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Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche
Autoren: Jefferson Bass
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aufgesprungen. Dass ich Werkzeug und Ausrüstung brauchen könnte, war mir gar nicht in den Sinn gekommen.
    Der Kellerboden lag etwa drei Meter tiefer als die Mauer, auf der ich stand. Runterzukommen war nicht das Problem. Worüber ich mir Sorgen machte, war, wie ich hinterher wieder hochkam. Als Teenager hätte ich hochspringen können – in der Highschool hatte ich Basketball gespielt –, doch meine Knie, Oberschenkel und Waden waren nicht mehr das, was sie vor fünfunddreißig Jahren gewesen waren. Ich musste einen verlässlicheren Weg finden, da wieder rauszukommen.
    Ich suchte den Boden nach etwas ab, worauf ich mich eventuell stellen konnte – ein leeres Ölfass wäre zum Beispiel sehr nett , dachte ich, oder ein metallener Klappstuhl . Leider hatte derjenige, der die Hütte ursprünglich möbliert hatte, wohl gedacht, in eine Holzhütte gehörten Holzmöbel, denn in dem Trümmerfeld im Keller war kaum etwas, was nicht eine Variation des Themas »verbrannte Zellulose« war. Wenn ich in einer Ecke genügend Trümmer anhäufte, konnte ich wahrscheinlich hochspringen und die Oberkante der Mauer zu fassen kriegen, doch ich war mir nicht sicher, ob mein Oberkörper stark genug war, um mich komplett hochzuhieven. Während ich stirnrunzelnd in eine Ecke schaute, schweifte mein Blick zu dem gemauerten Kamin und dem Schornstein in der einen Giebelwand, die nicht ganz unter Bodenniveau lag. War das Mauerwerk so rau, dass ich daran hochklettern konnte? Und wenn dem so war, war mein Gleichgewichtssinn so gut, dass ich oben über die Mauer zur nächsten Ecke balancieren konnte, wo ich sicheren festen Boden erreichte? Während ich noch den Schornstein und die Mauer betrachtete, bemerkte ich, dass es einen leichteren Weg hinaufgab. Auf beiden Seiten des gemauerten offenen Kamins – in dem ein Meter zwanzig breiten Abschnitt aus Schlackensteinen, die das Mauerwerk flankierten – war eine kleine Fensteröffnung eingelassen. Das Fensterbrett lag etwa in Brusthöhe, und die Fensteröffnung maß zirka sechzig Zentimeter im Quadrat. Die Fenster selbst waren durch die Explosion herausgedrückt worden, und die Holzrahmen waren verbrannt. Ich würde mich ziemlich mit Ruß einsauen, wenn ich mich durch so eine Fensteröffnung zwängte, doch Ruß war weit weniger unangenehm als so manch andere Substanz, mit der ich bei meiner Arbeit tagtäglich in Berührung kam.
    Ich setzte mich oben auf die Mauer und ließ die Füße in den Keller baumeln. Dann drehte ich den Oberkörper zur Ecke, beugte mich vor und packte mit der rechten Hand die Giebelwand, während ich die linke Hand an der langen Seitenwand ließ, auf der ich saß. Als Nächstes drehte ich die Hüfte, schwang das rechte Bein zur Innenseite der Giebelwand und hob den Hintern von der Mauer, sodass ich mich umdrehen und in die Ecke ablassen konnte. Meine Zehen schabten über die Wand, und ich spürte, wie ich fiel, doch dann erwischte ich mit dem rechten Fuß die Fensterbank und fand mein Gleichgewicht wieder. Jetzt schob ich beide Hände auf der Oberkante der Mauer über die Fensteröffnung, setzte die Füße auf dem Fensterbrett auf, langte mit einer Hand hinunter und hielt mich an der Oberkante der Fensteröffnung fest. Dann ließ ich die Wand oben los, hockte mich ziemlich unelegant in die Fensteröffnung und sprang hinunter. Wenn olympische Preisrichter meinen Abstieg auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten müssten, würde mein Punktestand wahrscheinlich von 0,1 (von dem feindlichen französischen Preisrichter) bis zu 2,1 (von dem freundlichen amerikanischen Preisrichter) reichen. Immerhin war ich wohlbehalten unten angelangt, und ich war zuversichtlich, dass ich über die Fensteröffnung auch wieder hinaufkam.
    Doch wonach suchte ich jetzt, wo ich hier war? Ich wusste es immer noch nicht. Ich ließ den Blick über die Trümmer schweifen und hoffte halb, ein leuchtend rotes Markierungsfähnchen zu sehen, vielleicht noch mit der Aufschrift, »Such hier nach einem entscheidenden Hinweis«, doch meinem forschenden Blick bot sich nichts dergleichen Hilfreiches dar. Da ein Wunder ausblieb, musste ich es auf die altmodische Weise angehen: eine rasche, aber systematische Suche. Ich beschloss, mit der Untersuchung an der Stelle anzufangen, wo wir die Skelette gefunden hatten, und mich von dort nach außen zu den Kellermauern zu bewegen.
    Die Suche dauerte nicht lange. Unten an der langen Wand fand ich ein zweites Paar dünner, ungeschmolzener Kupferdrähte, die von der
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