei waren. Ich wollte mir persönlich ein Bild von seinem
Unterricht machen, deshalb bin ich heute in seine sechste Klasse gegangen.
Einen so tollen Unterricht habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Perfekte
Vorbereitung ist der Schlüssel zum perfekten Unterricht, sage ich immer und
Herr Berger hat heute gezeigt, dass er das Prinzip verstanden hat“, schwärmte
er mir vor. Ich hörte wohl nicht richtig, dieser Schleimbolzen hatte mir etwas
vorgeheult, damit ich ihm meine Unterlagen gab, und nutzte meine Ausarbeitungen
und Materialien nun dazu, um vor dem Direktor zu glänzen. Meine kleine unbedeutende
Rolle bei dieser Sache hatte er wohlweislich unter den Tisch fallen lassen. Ich
öffnete den Mund, um zu protestieren, aber in diesem Moment ertönte das Signal
zum Pausenende und Herr Schuhmann verschwand. Wütend wandte ich mich zu Herrn
Berger:
    “Was
fällt Ihnen ein? Meine Unterlagen zu nehmen, damit angeben und nicht mal den
Mumm haben zu sagen, dass ich ebenso daran beteiligt war. Wenn Sie mich nicht
hätten, dann hätten Sie heute ganz schön blöd ausgesehen. Haben Sie das bisher
immer so gemacht? Sind so Ihre tollen Referenzen entstanden?“ Zu sagen, dass
ich auf 180 war, war noch untertrieben. Ich hätte ihn in der Luft zerreißen
können diesen, diesen… Ich war so wütend, dass mir die Worte fehlten. Ich
fühlte mich hintergangen und ausgenutzt.
    „Es
tut mir leid, aber was hätte ich denn machen sollen? Hätte ich ihm sagen
sollen, dass ich mehr mit dem Mädchen beschäftigt war, dass ich am Wochenende
kennengelernt habe, als mich mit der Unterrichtsvorbereitung zu beschäftigen?“
Das konnte wohl nicht wahr sein! Er nutzte seine Frauengeschichten als billige
Ausrede! Nur schien er dabei vergessen zu haben, dass hier eine Frau, und kein
Kerl, vor ihm stand und ich somit mit seinem Geprahle, was seine Eroberungen
anging, herzlich wenig anfangen konnte. Ganz im Gegenteil: Fachten sie meine
Wut nur noch weiter an.
    „Wissen
Sie was? Was Sie in Ihrer Freizeit machen, interessiert mich nicht die Bohne
und ich will davon auch nichts hören! Sie sind mein Kollege und mehr auch
nicht!“ Inzwischen hatten schon einige Schüler unseren Disput zur Kenntnis
genommen und standen neugierig in unserer Nähe. Lehrer, die sich derart in der
Öffentlichkeit angifteten, gehörten keineswegs zum Schulalltag und so spitzten
alle neugierig die Ohren. Von meiner eigentlichen Vorbildfunktion war ich
gerade meilenweit entfernt, dieser Gedanke holte mich schlagartig auf den Boden
der Tatsachen zurück. Mit aller Kraft riss ich mich zusammen, zischte ihm ein
„Wir sprechen uns noch“ zu und machte auf dem Absatz kehrt, um den Weg ins
Lehrerzimmer anzutreten. Meine Stimmung war am Überkochen. An sich war ich ein
relativ gelassener Mensch, aber was sich dieser miese Kerl hatte einfallen
lassen, war jenseits dessen, was ich tolerieren konnte. Ich wollte ihn teeren
und federn, vierteilen, der Wasserfolter unterziehen und und und. Alles
hintereinander und schön langsam, damit es richtig wehtat! Bei dem Gedanken
daran, wie ich
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