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Eine Tankstelle fuer die Seele

Eine Tankstelle fuer die Seele

Titel: Eine Tankstelle fuer die Seele
Autoren: Anna E. Roecker
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zu den Inhalten der katholischen Lehre keinerlei Beziehung hatte. Pilgern gehört zu den Ritualen der Menschheit. Wir machen uns auf, verlassen den festen Platz und wandern mit einem bestimmten Ziel und mit einer bestimmten Intention: sich selbst zu begegnen, Hilfe und Trost zu finden, eine religiöse Erfahrung zu machen usw. Meine Klientin hatte das Ritual des Pilgerns in Beziehung gebracht – zur positiven Seite des Mutterarchetyps, zur Muttergottes. Sie hatte dort an ihrem Zielort bei der Schwarzen Madonna von Altötting eine Heilung erlebt, die sie heute manchmal noch nicht fassen kann. Es war, als hätte die Muttergottes ihr zugelächelt, so berichtete sie, mit einem Lächeln, das alles ausdrückte, wonach sich die junge Frau immer gesehnt hatte. Es war Akzeptanz darin, eine Art Freigesprochenwerden von einer unausgesprochenen Schuld, und sogar so etwas wie mütterliche Liebe.
    Zu den hilfreichen Ritualen, die Menschen mit der nährenden Seite des Mutterarchetyps in Verbindung bringen, gehören für mich die Marienlieder. Ihre geheimnisvolle Wirkung kann ich in meinen Seminaren immer wieder erfahren. Da fließen auf einmal Tränen bei Teilnehmern, die keineswegs rührselig sind. Manchmal führt das am Abend zu tiefen Gesprächen, bei denen Kindheitserinnerungen ausgetauscht werden oder Erfahrungen mit der eigenen Mutter, die auf der Seele lasten und die jetzt ein verständnisvolles Ohr finden. Rituale wie Singen, Beten oder Tanzen rufen unmittelbare Erlebnisse hervor, die berühren und bewegen, etwa wie der berühmte Mythenforscher Karl Kerényi schreibt: »Auch von den Quellen müsste nicht viel die Rede sein. Das frische Quellwasser sollte geholt und getrunken werden, damit es sich auch in uns ergießt und unsere heimlichen mythologischen Begabungen mitschwingen lässt.« Kerényi plädiert in seinem Standardwerk über Mythologie dafür, nicht zu viele theoretische Überlegungen anzustellen, sondern den Mythos in sich wirken zu lassen, mit seinen Bildern in Kontakt zu kommen und seine Figuren zu sich sprechen zu lassen. Ähnlich äußert sich C.G. Jung, wenn er schreibt, man muss mit archetypischen Bildern ins Gespräch kommen und sie regelrecht in einen Dialog zwingen.

Pilgerreise
    Falls Sie auch schon öfter den Wunsch hatten, sich auf eine Pilgerreise zu begeben, lassen Sie sich von Ihrer Fantasie zu einem Ort führen, den Sie vielleicht später einmal wirklich erwandern: nach Santiago de Compostela, nach Glastonbury in England, zum Marien-Heilgarten bei Berchtesgaden oder an einen anderen Kultort dieser Welt. Stellen Sie sich vor, was Sie alles auf einen solchen Weg mitnehmen würden. Wie wäre es, sich so allein auf den Weg zu machen? Wie viel Sicherheit wäre Ihnen wichtig? Wie einfach dürfte es sein? Wovor hätten Sie Angst? Wie wichtig wäre Ihnen, das Ziel zu erreichen?
Gehe zu deinem inneren Entspannungsplatz und mache es dir bequem.
Mache dir bewusst, dass du von hier aus eine Pilgerreise antreten wirst. Mache dir bewusst, welches Thema dich gerade beschäftigt, was du lösen oder verändern möchtest. Auf dieser Reise hast du die Möglichkeit, Altes loszulassen und leer zu werden, offen für Neues. Stelle dir vor, wie du dich in Wanderkleidung und vielleicht mit Rucksack und Wanderstab auf den Weg machst. Lass dich von deiner Intuition führen. Es werden Landschaften auftauchen, vielleicht Menschen oder Tiere, die dich ein Stück begleiten. Stell dir vor, wie du leichter und freier wirst, wie jeder Tag dir hilft, Altes hinter dir zu lassen und auf ein neues Ziel zuzugehen.
Vielleicht willst du für heute die Reise beenden, um sie morgen weiterzuführen, so lange, bis du das Gefühl hast, klarer zu sein und du dich wieder frischer und energetischer fühlst.
Betrachte jeweils am Ende einer Etappe dein Problem, dein Thema, das du mitgebracht hast. Hat es sich verändert? Hast du eine neue Sichtweise gefunden oder sogar eine Lösungsidee?
Komme über deinen Entspannungsplatz und die Treppe zurück in die Außenwelt und nimm dir etwas Zeit, die Erkenntnisse der Reise auf dich wirken zu lassen.
    Nehmen Sie sich Zeit, Ihren Pilgerweg jedes Mal in irgendeiner Form aufs Papier zu bringen. Legen Sie die Bilder am Ende in der Reihenfolge vor sich aus, in der sie entstanden sind. Sie werden mit Erstaunen feststellen, dass Sie darin tatsächlich eine Art Weg erkennen können.
    Vielleicht entsteht aus diesem inneren Ritual tatsächlich eines Tages eine reale Pilgerreise, wobei auch das »innere Pilgern«
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