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Einfach Freunde

Einfach Freunde

Titel: Einfach Freunde
Autoren: Abdel Sellou
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Wort »Freundschaft« aussprechen. Obwohl er es nicht mag, sieze ich meinen »Freund« noch immer. Für mich ist und bleibt er ein Monsieur. Aus einem Grund, den ich nicht kenne, war ich nicht in der Lage, ihn mit seinem Vornamen anzusprechen. Das ist übrigens noch heute so. Und doch, beim Titel ** meines Buches ist das Du ganz natürlich gekommen, direkt aus dem Herzen.
    Am Tag nach der Sendung haben wir von der Produktionsfirma erfahren, dass die Sendung eine Spitzen-Einschaltquote erzielt hatte, als wir an der Reihe waren. Ich konnte es kaum glauben, aber stolz war ich noch immer nicht. Wie Monsieur Pozzo ganz richtig sagt, bin ich furchtbar arrogant und von mir eingenommen, aber ich will keinen Ruhm, ich möchte nicht, dass man mich auf der Straße erkennt, und bin auch nicht scharf darauf, Autogramme zu geben. Das ist keine Frage der Bescheidenheit: So was ist mir fremd. Es ist doch so, ich habe nichts getan, um die Bewunderung Unbekannter zu verdienen. Ich hab einen Rollstuhl geschoben und einen Mann, dessen Schmerzen mir unerträglich erschienen, mit Joints betäubt. Ich hab ihn durch ein paar schwierige Jahre begleitet. Sie waren schwierig für ihn, nicht für mich. Ich war, wie er sagt, sein »Schutzteufel«. Ganz ehrlich, es hat mich nicht viel gekostet und hat mir viel gebracht, oder um noch einmal die Formel aufzunehmen, die das Unbegreifliche erklärt: Wir sind schließlich keine Tiere …
    Auch als etwas später mehrere Filmteams unsere Geschichte fürs Kino bearbeiten wollten, habe ich nicht sofort zugesagt. Ich wurde natürlich gefragt, aber für mich war nur eine Antwort möglich: dieselbe, die der Pate gibt. Ich wollte nicht das Drehbuch lesen und habe auch nicht gefragt, wer die Rolle des Intensivpflegers übernimmt. Ich fühlte mich Jamel Debbouze nah, aber es war mir klar, dass er dafür nicht der Richtige war! Nach dem Dreh hab ich entdeckt, dass ich mit Omar Sy viele Gemeinsamkeiten habe: Er ist nicht nur wie ich in einer Cité aufgewachsen, sondern auch von anderen als seinen leiblichen Eltern aufgezogen worden. Auch er wurde als Geschenk angeliefert. Ich habe ihn zum ersten Mal in Essaouira getroffen, wo Khadija – Monsieur Pozzos zweite Frau – eine Überraschungsparty zum sechzigsten Geburtstag ihres Mannes organisiert hat. Er hat sich neben mich gesetzt, ganz einfach, er war offen und natürlich. Wir haben uns unterhalten, als hätten wir uns schon immer gekannt.
    Der Film hat mich überrascht. Während ich auf der Leinwand die Szenen verfolgte, sah ich sie gleichzeitig so wieder, wie sie sich in Wirklichkeit ereignet haben. Ich sah mich noch einmal mit fünfundzwanzig Jahren den Bullen weismachen, dass mein Chef Probleme mit dem Blutdruck hat und schleunigst ins Krankenhaus muss, eine Frage von Leben und Tod! Ich hab mich gefragt: War ich wirklich so leichtsinnig? Und warum hat er mich bei sich behalten? Ich glaube, dass weder er noch ich, noch irgendjemand sonst jemals in der Lage sein wird, so etwas Verrücktes zu begreifen. Als ich an seiner Tür klingelte, war ich noch nicht dieser selbstlose Typ. Olivier Nakache und Éric Tolédano haben ein Double von mir geschaffen. Einen zweiten Abdel, aber einen besseren. Sie haben aus meiner Figur einen Filmstar gemacht, genauso wie aus der Figur von Philippe, den François Cluzet verkörpert. Es war offensichtlich die beste Lösung, das Drama in eine Komödie zu verwandeln, um so dem Wunsch von Monsieur Pozzo zu entsprechen: Er wollte, dass man über sein Unglück lacht, um nicht in Mitleid und kitschige Gefühle abzurutschen. Ich glaube, ich hab nicht mal einen Vertrag für den Film unterzeichnet. Warum hätte ich einen unterschreiben sollen? Was habe ich, Abdel Yamine Sellou, ihnen denn abgetreten? Im besten Fall ein paar Gags. Und sogar diese Gags gehören Monsieur Pozzo, denn er hat sie herausgelockt. Im wirklichen Leben bin ich nicht sein ebenbürtiger Partner, da bin ich kaum eine Nebenrolle, gerade mal ein Komparse. Ich bin nicht bescheiden: Ich bin der Beste. Aber was ich getan habe, war wirklich ganz einfach.
    Nach dem Fernsehen und dem Kino kamen die Verleger auf mich zu. Diesmal direkt. »Wir kennen Driss, jetzt möchten wir Abdel kennenlernen«, sagten sie. Ich habe sie gewarnt: Der kleine Araber mit dem Bauchansatz ist vielleicht nicht ganz so sympathisch wie der große Schwarze mit den Diamantzähnen. Sie lachten
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