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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben
Autoren: Peter Ploeger
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sind große Teile des ehemalsallgemein zugänglichen Naturraums oder der Gemeingüter in private Hände gegangen und werden durch (Über-)Nutzung zum Teil erheblich verändert (zum Beispiel durch Umweltverschmutzung) und für eine spätere Nutzung unbrauchbar gemacht.
    Diese drei grundlegenden Punkte tauchen in wechselnder Formulierung bei vielen der Selbstorganisierer auf. Keiner von ihnen ist neu, sie sind in anderer Form bereits von vielen Seiten vorgebracht worden, von den frühen Kritikern des Kapitalismus bis zur Ökologiebewegung oder den Globalisierungskritikern der jüngsten Zeit. Sie erschöpfend zu diskutieren würde Bände füllen – die ebenfalls Argumente für die kapitalistische Wirtschaftsweise enthalten würden: Immerhin haben die westlichen Industrieländer ein Niveau der Ausstattung mit materiellen Gütern erreicht, das vorher undenkbar gewesen wäre. Gleiches gilt für die medizinische Grundversorgung oder die Verfügung über Mobilitätsmittel wie Autos (die Tatsache, dass es in diesen Bereichen überhaupt eine so breite und gute Grundversorgung gibt, ist an sich schon ein bemerkenswertes historisches Faktum). In einem dialektischen Prozess des Interessenausgleichs haben Sozialstaat, Wirtschaft und Interessenverbände außerdem dafür gesorgt, dass die zur Frühzeit des Kapitalismus noch erschreckenden Armutsfolgen und existenziellen Risiken in den Industrieländern entscheidend abgemildert wurden.
    Ich möchte die Kritik, die kapitalistische Marktwirtschaft produziere Risiken, blinde Flecken und Hindernisse, dennoch sehr ernst nehmen. Die Bedenken, die die Menschen in diesem Buch umtreiben, bewegen sie aus gutem Grund zum Handeln. Und sie alle bleiben bei der Kritik nicht stehen, sondern tun etwas dafür, dass sich mindestens für sie selbst etwas ändert und wenn irgend möglich auch für das große Ganze. Um sie allein geht es in diesem Buch: um die selbst organisierte Gesellschaft.
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    »Der Kapitalismus ist kein Erfolg. Er ist weder intelligent noch schön, er ist weder gerecht noch tugendhaft – und außerdem funktioniert er nicht. Kurz gesagt, wir mögen ihn nicht und fangen an, ihn zu verachten. Wenn wir allerdings darüber nachdenken, was wir an seine Stelle setzen sollen, sind wir völlig ratlos.« John Maynard Keynes schrieb seine Einschätzung des Kapitalismus nieder, als dieser seinen weltweiten Triumphzug, das »Wirtschaftswunder«, hierzulande erst noch vor sich hatte; zu einer Zeit, als ihm im Staatssozialismus des »Ostblocks« erst noch ein ernsthafter Konkurrent erwachsen sollte, mit dem gemeinsam man sich zu zwei monolithischen ideologischen Blöcken hochstilisieren konnte. Ein wenig verwundert das Keynes-Zitat also schon. Wenn die kapitalistische Marktwirtschaft schon so lange so kritikreif ist, wo sind dann die gelebten Alternativen? Sind tatsächlich alle die ganze Zeit über so ratlos gewesen, wie Keynes vermutet?
    Vielleicht musste erst die Wohlstandstrance des Wirtschaftswunders abflauen und der große Gegner Sozialismus seine Fahne streichen, bevor der Kopf wieder frei war für eine Vorstellung von dem, was an die Stelle des Kapitalismus treten könnte – beziehungsweise wie er verändert werden sollte, damit er den Menschen eher entspricht, denn wer sagt, dass man das Kind mit dem Bade ausschütten muss? Neue Ideen sind gefragt. Die Menschen in diesem Buch haben genügend davon.
    Ihre Alternativen sind keine großen Würfe wie der Kommunismus/Sozialismus. Sie verzichten auf ausgearbeitete Theorien über die Gesellschaft und wie sie sein sollte, wollen keine religionsgleichen politischen Ideologien ins Dasein bringen. Sie finden ihre Alternativen im Kleinen, vor Ort, in der alltäglichen Praxis. Der eine verzichtet auf den Möbelkauf, um sich Stühle und Schränke künftig selbst in wochenlanger Arbeit in einem Haus der Eigenarbeit zu tischlern. Die andere findet eine Joggingbegleitung und selbst gemachte CD-Racks im Magazin ihres Tauschringes (und nirgendwo sonst). Die Dritte pflanzt wild Blumen auf Grundstücke, die ihr nichtgehören, um ihr vernachlässigtes Stadtviertel zu begrünen und damit lebenswerter zu machen.
    Aus dem Privaten und dem lokal Begrenzten kann, wenn es mehr und mehr Menschen zum Handeln anregt, ein dritter Weg entstehen, der den beiden gleichermaßen wenig gangbaren großen, Kapitalismus und Sozialismus, in einigen Zügen ähnelt, aber doch eine ganz eigene Lösung für das Problem »Wie sollen wir wirtschaften?« darstellt. Am
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