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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)
Autoren: Monika Dahlhoff
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Sorge, ich lass mir etwas einfallen.« Ich war weder beruhigt noch besorgt wegen dieser Worte, weil ich auch gar nicht wusste, was es bedeutete, wenn die Monatsblutung ausfiel. Ich arbeitete weiter und tat, als wäre nichts Besonderes.
    Ein paar Tage später, als ich wieder allein mit Toni den Laden schloss, holte er einen kleinen roten Ball hervor, an dem eine silberne Röhre befestigt war. »Was ist das denn? Sollen die Gäste da demnächst draus trinken?«, scherzte ich. Doch Toni lachte nicht über meine Bemerkung. »Ich werde diesen Ballon mit warmem Wasser und etwas Kernseife füllen«, erklärte er. Es war kein Spaß. Aber was war es dann? »Weil doch deine Periode ausgeblieben ist …«
    »Was hat das denn mit meiner Periode zu tun?« Mir wurde mulmig zumute. Er steckte das Bällchen mit dem Wasser und der Seife in seine Hosentasche, zog die Vorhänge zu und sagte, ich solle mich auf den Tisch legen.
    »Ich bin wirklich müde«, wollte ich ihn abwehren.
    »Rauf auf den Tisch!« Sein Ton ließ keine Widerrede zu. Über mir schaukelte die Lampe und blendete mich. »Sei nur ganz ruhig, dann geht es auch ganz schnell.« Er zog mir mein Höschen aus, und ich schloss wie gewohnt fest meine Augen. Als ich das kalte Röhrchen an meiner Scheide spürte, wollte ich aufspringen, aber er drückte mich zurück auf den Tisch. Ein stechender Schmerz ließ mich aufzucken. Toni lag halb über mir, dann endlich zog er das Röhrchen zurück. »Nun wirst du deine Periode bald wieder bekommen«, sagte er und streichelte mir übers Gesicht.
    Nach wenigen Wochen, ich hatte diese seltsame Nacht und den Ballon mit Wasser und Kernseife fast schon vergessen, zog es heftig in meinem Bauch, und ich blieb nach dem Weckerklingeln noch liegen. Doch dann stand auf einmal Mama mit Gabriele an meinem Bett und reichte mir die Kleine und ein Milchfläschchen. Sie brachte mir noch eine Schmerztablette, dann legte sie sich wieder hin.
    Gabriele lag nun in meinem Arm, und das Fläschchen war schon fast leer, als plötzlich ein Schmerz durch meinen Unterleib jagte, als wolle er mich zerreißen. »Mama! Mama!«, rief ich, aber im Haus blieb alles still. Ich brachte Gabriele in ihr Laufställchen, dann kam abermals eine Schmerzwelle über mich, und ich brach auf dem Boden zusammen. Die Beine fest vor den Bauch gepresst, schaukelte ich eine Weile stöhnend hin und her und sah immer wieder zu der Kleinen, die bald im Ställchen eingeschlafen war.
    Jammernd kroch ich ins Badezimmer, auf der Suche nach einem Schmerzmittel, und nahm, ohne darüber nachzudenken, gleich drei von den Tabletten. Schweißgebadet und von Schüttelfrost geschüttelt, lag ich auf meinem Bett.
    »Monika, was ist? Soll ich den Arzt rufen?«, fragte Mama.
    »Ich weiß nicht, was los ist.«
    »Hast du deine Periode?«
    »Nein, nein, die hab ich nicht.«
    »Na, dann bleib mal liegen, wir schaffen das heute schon ohne dich.« Damit hatte sie das Zimmer wieder verlassen.
    Die Krämpfe hörten nicht auf und als am Mittag Toni zu mir ans Bett kam, sah er mich besorgt an. »Du musst Geduld haben. Die Blutung kommt bestimmt bald«, sagte er. Es sollte tröstend klingen. Ich klammerte mich an seinen Arm, jammerte und weinte und klagte, ich würde das nicht länger aushalten. Da nahm er meinen Kopf in beide Hände, küsste mein fiebriges Gesicht und ging zurück ins Lokal.
    Ich übergab mich mehrere Male und schaffte es schließlich nicht mehr zurück ins Bett, sodass ich mich auf die Toilette setzte und den Kopf auf meine Beine legte. Auf einmal spürte ich, dass sich etwas regte, aber es fühlte sich anders an als einfacher Harn- oder Darmdrang. Ob nun endlich das Wasser mit der Seife herauskam? Noch bevor ich diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, setzte ein langgezogener Schmerz ein, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. Ich presste die Fäuste auf meinen Bauch und schrie. Es war mir völlig gleichgültig, ob mich jemand hörte. Dann endlich spritzte Wasser in die Toilette. Es platschte laut. Mein Atem ging schnell, und der Bauch fühlte sich wie eine große Wunde an, doch ich fühlte mich auch erleichtert. Mit zitternden Knien erhob ich mich ein Stück und guckte durch meine Beine in die Toilette. Eine blutige Schnur hing aus meiner Scheide heraus. Panisch zog ich daran, aber es brauchte einen kraftvollen Ruck, bis sie riss. O Gott, was war das? Was war da in mir drin gewesen? Ich hatte die Schnur fallen lassen und schaute nun voller Panik in die Toilette.
    Darin lag ein winziges Baby.
    Mit
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