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Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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und fingen an, eigene Meisterschaften auszutragen.
    Trotzdem blieben ihre Idole die menschlichen Fußballspieler, die sie aus den Übertragungen kannten – Pelé, Franz Beckenbauer, Cubillas, Gerd Müller, Rivelino und so weiter.
    Der Witz ist nämlich: Die Endoraner sind zwar verrückt nach Fußball – aber sie können’s nicht wirklich gut. Und sie sind klug genug, das selber zu wissen.
    Das hat einfach biologische Gründe. Die Endoraner haben eine weitgehend andere Entstehungsgeschichte und sind folglich ganz anders gebaut als wir Menschen. Sie sind geschickter als wir, aber nicht so stark. Wenn es darum geht, zu rennen, sind sie unglaublich spurtstark, um nach spätestens zwanzig Metern außer Puste zu kommen. Sie verlieren leicht die räumliche Orientierung. Ein Kopfball ist für sie ein Ding der Unmöglichkeit, weil sie nicht die Muskulatur besitzen, die man dazu bräuchte.
    Logisch, dass sie den Fußball nicht selber erfunden haben.
    Rätselhaft, dass sie trotzdem so einen Narren daran gefressen haben. Sie nennen es n’ikk’’d’jub, was mein Endoranisch-Lexikon übersetzt als vergnügliches Ballspiel.
    Diese Wesen also schwebten 2006 über dem Dortmunder Westfalenstadion und schickten aus ihrem Raumschiff heraus ein Fax (ich habe mich immer gefragt, wer letztendlich die Telefongebühren dafür bezahlt hat) an die FIFA, in dem sie sich vorstellten und höflich anfragten, ob es denkbar wäre, dass ihre Auswahlmannschaft sich an der Fußballweltmeisterschaft beteiligte.
    Die nächsten vier Jahre vergingen mit allerlei Aktivitäten, wie sie ein Erstkontakt mit fremden Wesen von einem fremden Stern nun einmal so mit sich bringt. Die Wissenschaftler waren aus dem Häuschen, die Raumfahrtingenieure hatten Depressionen und die Politiker Zustände. Jedenfalls sagt mein Großvater das, und obwohl er gelegentlich zu Übertreibungen neigte, glaube ich, dass das eine Zeit gewesen sein muss, der man nicht anders als mit Übertreibungen beikommt, wenn man von ihr erzählen will.
    Jedenfalls, unter allem anderen befasste sich die FIFA eingehend mit dem Anliegen der Endoraner. Man beriet sich mit Medizinern, menschlichen wie endoranischen, führte Bewegungsstudien und Testspiele durch und so weiter auf der Suche nach Regeländerungen, die dafür sorgen würden, dass ein Spiel zwischen einer irdischen Nationalmannschaft und der endoranischen Auswahl nicht mit sterbenslangweiligen 100:0 ausging. Man experimentierte mit anderen Bällen, kleineren Toren und so fort, und führte schließlich die Zusatzregel ein, die bisheute gilt, dass nämlich die endoranische Mannschaft mit 13 Spielern antritt.
    Chancengleichheit schafft das nicht wirklich. In den Weltmeisterschaften seither ist die Equipe von Endora noch nie über die Vorrunde hinausgekommen, eigentlich auch noch nie über den letzten Gruppenplatz. Die Endoraner brauchen sich nicht an den Qualifikationen zu beteiligen, werden heutzutage aber ausgelost wie alle anderen auch und sind aus verständlichen Gründen sehr beliebt als Gruppenmitglieder.
    Im Jahr 2010, der ersten sozusagen intergalaktischen Fußballmeisterschaft, wurde es allerdings noch so arrangiert, dass die erste gültige Begegnung zwischen Endora und dem Mutterland des Fußballs, England, stattfand. Das war das ohne Frage meistgesehene Fußballspiel aller Zeiten, und es endete mit wenig überraschenden 9:0 Toren für die Engländer.
    Zur allgemeinen Verblüffung machte das den Endoranern nicht das Geringste aus. Sie feierten ihre Mannschaft mit ansteckender Ausgelassenheit, und nach den Vorrundenspielen hockten sie immer noch im Publikum, schwenkten Fahnen ihrer Favoriten, bemalten sich die großäugigen Gesichter, stimmten fremdartige Gesänge an (von denen, was wenige wissen, heute übrigens mindestens zwei zum Standardrepertoire in Stadien gehören, selbst bei Bundesligaspielen und ohne dass auch nur ein Endoraner anwesend ist), tanzten in den Straßen, na ja, und damals stellte sich dann auch heraus, dass man Endoraner mit Alkohol in keiner Weise beeindrucken kann.
    Seither gehören sie zu einer Fußball-WM wie das Endspiel oder der Pokal.
    Großvater meinte auch, dass das alles eigentlich auf einem Missverständnis beruht. Weil sie uns zuerst so erschreckend fremd vorkamen und so furchtbar beeindruckende Raumschiffe besaßen, dachten wir, wir müssten sie mitspielen lassen. Aber das hätten wir nicht müssen. Sie wären auch mit einem Kontingent Eintrittskarten und einem Freundschaftsspiel dann und wann
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