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High Heels mit acht, Diaet mit neun

High Heels mit acht, Diaet mit neun

Titel: High Heels mit acht, Diaet mit neun
Autoren: Tanith Carey
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Einleitung
    »Miss Bimbo« ist ein vor allem bei englischen Mädchen sehr beliebtes Online-Spiel. Die Webseite Missbimbo.com bezeichnet sich selbst als »einen Ort, wo sich Bimbos [auf Deutsch etwa: Tussis, A. d. Ü.] aus der ganzen Welt begegnen und im Bimboland ihren Spaß haben können«. Mädchen jeden Alters steuern hier ihre virtuellen Charaktere, die jeweils mit einem Idealgewicht von 57,6 Kilogramm und einem IQ von 70 beginnen. Um ihre Glaubwürdigkeit unter Beweis zu stellen, muss sich eine Mitspielerin darum bemühen, entweder einen »heißen« oder aber reichen Freund zu bekommen – dann schießt ihr virtueller Kontostand nach oben. Egal zu welcher Tageszeit, es sind immer Tausende von »Tussis« online – insgesamt gibt es mehr als 2,5 Millionen registrierte Nutzer. 1
    Nachdem Suri , die Tochter des Hollywoodstars Tom Cruise, im Alter von drei Jahren mit High Heels an den Füßen gesehen wurde, ließ die große Bekleidungskette »Next« verlauten , dass man stolz darauf sei, ähnliche Produkte an Mädchen im Kindergartenalter zu verkaufen. Ein Sprecher sagte dazu: »Die Popularität der Produkte legt nahe, dass viele Eltern der Meinung sind, dass wir einen Look herausgebracht haben, der etwas Besonderes ist, ohne unangemessen erwachsen zu erscheinen.« 2
    Sasha Bennington , 13 Jahre, ist eine der erfolgreichsten Kinder-Schönheitsköniginnen in Großbritannien, wo es zurzeit rund 20 Schönheitswettbewerbe für Kinder gibt. Sie unterzieht ihr Äußeres einer intensiven Pflege , zu der eine wöchentliche Behandlung mit Bräunungsspray, jeden Monat neue Acrylnägel und regelmäßig auch Strähnchenfrisuren gehören. Ihre Mutter Jane, ein ehemaliges Model, sagt dazu: »Wir geben jeden Monat rund 380 Euro für ihre Schönheitsbehandlungen aus. Bei Sashas Freundinnen ist es dasselbe. Das ist bei allen Mädchen in ihrem Alter so. Warum sollte man sonst spezielles Make-up für Kinder kaufen können?« Danach gefragt, wie sie sich selbst sieht, antwortet Sasha: »Blond, hübsch, dumm – ich muss nicht intelligent sein.« 3
    Bei uns zu Hause gibt es ein Wort mit vier Buchstaben, das ausdrücklich verboten ist: D-I-Ä-T. Seitdem ich die Mutter eines sechsjährigen magersüchtigen Kindes interviewt habe und hören musste, dass ihre Tochter so dünn sein wollte wie die Models, die sie in den Hochglanzmagazinensah, habe ich aufgehört, in Hörweite meiner beiden Töchter über das Abnehmen zu sprechen. Und wenn andere Erwachsene sich über ihre Diätprogrammeunterhielten, habe ich unauffällig das Thema gewechselt, wenn meine Kinder dabei waren. Ich möchte nicht, dass sie schon in so jungen Jahren mit der Idee in Berührung kommen, dass es das Los einer Frau sei, ständig zu hungern.
    Weil ich wollte, dass Lily und Clio eine echte Kindheit erleben, habe ich sorgfältig darauf geachtet, was sie sich im Fernsehen angesehen und was sie im Internet angeklickt haben und welche Zeitschriftenbei uns zu Hause herumlagen. Darum war es ein Schock für mich, als Lily, damals sieben Jahre alt, eines Tages nach Hause kam und mir sagte, sie mache eine Diät, weil eine ihrer Freundinnengesagt habe, sie sei fett. Und während dann bei ihr die Tränen in Strömen flossen, verkündete Clio, damals drei, pflichtschuldig: »Ja, dünn sein bedeutet, dass du perfekt bist!«
    Rückblickend hätte ich früher erkennen müssen, dass sich da etwas Ungutes anbahnte. Nach dem Weihnachtsfest hatte Lily mit Liegestützen und Seilspringen begonnen. Ich war der Meinung gewesen, dass es sich dabei lediglich um einen jugendlicher Überschuss an Energie handelte – allerdings war ich verdutzt, als Lily mittendrin aufhörte und mich fragte, ob sie irgendwie anders aussehen würde. Mir war auch aufgefallen, dass sie sich keinen Zucker mehr in ihr Müsli tat, aber auch das hatte mich nicht sonderlich beunruhigt. Schließlich, nachdem Lily einige Tage lang dieses Verhalten gezeigt hatte, kam sie heulend zu mir in die Küche und bat mich, sie in den Arm zu nehmen. Und dann stürzte förmlich alles aus ihr heraus. Im Verlauf eines Streits hatte eine ihrer Freundinnen sie mit dem auf ihrem Schulhof am meisten gefürchteten Wort bezeichnet: »fett«.
    Im ersten Moment hatte ich einen Aussetzer. Dann kam ich mir vor, als würde ich durch ein Minenfeld laufen. Ich sah meiner Tochter in die Augen und sagte ihr, dass sie für ihr Alter und ihre Größe absolut in Ordnung war. Insgeheim wusste ich natürlich, worum es ging. Es stimmte, Lily hatte noch die
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