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Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)

Titel: Eine unberührte Welt - Band 5 (German Edition)
Autoren: Andreas Eschbach
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Schneiden und Föhnen, und schon beim Shamponieren erzählt er, dass er gerade eine Praxisim Ort eröffnet hat, eine Fachpraxis für Schmerztherapie. Na ja, was fang ich damit an? Ich nickte und meinte, gut, und fragte halt, wie er darauf käme, dass sich so was trägt. Ich meine, wenn man mal nachzählt, wie viel Allgemeinärzte hier schon sitzen. Ganz schlecht sind die ja auch nicht.
    Ja, meinte er, seine Spezialität sei, dass er jahrelang in der ganzen Welt unterwegs war, in Zentralafrika, im Amazonas, auf Neuguinea, Haiti und weiß der Himmel wo sonst noch, dass er immer unter Eingeborenen gelebt und deren Medizinmännern ihre Geheimnisse abgelauscht hat, sich hat einweihen lassen in uralte Heiltraditionen, und so weiter. Das alles wollte er mit moderner Medizin kombinieren und auf diese Weise zur letzten Zuflucht für alle werden, denen sonst niemand helfen konnte. »Was glauben Sie«, sagte er, »wie viele Leute sich Jahre und Jahrzehnte mit Schmerzen plagen, ohne dass ein Arzt auch nur den Grund dafür herausfindet, von Heilung gar nicht zu reden? Da gibt es viel zu tun, glauben Sie mir.«
    »Ach so«, machte ich und war froh, einigermaßen gesund zu sein. Abgesehen davon, dass ich nicht mehr der Jüngste bin und der einzige Herrenfriseur im Laden. Da tun einem abends die Füße schon rechtschaffen weh.
    Jedenfalls, am Schluss gab er ordentlich Trinkgeld, zu viel, als dass es unverdächtig gewesen wäre, und tatsächlich zieht er einen Stapel Prospekte von seiner Praxis aus der Tasche und fragt, ob ich die bei mir auslegen wolle.
    »Ungern«, sagte ich. »Das dürfen Sie nicht persönlich nehmen. Aber wenn ich damit anfange, kommt über kurz oder lang jeder Verein und Handwerksmeister im Ort, und ich muss anbauen, um alles unterzubringen.«
    »Klar«, nickte er. »Ich meinte auch nicht umsonst.« Er klappte einen von den Prospekten auf und zeigte auf eine eingestempelte Nummer. »Das ist ein Gutschein für zwanzig Prozent Rabatt auf die Erstuntersuchung. Wenn jemand damit ankommt, sehe ich anhand der Nummer, dass er den Prospekt von Ihnen hat, und Sie kriegen eine Prämie.«
    So klang das natürlich schon anders. Er erklärte, wie viel er mirzahlen würde, und ehrlich gesagt, so rasend viel verdient man mit Haareschneiden nicht, als dass man eine Gelegenheit, nebenher was reinzukriegen, leichten Herzens ablehnt. Bei all den Steuern und Abgaben heutzutage muss man flexibel sein, um über die Runden zu kommen. Kurz und gut, ich war einverstanden.
    Drei Wochen später kam er wieder. Ein paar Leute hatten einen Prospekt mitgenommen, aber noch keiner davon hatte sich bei ihm in der Praxis blicken lassen. Behauptete er zumindest. »Kennen Sie eigentlich Ihre Kunden mit Namen?«
    »Mehr oder weniger«, sagte ich.
    »Ich hätte nämlich eine Bitte. Eine etwas ungewöhnliche Bitte, um es gleich zu sagen.«
    Ich hörte mir erst mal an, was er wollte. Nämlich, dass ich jedes Mal, wenn ich jemandem die Haare schnitt, ein Büschel davon für ihn beiseiteschaffte. Er würde mir kleine Röhrchen geben, aus Plexiglas und luftdicht verschließbar, dazu selbstklebende Etiketten, auf die ich den Namen schreiben sollte. Und für jede einzelne Probe gab es satt Geld, egal ob der Betreffende je zu ihm in die Praxis kam oder nicht.
    »Hmm«, machte ich. Ich meine, man wird skeptisch, wenn man so was hört, oder?
    »Sie fragen sich, was ich mit den Haarproben anfange.« Er sah mich im Spiegel an, lächelte, bis ich nickte, und erklärte mir dann die Hintergründe. »Schauen Sie, man weiß heute, dass viele, wenn nicht die meisten der unklaren Schmerzen von einer Belastung durch Umweltgifte herrühren. Schwermetalle, Pestizide und was heutzutage sonst noch so alles in der Luft und im Wasser ist. Trotzdem kümmert sich praktisch kein Arzt darum, weil man aufwendige und langwierige Tests machen muss, um so was nachzuweisen, und die zahlt keine Krankenkasse. Also verschreibt man lieber ein Schmerzmittel und fertig. Bloß ist damit niemandem geholfen. Damit kuriert man bloß an den Symptomen herum.«
    Ich ließ mir das durch den Kopf gehen und sagte, ich sähe noch nicht, was das mit Haarproben meiner Kunden zu tun hätte.
    »In Haaren kann man alles nachweisen, was sich in so einem Körperansammelt. Sie erinnern sich doch an die Geschichte mit diesem Fußballtrainer, der angeblich kokainsüchtig war? Da hat man auch eine Haarprobe genommen. Und genau wie Drogen kann man in Haaren Blei, Cadmium, DDT und so weiter nachweisen. Alles, was
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