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Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche
Autoren: Jefferson Bass
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geschmolzenen Autobatterie wegführten, der Batterie, die das Dynamit zwischen Freddie Parnells Zähnen gezündet hatte. Diese zwei Drähte wurden von einer Reihe von Backsteinen kaschiert, die an der Wand entlang aufgereiht waren. Ich zog an den Drähten, und sie kamen unter den Backsteinen zum Vorschein. Ich zog weiter daran, und die Drähte führten mich in die Kellerecke; bis ich dort war, hatte ich bereits ausgeknobelt, wohin sie als Nächstes führen würden: aus dem kleinen Fenster nach draußen. Hamilton hatte das Ledbetter-Skelett, die Leiche des Obdachlosen, das Dynamit und den Brandbeschleuniger arrangiert, war dann aus dem Fenster gekrochen und hatte von draußen die Explosion ausgelöst. In dem Inferno der Explosion und des Feuers war es sicher nicht schwer gewesen zu verschwinden.
    Ein Hupen ließ mich zusammenfahren, dann schlug eine Autotür zu und Schritte näherten sich.
    »Lassen Sie mich raten«, hörte ich Miranda über mir sagen. »Er ist es nicht. Das zweite Skelett ist nicht Hamilton, oder?«
    »Nein«, sagte ich. »Aber warum müssen Sie raten? Sie haben es selbst gesehen, oder? Ich habe die Knochenhöhle direkt neben der Leuchtplatte liegen lassen.«
    Jetzt war Miranda verdutzt. »Neben welcher Leuchtplatte? Im osteologischen Labor? Ich bin den ganzen Tag nicht auf dem Campus gewesen.«
    »Und woher wissen Sie dann, dass es nicht Hamilton ist? Ich hatte überlegt, Sie anzurufen, sobald ich das fehlende Stück der Stirnbeinhöhle gefunden hatte, aber dann bin ich ins Auto gesprungen und hergefahren.«
    Plötzlich überkam mich ein Schwindelgefühl, als wollte der Drehschwindel wieder einsetzen.
    »Was machen Sie hier? Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«, wollte ich wissen.
    »Ich habe Ihre Nachricht bekommen.«
    »Was für eine Nachricht?«
    »Die SMS auf meinem Handy. ›M – wir treffen uns an der Brandstätte in Cooke County, so schnell wie möglich. Dringend. BB.‹«
    »Diese Nachricht kam von meinem Handy?«
    »Ja. Nein, warten Sie. Ich weiß nicht. Es hieß ›unbekannter Anrufen, und ich habe gedacht, Sie hätten Ihre Einstellungen geändert.«
    »Ich habe in meinem ganzen Leben noch keine SMS geschrieben«, sagte ich. »Ich weiß gar nicht, wie das geht.« In meinem Kopf schrillten sämtliche Alarmglocken, und entweder sah Miranda die Angst in meinem Blick, oder sie kam selbst dahinter. »Ich denke, wir sollten von hier verschwinden.«
    Miranda streckte die Hand aus, erstarrte und wirbelte dann herum, um etwas anzusehen, was hinter ihr war. Ich hörte den Ansatz eines Keuchens, und dann wurde aus dem Keuchen ein Ächzen, und plötzlich stolperte Miranda rückwärts ins Leere, fiel und wirbelte im Sturz mit Armen und Beinen durch die Luft. Wenn es eine Szene in einem Film gewesen wäre, wäre das der Augenblick gewesen, wo alles in Zeitlupe ablief; ich wäre nach vorne gestürzt und hätte es irgendwie geschafft, sie aufzufangen oder ihren Sturz zumindest abzubremsen. Doch dies war kein Film, und ich stand da wie angewurzelt und kapierte gar nicht recht, dass sie stürzte, bis sie rücklings auf dem Boden aufschlug und ihr Kopf mit einem widerlichen Krachen auf dem Beton landete. Ihr Körper zuckte einmal, dann lag er still. Entsetzen stieg in mir auf, und plötzlich musste ich wieder würgen. Würgend kroch ich durch die Brandtrümmer zu ihr hinüber.
    Ich tastete an ihrem Handgelenk nach dem Puls. Als ich keinen fand, machte sich in meinen Adern und Nervenbahnen eine blinde Panik breit, eine wilde, animalische Panik, die jeden Gedanken ausschaltete und jede Artikulation unmöglich machte. Mit Mühe verlangsamte ich meine raschen, keuchenden Atemzüge, die das Feuer meiner Angst mit Sauerstoff und Adrenalin anfachten. Ich legte eine Hand an Mirandas Hals und fuhr mit den Fingerspitzen an die linke Halsseite bis zu der Mulde zwischen Luftröhre und seitlichem Halsmuskel, der Ausbuchtung, wo die Halsschlagader lag. Ich beherrschte das Pochen meines eigenen Herzens so weit, dass ich unter meinen Fingerspitzen das leichte Flattern ertasten konnte. Sie lebte. Erleichterung durchzuckte mich, dann hörte ich ein Keuchen oder Schluchzen aus meiner Brust aufsteigen, und dann fuhr ich zusammen, als von oben eine Stimme zu mir herunterdrang. »Ich hoffe, der Sturz hat sie nicht umgebracht«, sagte eine vertraute Stimme freundlich. »Ich habe einen viel schöneren Tod im Sinn.« Ich schaute auf und sah Garland Hamilton auf der Mauer stehen und höhnisch grinsend auf Miranda und mich
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