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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos
Autoren: Mohammed Hanif
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steht, hält General Zias Bemerkung für einen Scherz.
    Er wirft einen Blick auf seine Cessna und geht im Kopf hektisch eine Liste von Ausreden durch, aber als er gerade etwas von Nancy sagen will, hat General Zia schon den Arm um ihn gelegt und schiebt ihn die Treppe zur Pak One hinauf.

    G eneral Akhtar hat das Gesicht in den Händen vergraben und sieht durch die Finger auf den flauschigen weißen Teppich der VIP-Kabine. Ein dünnes Rinnsal Blut kriecht auf ihn zu. Er verfolgt es bis zur Quelle und sieht schwärzlich-rotes Blut aus General Zias glänzenden Oxfordschuhen sickern. Panisch starrt er auf seine eigenen Schuhe. Sie sind makellos. Plötzlich durchdringt ein Hoffnungsschimmer, schwach, aber dennoch ein Schimmer, die Düsterkeit, die seine Seele umgibt. Vielleicht hat ja der junge Shigri dem General eine innere Wunde zugefügt, und Zia verblutet. Vielleicht wird die Maschine doch noch sicher nach Islamabad gelangen? Vielleicht wird er seine Rede nur umschreiben müssen, den „unglückseligen Unfall“ in „das plötzliche Ableben des Präsidenten“ ändern. Ist er bereit, die Regierung zu übernehmen, falls die Maschine es nach Islamabad schafft? General Akhtar erinnert sich an ein längst vergessenes Gebet aus seiner Kindheit, das er nun vor sich hinmurmelt. Plötzlich fällt ihm etwas ein, und er stürzt an die Tür der VIP-Kapsel. „Major Kiyani, sagen Sie der Crew, sie soll die Klimaanlage ausgeschaltet lassen. Der Präsident fühlt sich nicht wohl.“
    â€žBeim Barte des Propheten, ich fühle mich prima“, widerspricht General Zia und starrt auf das Blut, das um seine Schuhe den Teppich durchdringt. Wie ein Süchtiger, der alles verdrängt, weigert er sich, den Schmerz, der in seinen Eingeweiden nagt, die Flüssigkeit, die seine Beine hinunterrinnt, und das Blut auf dem Teppich miteinander in Verbindung zu bringen. Er beschließt, das Thema zu wechseln und das Gespräch auf ein höheres Niveau zu heben, damit niemand das Blut auf dem Teppich bemerkt. Der Einzige, auf den er sich hierbei verlassen kann, ist Arnold Raphel.
    Die Türen der C-130 sind gesichert, der Pilot drückt den Steuerknüppel nach vorn, und die vier Propeller beschleunigen. General Zia sieht Arnold Raphel an. „Wir werden diesen Panzer kaufen“, sagt er mit bittender Stimme. „Sie haben da eine hochsensible Waffe gebaut. Doch vorher sagen Sie mir eins: Wie werde ich in die Geschichte eingehen?“ Die Stimmen in der VIP-Kapsel gehen im Getöse der Triebwerke unter. Arnold Raphel glaubt, General Zia erkundige sich nach den Zielsensoren des Abrams 1. Die Hymnen der Karmel-Waisen noch im Ohr, verliert er für einen Augenblick die Selbstbeherrschung und macht die erste und letzte undiplomatische Äußerung seines Lebens. „Ach, Herr Präsident, die sind nutzlos, wertlos und langweilig.“ General Zia ist fassungslos. Arnold Raphel glaubt, die Welt würde ihn als nutzlosen Langweiler im Gedächtnis behalten.
    In seiner Panik beschließt General Zia, diese historische Fehleinschätzung richtigzustellen. Auf keinen Fall kann er als der Präsident in die Schulbücher eingehen, der zwar elf Jahre lang eine Nation von 130 Millionen Menschen regiert, das Fundament des ersten islamischen Staates gelegt und den Untergang des Kommunismus herbeigeführt hat, aber ein Langweiler war. Er muss unbedingt einen Witz erzählen, um das Gegenteil zu beweisen. Hunderte von in Kabinettssitzungen erprobten Einzeilern rauschen durch seinen Kopf und verschwimmen zu einem endlosen kosmischen Witz. Er probt ihn im Kopf. Er weiß, dass es bei Witzen hauptsächlich um das richtige Timing geht. „Was sagten die zweiundsiebzig Huris, als man ihnen mitteilte, dass sie die Ewigkeit mit General Zia im Paradies verbringen würden?“ An die genaue Antwort der Huris kann er sich nicht erinnern. Irgendetwas mit für alle Ewigkeit zur Hölle verdammt sein. Es ist riskant, einen Witz zu erzählen, wenn man die Pointe nicht mehr genau weiß. Dann ein Geistesblitz. Er muss einen Familienwitz erzählen. Er möchte als geistreicher Mann in die Geschichte eingehen. Aber auch als Familienvater.
    â€žWeil die First Lady denkt, er ist zu beschäftigt damit, die Nation zu befruchten“, sagt er und hüpft ein bisschen in seinem Sitz. Erst als niemand lacht, wird ihm klar, dass er die Pointe verraten hat, aber an
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