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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady
Autoren: Emma Wildes
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darin mitschwingenden Anmaßung, er könne alles in ihrem Leben bestimmen oder ihr sogar eine Lektion in Anstand erteilen. »Ich bin mit Melinda Cassat und ihrem Ehemann dort gewesen. Ich war also nicht allein. Ihr braucht Euch keine Sorgen um mein Wohlbefinden zu machen.«
    Franklin lehnte sich leicht vor. Er war elegant gekleidet, doch passte seine Kleidung eher zu einem Höfling denn zu einem Gentleman, der morgens bei einer Lady vorsprach. Spitze bauschte sich an seinem Hals und seinen Ärmelaufschlägen. »Ah, aber vergesst nicht, dass Ihr meine verwitwete Cousine seid. Sorgen darf ich mich also schon.«
    »Bitte, macht Euch keine Umstände.« Sie wollte keine irgendwie geartete Verbindung zur Wynn-Familie halten, und in Franklins Gegenwart fühlte sie sich stets unwohl. Wenn sie eine Vermutung anstellen sollte, dann ging es bei seiner Besorgnis um ihr Wohlergehen weniger um ihre Person als vielmehr darum,
wie viel Geld Edward ihr hinterlassen hatte. Glücklicherweise hatte Edwards letzter Wille den Protesten seines Cousins standgehalten. Die ganze Angelegenheit war nur eine weitere Lektion darin, wie schwer man sich die eigene Unabhängigkeit erkämpfen musste.
    »Eure Wiedereinführung in die Gesellschaft ist für mich von immenser Wichtigkeit.« Sein gefühlloser Blick schien sich direkt durch sie hindurchzubohren.
    »Ich kann mir nicht denken, warum das so sein sollte. Ich lebe zum größten Teil ein zurückgezogenes Leben und beginne gerade erst, die eine oder andere Einladung anzunehmen, aber …«
    »Vielleicht solltet Ihr mich um Rat fragen, an welchen Veranstaltungen Ihr guten Gewissens teilnehmen könnt.«
    Ihre Verärgerung nahm zu. »Ich bin eine Witwe«, wies sie ihn scharf zurecht. Da er es war, der bei ihr vorgesprochen hatte und darauf beharrte, ihr beständig Vorhaltungen zu machen, fügte sie unklugerweise hinzu: »Mit meinem eigenen Vermögen.«
    Es war nun an ihm, irritiert zu sein, denn dieses Thema war eine offene Wunde. Es dauerte einen Moment, ehe er antwortete, denn er kämpfte offenbar mit seiner aufflammenden Wut. »Ich kenne Eure Finanzen allzu gut, meine Liebe. Ich weiß auch, dass Ihr sehr jung und durchaus im heiratsfähigen Alter seid. Da draußen gibt es genug skrupellose Gentlemen, und es ist meine Pflicht, Euch zu beschützen.«
    Was auch immer Caroline darauf geantwortet hätte, wäre vermutlich harsch und unklug gewesen, doch sie biss sich zum Glück auf die Zunge. Sie blickte zu den hellen Wänden und den luxuriösen Stoffen hinüber, die ihr ein Gefühl von Unabhängigkeit schenkten. Sie wünschte, das Antwortschreiben von Rothay wäre nicht gerade in ihrer ziemlich feuchten Hand zusammengeknüllt. Sie hätte durchaus die Selbstbeherrschung in
Franklins Gegenwart wahren können, wenn nicht dieses prekäre Stück Pergament beständig ein Loch in ihre Handfläche brennen würde. Ihr Butler hatte es ihr gleichzeitig mit der Ankündigung ihres ungewollten Besuchers gebracht, und dabei war Caroline doch schrecklich neugierig. Sie wollte Franklin loswerden und Rothays Antwort lesen. Das Schreiben fühlte sich wie ein heißglühendes Stück Kohle an, das sie so weit wie möglich von sich werfen sollte.
    Wenn Franklin wüsste, was sie in der Hand barg, hätte er ihren Namen mit dem größten Vergnügen verleumdet. Sie machte sich nichts vor, wessen er fähig war, wenn sich ihm die Gelegenheit bot.
    »Melinda und ihr Mann waren eine durchaus angemessene Begleitung für mich, und niemand ist ungebührlich an mich herangetreten. Da ich noch nie auf der Rennbahn gewesen bin, war ich nicht sicher, was mich erwarten würde. Es war alles sehr aufregend.«
    Das war es, von der elegant gekleideten Menschenmenge, den überschwänglichen Schreien und der kolossalen Pracht der schlanken Pferde bis zu dem Moment, in dem sie einen tiefen Atemzug nahm, weil sie den Duke of Rothay und Lord Manderville erblickte. Sie waren sehr unterschiedlich: der eine von jener dunklen, männlichen, geradezu teuflischen Schönheit, wohingegen der andere einem goldenen Apoll glich. Sie waren sich ähnlich und doch so verschieden, bewegten sich ungezwungen und offenbar ihres schlechten Rufs bewusst durch die Menge. Das Wispern und die verstohlenen Blicke interessierten sie einfach nicht, als existierten für sie andere Gesetze, die sie das Drehen der Köpfe und das Flüstern hinter vorgehaltener Hand ignorieren ließen.
    Was würde Melinda wohl sagen, wenn sie wüsste, dass sich das Antwortschreiben von Rothay -
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