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Einkehr zum toedlichen Frieden

Einkehr zum toedlichen Frieden

Titel: Einkehr zum toedlichen Frieden
Autoren: Martina Kempff
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Recht auf sein Erbe? Der Anstand verlangt, dass ich ihr
wenigstens die Hälfte anbiete. Dass wir gemeinsam überlegen, wie wir den
Nachfahren der Ausgenommenen einen Teil zukommen lassen können.
    Was hätte meine Mutter getan? Sich dieser Verantwortung entzogen und
sie jemand anderem übergeben? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Was sagt
Marcel Langer so oft: Das werden wir nie wissen.
    Ich frage in die Runde: »Was soll ich tun?«
    Vierstimmig kommt die Antwort: »Hierbleiben!«
    Ja, so etwas Ähnliches gibt mir mein Gefühl, dieses trügerische
Ding, auch ein. Hierbleiben. Aufräumen. Und zwar nicht nur das Dachgeschoss
meines Kehrer Domizils.
    »Was soll ich hier arbeiten?«, frage ich. »Mich etwa als Melkerin
oder Waldarbeiterin verdingen?«
    »Eine Gastwirtschaft aufmachen«, schlägt Langer vor.
    »Eine was?«
    »Sie haben mich gehört.«
    »Wie lange wollt ihr euch eigentlich noch siezen?«, fragt Gudrun
müde.
    Der Polizist sieht mich an. Wir denken das Gleiche. Wir haben es
nicht nötig, uns dem Druck irgendeiner Öffentlichkeit zu beugen. Auch wenn die
nur aus unseren Freunden besteht.
    »Ein Restaurant! Tolle Idee!«, ruft Hein. »Ich mache den Maître de
Plaisir.«
    »Und ich den Umbau«, meldet sich Jupp. »Kommt ja nur dein Haus hier
infrage, Hein. Nachdem du die Kühe verkauft hast. Ist doch perfekt. Katja wohnt
direkt gegenüber, du bei mir …«
    »… und als Kellnerin melke ich die Gäste statt der Kühe«, fällt ihm
Gudrun ins Wort. »Das gefällt mir. Vielleicht kann ich ja hier einziehen, wenn
ich mein Haus verliere …« Sie sieht mich unsicher an, fährt dann beherzt fort:
»Wir verkaufen die Kühe, Katja kocht, aber sie darf nicht ganz so
abenteuerliche Gerichte servieren. Sonst wird keiner kommen.«
    »Klar kommen alle«, wirft Hein ein. »Wo es hier doch außer dem Hotel
Balter nichts gibt!«
    »Darf man da eigentlich noch rauchen?«, fragt Jupp und steckt sich
eine an. »Du musst dafür unbedingt ein Hinterzimmer einrichten, Katja,
vielleicht im Eltern-Schlafzimmer.«
    Für dort gründlich die unheilvollen Schwingungen auszuräuchern, geht
mir durch den Kopf. Oje. Schon wieder ein Gedanke in Eifeler Deutsch.
    »Ha«, ruft Gudrun, »ein Hinterzimmer, für zu tuppen, das meinst du
wohl!«
    »Klar, wir müssen den Nachbarn doch ein Zimmer zum Karten anbieten!«
    »Das«, verkündet Marcel Langer würdevoll, »habe ich jetzt nicht
gehört.«
    »NRW fällt
auch nicht in deine Zuständigkeit«, weist ihn Hein zurecht.
    »Stimmt. Und ab und zu schätze ich ja auch einen Zigarillo.«
    »Mich fragt keiner«, werfe ich ein. »Vielleicht habe ich ja keine
Lust, für Eifeler Bauern zu kochen und ein Raucherzimmer einzurichten.«
    »Aber für Eifeler Polizisten?«, fragt Gudrun.
    Ich denke an Hauptkommissar Junk aus Prüm und die wunderbaren
Schinken, die er liefern könnte.
    »Vielleicht«, sage ich und spinne den Gedanken weiter. »Für Bauern,
Bauarbeiter, Eventmanager, Melkerinnen, Waldarbeiter, Touristen, Polizisten und
wer sonst noch auf der Kehr einkehren will. Einkehr. Wäre doch ein netter Name
für so ein Restaurant. Darüber denke ich später nach. Jetzt, liebe Leute, bin
ich müde und will schlafen.«
    Hein, Gudrun und Jupp stehen sofort auf.
    »Gute Nacht, Katja«, singen sie fast und sind weg, bevor ich
antworten kann.
    Klar, zwischen Marcel und mir soll jetzt irgendwas passieren. Damit
ich ganz sicher hier auf der Kehr bleibe und ein Restaurant mit dem Namen
»Einkehr« eröffne. Das uns allen die Zukunft sichern soll. Nachdem wir die
Vergangenheit gänzlich aufgeräumt haben.
    Marcel Langer zündet sich einen von Gerds Zigarillos an.
    »Was für ein Tag!«, sagt er und setzt fast vorwurfsvoll hinzu,
»Hören Sie, Katja, ich finde, Sie sollten es mir anbieten.«
    Überwältigt von so viel belgischer Höflichkeit, unbarmherziger
Direktheit und vor allem von der mitschwingenden Zärtlichkeit stimme ich zu:
»Da hast du völlig recht, lieber Marcel.« Natürlich betone ich seinen Namen auf
der ersten Silbe. So, wie sich das in der Eifel gehört.
    Was dann geschieht, ist eine völlig andere Geschichte.
    Von der ich, wie ich das manchmal so mache, später vielleicht
Einzelheiten preisgeben werde.

Ich danke
    meiner Nachbarin Nicole Quetsch für ihren Linus, der es
tatsächlich geschafft hat, mir die Angst vor Hunden auszutreiben, und dem ich
ein liebevolles Andenken bewahre,
    Polizeiinspektor Erwin Hannen von der Polizeizone Eifel in St. Vith,
der zwar bestens gebügelte Hemden,
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