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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition)
Autoren: Brian Keene
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war.
    Levi lockerte seine Knie und ließ sich von ihrem vereinten Gewicht und der Wucht ihres Angriffs nach hinten schleudern. Er betete, dass sie ihm folgen würden, und sein Flehen wurde erhört. Sie ließen nicht etwa von ihm ab, sondern bohrten ihre Krallen noch tiefer in seine Haut. Halb blind vor Schmerzen krachte Levi gegen die Tür zur Vorratskammer und polterte gemeinsam mit den Wiedergängern in den Raum hinein. Seine Gegner waren zu aufgebracht, um zu bemerken, dass sich ihre Umgebung abrupt verändert hatte. Levi biss sich auf die Unterlippe, um einen Schrei zu unterdrücken, und ließ den Fuß vorschnellen, um die Tür zuzutreten.
    Esthers Speisekammer verschwand – und zusammen mit ihr der Rest der Welt.
    Langsam erlahmte der Angriff. Einer nach dem anderen zogen sich seine Gegner von ihm zurück und rappelten sich auf. Sprachlos schauten sie sich um. Levi tat es ihnen gleich. Den bedeckten Himmel füllten gräulich-gelbe Nebelwolken von so imposanter Größe, dass sie fast wie schwebende Landmassen wirkten. Der weiche Boden fühlte sich schwammig und glitschig an. Weiße, faserige Stränge, vergleichbar mit Pfirsichflaum, drängten sich an die Oberfläche. Feuchtigkeit sickerte durch Levis Kleidung, und als er die Hände davon löste, waren seine Finger nass. Seine Haut fühlte sich schleimig an, als hätte er Regenwürmer oder Schnecken berührt.
    Die Landschaft wies keine besonderen Merkmale auf, sah man von verschiedensten Pilzwucherungen in abstoßenden grauen und weißen Schattierungen ab. Manche waren winzig, andere so groß wie Mammutbäume. Der durchdringende Geruch von Schimmel schwängerte die Luft. In weiter Ferne kämpfte sich ein zähflüssiger schwarzer Fluss wie Teer durch die karge Landschaft. Darüber spannte sich eine gigantische Brücke, die zur Gänze aus verfaulten Strukturen bestand. Dahinter ragten am Horizont gewaltige graue Berge in den giftigen Himmel, trostlos und irgendwie vulgär. Der Anblick ihrer Gipfel erfüllte Levi mit Beklommenheit. In ihren Schatten wartete eine Stadt aus fensterlosen schwarzen Türmen. Auf der höchsten Erhebung zeichnete sich eine riesige geometrische Skulptur ab, ein leuchtender Trapezoeder, der Licht in das darunterliegende Tal warf. Trotz der immanenten Gefahr ergriff Levi angesichts seiner gewaltigen Dimensionen eine tiefe Ehrfurcht. Er hatte von dem Monolithen gelesen, aber ihn tatsächlich zu sehen, den leuchtenden Trapezoeder mit eigenen Augen zu betrachten … dem Anblick konnte keine Beschreibung dieser Welt gerecht werden.
    Die Schatten rührten sich.
    »Was ist das für eine Gaunerei, kleiner Magus?«
    Stöhnend kam Levi auf die Beine. Arme und Rücken, Brust und Gesicht – überall war Blut. Er hatte sich den Zeigefinger der rechten Hand gebrochen, das rechte Handgelenk schien zudem verstaucht zu sein. Es schwoll bereits an, und die Schmerzen verursachten ihm Übelkeit.
    »Keine Gaunerei. Ich habe versprochen, dass ich euch in Esthers Haus nichts antun würde, und ich habe Wort gehalten und euch an einen anderen Ort gebracht.«
    »Du sprichst in Rätseln.«
    »Aber nein. Und nun begrüßt eure neue Heimat, meine Herren.«
    Knurrend drehten sie sich zu ihm um. Ihre langen Klauen waren zu Fingern geschrumpft, ihre Kleider und Gesichter längst nicht mehr so dunkel.
    »Erspart euch den Versuch, eure Gestalt zu verändern«, fuhr Levi fort. »Dazu seid ihr nämlich nicht mehr in der Lage. Wenn ich recht habe – und ich vermute, dass dem so ist –, dürftet ihr an diesem Ort keinerlei Macht besitzen.«
    »Meebles Stärke folgt uns, wohin wir auch gehen. Sie wohnt in uns.«
    »Auf der Erde vielleicht, aber nicht hier. Wir halten uns nicht länger innerhalb des Hoheitsgebiets eures Meisters auf.«
    Grunzend vollführte der Größte der Fünf eine verächtliche Geste mit der Hand und richtete sich zu voller Höhe auf. »Nach all deinen großen Worten hast du trotz allem das Unvermeidliche lediglich hinausgezögert, Levi, Sohn des Amos. Du magst in der Lage sein, die Wege des Labyrinths zu beschreiten, aber uns hierherzubringen, wird dich nicht retten. Was kümmert meine Brüder und mich die Verlagerung des Schauplatzes? Wir werden auch diese Welt in Schutt und Asche legen, so wie wir es mit deiner getan haben. Die hiesige Bevölkerung wird die Macht unseres Meisters am eigenen Leib erfahren, und wir werden uns an ihnen laben.«
    »Dann los. Hinterlasst eure Spuren. Schnitzt Croatoan in den Stamm von einem dieser Pilzgewächse. Verewigt
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