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Eine Zuflucht aus Rosen

Eine Zuflucht aus Rosen

Titel: Eine Zuflucht aus Rosen
Autoren: Colleen Gleason
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Anklage nicht mehr auf ihrem Gesicht zu entdecken war, konnte er darin Trauer und Schmerz erkennen. Er trauerte mit ihr, aber er konnte nichts dagegen tun. Er hatte diese Pein verursacht. Außer vielleicht indem er sich an Fantin de Belgrume rächte – in ihrem Namen wie auch in seinem eigenen.
    * * *
    Als Gavin, Lord von Mal Verne, beim Hofe der Königin gemeldet wurde, verstummten der Tratsch und das Gekicher jäh und die Damen drehten sich alle fasziniert um, damit sie den großen Mann von rauem Aussehen beobachten konnten, wie er in die Gemächer schritt. Er ging direkt zu Eleonore und kniete nieder, um ihren Ring zu küssen, und als ein verhaltenes Lächeln über sein hartes Gesicht huschte wegen etwas, was sie ihm leise zumurmelte, nahmen auch das viele Augen wahr.
    Judith, die in einer nahe gelegenen Ecke saß und an einem Hochzeitsgewand für eine der Damen stickte, stand auf, als er sich aus seiner Verneigung über der Hand der Königin wieder erhob. Rasch ging sie auf ihn zu, in der Hoffnung so ihrer Freude über seinen Besuch deutlich Ausdruck zu verleihen. Schon in ihrer Kindheit waren sie befreundet gewesen – obwohl Gavin fast sieben Jahre älter war als sie. Ihr Vater war Gavin ein Pflegevater gewesen und Gavin war der ältere Bruder, den sie nie gehabt hatte. Das Zerwürfnis zwischen ihnen beiden hatte ihr daher fast ebenso viel Kummer bereitet wie der Tod von Gregory selbst.
    „Gavin!“ Sie lächelte und streckte ihm die Hände entgegen, wobei sie die interessierten Blicke der anderen Damen ignorierte.
    Mal Verne hatte bei Hofe einen gewissen Ruf, der eine Mischung aus Faszination und Schaudern unter den Damen hervorrief – entweder berieten sie sich, wie man diesen Panzer, der ihn wie eine Rüstung umgab, durchbrechen könnte, um an sein Herz zu kommen, oder man wisperte, da gäbe es gar kein Herz zu erobern. Er wandte sich um und obwohl sie da vor ihm nur Wärme und ein herzliches Willkommen ausstrahlte, sah sie, dass in seinen Augen immer noch Zaudern und Furcht stand.
    „Lady Judith“, sagte er ganz förmlich und nahm ihre Fingerspitzen ganz zart in seine großen, narbenbedeckten Hände. „Ihr seht gut aus, wie stets. Wie ist es Euch ergangen?“
    Enttäuschung ergriff da von ihr Besitz. Er sah abgezehrt und hart aus, sein Gesicht wie in Stein gemeißelt, seine grauen Augen kühl und ausdruckslos wie Marmor. Es war, als würde er in sich zusammenfallen, wenn er nur ein einziges Gefühl zuließe.
    Judith drückte seine Hände und versuchte, wie sie es stets tat, ihm zu zeigen, dass sie ihm jenen Tag vor so vielen Jahren schon verziehen hatte ... und, wie stets, schien er nicht zu verstehen und blieb unnahbar und kühl. „Mir geht es natürlich gut – wie könnte das nicht sein, hier bei der Königin?“
    Sie ließ eine Hand in die Beuge seines Armes gleiten und zog ihn weg von den neugierigen Augen und Ohren der anderen Hofdamen. „Aber Ihr ... Gavin, seid Ihr krank gewesen?“ Sie setzte sich auf die mit Polstern versehene Bank in einem kleinen Alkoven und schaute zu ihm auf, wie er hoch über ihr stand.
    Nach einem kurzen Moment des Zögerns setzte er sich dann doch neben sie. „Nichts als ein kleiner Schnitt seitlich an der Brust“, sagte er wegwerfend. „Eine Nonne in einem Kloster jener Gegend hat sich darum gekümmert.“
    „Ihr seht erschöpft aus.“ Erneut versuchte sie den Graben zwischen ihnen zu überbrücken.
    „Ich bin von York hergereist und ich habe nicht Rast gemacht, seit meinem Aufbruch dort. Es ist nichts weiter.“ Er verzog die Lippen zu einem halbherzigen Lächeln. „Judith, ich kam lediglich hierher, um Euch um eine Information zu bitten – ich möchte Euch nicht von Euren Pflichten oder von Euren Freunden fernhalten.“
    Sie schluckte und blickte weg. Wenn er sich ihr nur etwas öffnen würde und seine Schuldgefühle einmal beiseite legen würde, würde er erkennen, dass sie sich über seinen Besuch freute, anstatt deswegen erzürnt zu sein. Seit dem Tod ihres Papa war Gavin alles, was sie noch an Familie hatte ... und er hatte sich seit dem Tod von Gregory geweigert dies anzuerkennen, aus Furcht sie als ihr einziger Familienangehöriger zu beschämen. „Es würde mir viel Freude bereiten Euch zu helfen, wenn ich dazu in der Lage bin, Cousin.“
    „Ihr seid eine Zeit lang zusammen mit Belgrumes Tochter aufgewachsen, nicht wahr?“
    „So ist es, Gavin. Ich weiß, dass ich schon bei mehreren Gelegenheiten von jenem Jahr in Kent zu Euch sprach. Ich
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