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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady
Autoren: Emma Wildes
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hielt das Schreiben mit zwei Fingern weit von sich. »Schau dir das an, Derek.«
    Sein Freund nahm das gefaltete Stück Papier, und sein Interesse wuchs sichtlich, während er die Worte studierte. Wie auch Nicholas zuvor, las Derek den in akkurater Handschrift verfassten Brief zweimal, ehe er aufblickte. »Nun, das klingt vielversprechend, nicht wahr?«
    »Es ist nicht unser erstes Angebot.« Nicholas nahm einen Schluck von dem französischen Brandy, der sich in seinem Mund wie warme Seide anfühlte. Da der Brandy eingeschmuggelt werden musste, hatte Nicholas ein kleines Vermögen dafür bezahlt, doch er war das Geld durchaus wert. »Aber ich muss gestehen, mir gefällt die direkte Art der Lady.«
    »Eine Herausforderung an unsere Herausforderung. Ja, das ist einfallsreich. Ich bewundere sie schon jetzt. Es wäre trotzdem
nett, ihre Identität zu erfahren.« Dereks Mund verzog sich, als er laut vorlas: »›Wenn Ihr mir völlige Diskretion zusichert und eine unparteiische Richterin für Eure lächerliche Wette wünscht, werde ich Euch helfen. Aber seid gewarnt; meine bisherigen Erfahrungen in Bezug auf die Dinge, die zwischen Männern und Frauen geschehen, haben mich nicht beeindruckt. Wenn Ihr an einem Treffen interessiert seid, um diese Sache zu besprechen, bin ich gern bereit, Eurer Einladung zu folgen.‹«
    Das war klug, dachte Nicholas. Sie benutzt diese abwertende Bemerkung über ihre bisherigen sexuellen Enttäuschungen, um unser Interesse anzustacheln. Die Lady hatte recht, wenn er sich gestattete, ehrlich zu sein; die Wette war lächerlich und in einem Moment geboren worden, als Derek und er mehr als bloß angetrunken waren.
    »Ich nehme in dieser Nachricht eine kleine Beleidigung wahr«, kommentierte Nicholas amüsiert. »Ein Angebot mit Ecken und Kanten. Unsere geheimnisvolle Lady hat Mumm. Das gefällt mir.«
    »Ist das so?« Derek warf ihm einen nachdenklichen Blick zu. Sie neigten dazu, Frauen mit demselben sexuellen Interesse zu betrachten, das vor allem darauf abzielte, sich nicht in eine emotionale Abhängigkeit zu begeben. Sexuelle Eroberung war ein Spiel, und sie waren beide geübte Spieler.
    Nicholas führte seinen Gedanken nicht näher aus. Er spürte den wachsenden Druck, sich zu verheiraten, der von der Gesellschaft und seiner Familie gleichermaßen ausgeübt wurde. Es wurde von ihm erwartet - das hatte er immer gewusst -, aber wenn er sich seinen Unwillen eingestand, eine Frau zu suchen, hieß das für ihn, dass er sich auch einigen Wahrheiten über sich selbst stellen musste, wozu er noch nicht bereit war.
    Alle Männer machten Fehler. Sein denkwürdiger war katastrophaler Natur gewesen. Aber andererseits war diese weit zurückliegende
Katastrophe allein seine Sache. Sie entstand einst, weil er jung und unerfahren war. Und er hatte diesen Fehler seitdem auf jede nur erdenkliche Weise getilgt. Dazu gehörten offensichtlich nun auch verrückte Wetten der außergewöhnlichen Art. Mit erzwungenem Gleichmut behauptete er: »Natürlich. Eine abenteuerlustige Frau ist im Schlafzimmer stets anziehend, findest du nicht?«
    »Ich stimme mit dir darin überein, dass unser Ruf kaum mehr leiden kann, als er es bereits getan hat. Also warum nicht?«
    Das kleine Wörtchen Verlegenheit existierte in Nicholas’ Wortschatz nicht. Er hatte bereits vor langer Zeit begriffen, dass Klatsch ein unvermeidlicher Teil der Londoner Gesellschaft war. Es bedurfte eines zu großen Aufwands und brachte wenig ein, wenn man versuchte, Skandale zu vermeiden. Derek und er waren sich jedoch einig, dass es besser gewesen wäre, wenn sie ihren Wettstreit nicht schriftlich fixiert und einen so großen Betrag auf den Ausgang gesetzt hätten. Jetzt herrschte im haut ton aufgeregtes Raunen.
    Er warf Manderville ein müdes Lächeln zu. »Es gibt vermutlich keine Möglichkeit, den Köder nicht zu schlucken, stimmt’s? Bisher kamen die Angebote eher von Frauen zweifelhaften Rufs, die uns bei dieser Wette beispringen - und in unsere Betten hüpfen - wollten und unsere Bekanntheit auszunutzen gedachten. Dieses Angebot aber klingt ein wenig anders. Sie will offensichtlich Anonymität.«
    »Ich habe nichts gegen eine erfahrene Frau, aber ich stimme dir zu: Die Verschwiegenheit, um die sie uns ersucht, gibt der Sache eine überraschende Wendung.« Derek klopfte mit dem Finger gegen das Blatt Papier. »Sie könnte perfekt sein. Hauptsache, sie ist nicht unattraktiv oder eine unverheiratete junge Dame, die nach Vermögen und Titel
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