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Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)

Titel: Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
Autoren: Kerry Wilkinson
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Schaulustigen? Den meisten Leuten würde ihre Sensationslust sicher vergehen, wenn sie miterleben müssten, womit sich die Polizei Tag für Tag auseinandersetzte.
    Rowlands klingelte an Stephanie Wilsons Tür und die für die Situation etwas zu heitere Melodie von
Greensleeves
erklang. Ein Constable öffnete die Tür und führte sie zur Küche.
    Das Haus hatte anscheinend den gleichen Grundriss wie das des Opfers. Direkt hinter der Haustür führte eine Treppe nach oben und seitlich davon ein Flur geradeaus zur Küche. An einem kleinen, runden Esstisch saß ein Paar mit großen Teebechern vor sich. Viel Platz gab es nicht, aber der Constable deutete auf die beiden freien Stühle am Tisch, nahm seinen Teebecher von der Anrichte und ging ins Wohnzimmer.
    Mrs Wilson war wesentlich kräftiger gebaut als ihr Mann und hatte schulterlanges, angegrautes Haar. Sie sah aus wie Anfang fünfzig, aber Jessica konnte das Alter von Leuten schlecht einschätzen. Die Frau hatte kein massives Übergewicht, neben ihrem kleinen, unscheinbaren Mann wirkte sie jedoch viel korpulenter, als sie tatsächlich war.
    Der Mann stand auf, um ihnen die Hand zu geben, und stellte sich vor. Er wirkte beim Sprechen sehr nervös. Er hatte seiner Frau zur Beruhigung eine Hand auf die Schulter gelegt, sprach sehr schnell und holte kaum Atem, während seine Frau den Blick auf den Tisch gesenkt hatte und nicht ein einziges Mal aufsah. »Hi, ich bin Ray. Das ist Steph. Es war Stephs Idee, Sie anzurufen, nicht wahr, Liebes?«
    Er sah sie an, aber sie reagierte nicht. Er setzte sich wieder und redete weiter. »Ich war mir nicht sicher, ob wir anrufen sollten. Ich wollte die Polizei nicht umsonst bemühen. Man liest ja immer wieder, dass Leute den Notruf wählen, weil sie ihre Pantoffeln nicht finden können oder so was.«
    Wahrscheinlich weil Mr Wilson ohne Luft zu holen drauflosredete, musste Jessica erst einmal tief durchatmen. »Ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten.«
    Sie machte eine Pause, und gerade, als sie weiterreden wollte, sah Stephanie zum ersten Mal auf, und ihr Blick traf Jessica. »Yvonne ist tot, nicht wahr?«
    Es war unmöglich, es ihr schonend beizubringen. »Ja, sie ist tot.«
    Stephanie ließ ein leises Schluchzen hören, das sich wohl schon länger angestaut hatte, während ihr Mann den Arm um sie legte und sie tröstete.
    »Leider müssen wir Ihnen einige Fragen stellen. Über alles, was Sie gesehen haben, und den Grund für Ihren Anruf bei der Polizei«, fügte Jessica hinzu.
    In einer solchen Situationen musste sie vorsichtig die Trauer eines Menschen gegen die Notwendigkeit abwägen, möglichst schnell zu handeln. Nach dem Zustand der Leiche zu urteilen, hatten sie schon einen oder zwei Tage verloren. Jessica wartete geduldig, während Stephanie sich in ein Papiertaschentuch schnäuzte, das Rowlands ihr gereicht hatte, und einen Schluck Tee nahm.
    »Mittwochs gehen wir immer zusammen in den Abnehmclub in der Schule hier in der Nähe«, sagte Stephanie. »Seit Anfang des Jahres. Yvonne hatte sich Ende letzten Jahres von ihrem Mann getrennt und ich … nun ja, es würde mir nicht schaden, ein paar Pfunde loszuwerden.«
    Rowlands hatte sein Notizbuch herausgeholt und schrieb mit, während Jessica weiter zuhörte. »Sie hatte dreieinhalb Kilo abgenommen und ich fast sieben. Ich konnte es kaum glauben. Normalerweise halten wir ein Schwätzchen bei einer Tasse Tee und lassen uns dann wiegen. Ich hatte ihr Dienstagmorgen eine SMS geschickt, nur irgendeinen albernen Scherz, und sie hat geantwortet: ›Bis morgen.‹«
    Stephanie nahm noch einen Schluck und sagte dann: »Aber am nächsten Tag keine Spur von ihr. Ich hatte ihr nachmittags noch eine SMS geschickt, um zu fragen, ob sie um die gleiche Zeit wie immer loswollte, aber keine Antwort bekommen. Um fünf bin ich dann wie immer bei ihr vorbeigegangen, aber sie hat nicht aufgemacht. Ihr Auto stand vor dem Haus – es steht immer noch da –, deswegen war ich überzeugt, dass sie zu Hause war. Aber sie reagierte nicht auf mein Klingeln, und als ich anrief, konnte ich im Haus ihr Handy läuten hören. Ich habe durch den Briefkastenschlitz gerufen, weil ich dachte, sie wäre vielleicht verletzt, aber immer noch keine Antwort. Ich habe durchs Fenster reingeschaut, konnte aber nichts sehen, und dann habe ich an der Haustür gerüttelt, aber sie war abgeschlossen.«
    »Hat sie allein gelebt?«, fragte Jessica.
    »Ja, Eric, ihr Mann, ist schon lang vor Weihnachten ausgezogen. Er wohnt
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