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Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Eine tödliche Erinnerung (German Edition)

Titel: Eine tödliche Erinnerung (German Edition)
Autoren: Fiona Limar
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in Wachs gegossene Männerphantasie. Melissas sparsame Mimik und Gestik verstärkten diesen Eindruck noch. Mir fiel auf, dass sie fast nie blinzelte und dieser starre, wachsame Blick ließ sie in Verbindung mit ihrer fulminanten Schönheit geradezu unheimlich erscheinen, als wäre sie ein Wesen aus einer anderen Welt. Auf eine merkwürdige Weise kam sie mir plötzlich bekannt vor. Wo hatte ich dieses Gesicht und dieses Haar schon gesehen? Doch es wollte mir einfach nicht einfallen. Außerdem musste ich aufhören sie anzustarren und mich auf das Gespräch mit ihr konzentrieren. Ich bemühte mich also um einen lockeren Anfang.
    "Normalerweise würde ich dich jetzt fragen, welches Problem dich zu mir führt", begann ich lächelnd, "aber in deinem Falle weiß ich es ja bereits aus eigener Anschauung." Sie erwiderte mein Lächeln nicht, sondern nickte nur leicht: "Ja, diese Anfälle machen mir schon zu schaffen. Ich war deswegen schon öfter im Krankenhaus, aber sie haben nichts gefunden. Nicht jedes Mal werde ich dabei ohnmächtig, manchmal bleibt es bei einer Panikattacke. Mein Herz fängt dann an zu rasen, mir wird schwindlig und ich glaube zu ersticken. Es fühlt sich einfach fürchterlich an, als würde ich gleich verrückt werden oder sterben. Eine Zeit lang habe ich mich deshalb überhaupt nicht mehr aus dem Haus getraut. Ich habe Angst, dass es wieder so schlimm werden könnte."
    "Davon gehen wir jetzt einfach mal nicht aus", versuchte ich sie aufzumuntern. "Hast du eine Idee, was diese Anfälle bei dir auslöst? In welchen Situationen treten sie auf?"
    "Es passiert meistens, wenn mich irgendetwas aufregt oder wenn ich mich in einer Situation gefangen fühle, nicht weg kann. Gestern auf der Straße war es auch so. Dieser komische Streit der Leute vor mir ging mich doch eigentlich überhaupt nichts an. Aber je länger er dauerte, umso unruhiger wurde ich. Schließlich glaubte ich, es keine Sekunde länger ertragen zu können und mir brach der Schweiß aus. Weil die Ampel nicht umschalten wollte, kam ich einfach nicht weg. Daraufhin wurde mir plötzlich schwarz vor Augen. Richtig erklären kann ich mir das immer noch nicht. Es war schließlich nichts Besonderes passiert, nichts wovor ich Angst haben musste."
    "Und wovor hast du normalerweise Angst?", fragte ich. Sie zuckte resigniert mit den Schultern.
    "Da gibt es leider so einiges. Ich leide unter Klaustrophobie - enge Räume lösen Panik bei mir aus. Außerdem habe ich schreckliche Höhenangst. Schon ab dem zweiten Stock schaue ich vorsichtshalber nicht mehr aus dem Fenster. Steile Treppen finde ich ziemlich schlimm, besonders wenn sie offene Stufen haben. Aber den Spitzenplatz auf meiner persönlichen Hitliste des Grauens nehmen Fahrstühle ein, denn die sind eng und bringen einen nach oben. Ich fürchte, das ist eine ganz schöne Menge an Problemen, die ich da mit mir herumschleppe."
    "Vermutlich hängt das alles irgendwie miteinander zusammen. Wir werden es schon allmählich in den Griff bekommen", meinte ich. "Aber bevor wir richtig anfangen können, möchte ich dir ein paar Fragen zu deiner Person stellen." Dieser Teil unseres Gesprächs war relativ schnell abgearbeitet. Mit vollständigem Namen hieß sie Melissa Morgenroth und war 22 Jahre alt. Früh verwaist, war sie bei Adoptiveltern aufgewachsen und lebte nun allein. Nach dem Abitur hatte sie ein Kunststudium aufgenommen, das sie wegen ihrer vielfältigen Beschwerden nicht konsequent betreiben konnte. So besuchte sie nur hin und wieder Vorlesungen und nahm ansonsten Privatstunden in Malerei bei dem bekannten Professor Thorald Tietze-Mühlberger. Fürs Erste genügten mir diese Angaben. Über Einzelheiten ihrer Lebensgeschichte würden wir später ausführlicher reden. Jetzt wandte ich mich wieder ihren Beschwerden zu.
    "Seit wann hast du diese Panikanfälle?", nahm ich den Gesprächsfaden auf.
    "So lange ich denken kann", erwiderte Melissa. "Und genau das ist mein eigentliches Problem, denn zurückdenken kann ich nämlich nur bis zu meinem achten Lebensjahr. Was davor war, liegt total im Dunkeln. Darum kann ich auch nicht sagen, ob ich schon früher solche Anfälle hatte."
    "Was ist passiert, als du Acht warst?", fragte ich, obwohl ich die Antwort bereits ahnte.
    "Damals sind meine Eltern gestorben. Sie sollen bei einem Autounfall ums Leben gekommen sein - so hat man mir das jedenfalls erzählt. Ich muss wohl auch mit in dem Auto gesessen haben, obwohl ich nicht die geringste Erinnerung daran habe. Aber
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