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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport
Autoren: Christine Noestlinger
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von ihnen so!«
    »Dann isst aber die Oma keinen Bissen«, sagt die Ehefrau.
    So geht die Debatte tagelang weiter und dreht sich im Kreise, bis – wie jedes Jahr – etliche Tage vor Weihnachten die Oma anruft und sagt: »Das Kälberne für die Schnitzel habe ich wieder beim Bio-Bauern bestellt, er liefert’s euch am Dreiundzwanzigsten!« Womit – wie jedes Jahr – die Debatte ums Festessen beendet ist, denn dass zu Weihnachten Schnitzel mit Erdäpfel-/Vogerlsalat zwischen Räucher-Forelle und Schoko-Roulade serviert werden, ist seit 30 Jahren klar, und die geringste Abweichung erschiene allen am Tische Weilenden als unverzeihlicher Traditionsbruch.
Schlichte Fichte
    Die Einstellung der Menschen zum Christbaum ist keine einheitliche. Abgesehen von denen, die gar keinen Christbaum mögen, divergieren auch die Ansichten der zum Christbaum positiv eingestellten Leute ganz gewaltig. Meistens stammt die Idealvorstellung »Christbaum« aus Kindertagen. Entweder will man so einen, wie man ihn als Kind hatte, weil man mit ihm zufrieden war, oder man hat seine Kinderchristbäume als »Feindbild« und will einen ganz anderen.
    Schwierig wird es, wenn zwei Leute mit verschiedenen Christbaumidealen zu einem Kompromiss kommen müssen. Er sagt: »Fichte schlicht! Nicht höher als einen Meter!« Sie sagt: »Silbertanne doppelt, bis zur Zimmerdecke!« Er sagt: »Weiße Kerzen, Engelshaar und sonst nichts!« Sie sagt: »Ketten, Lametta, Sternspucker, Glaskugeln, Zuckerln und überhaupt alles, was man aufhängen kann!« Da Weihnachten Männer milde stimmt und Frauen von Natur hartnäckiger sind, ist anzunehmen, dass Sie ihren Willen durchsetzt und eine große Silbertanne erstanden wird. Auch ist anzunehmen, dass der Heimweg friedlich verläuft, weil ER zu Weihnachten ohne Murren im nahen Supermarkt eine billige Dachgalerie ersteht, um das grüne Monstrum verkehrssicher nach Hause zu transportieren, wobei SIE ihn tröstet: »Eine Dachgalerie kann man immer brauchen!«
    Aber zu Hause, das weiß ich aus Erfahrung, wird es schlimm. Im Freien nämlich wirken Bäume viel kleiner als im Wohnzimmer, man kann sich da leicht verschätzen. Und Sie hat jetzt wirklich keine Zeit, dem Baum die unteren neunzig Zentimeter abzusägen. Und wie ein dicker Stamm in ein kleines Kreuz zu zwängen ist, ist ja nun wirklich Männersache!
    Letztlich könnte es aber sein, dass ER und SIE doch noch zu einem artigen Kompromiss kommen, weil SIE vergessen hat, wo sie nach dem sommerlichen Großreinemachen die Schachteln mit dem Christbaumschmuck hingetan hat. Also sitzen dann ER und SIE des Abends vor dem schönen, grünen Kompromiss. Der Baum ist so groß, wie SIE wollte, und so »kahl«, wie ER wünschte, und ER und SIE können wieder lieb zueinander sein.
Alles so schön weihnachtlich!
    Jetzt ist sie wieder da, die liebe Zeit, in der man entzückten Auges in »Weihnachts-Teilen« von Frauen-Zeitschriften blättern darf! Da werden die »originellsten Gaben für Sie & Ihn« angepriesen, für »den, der schon alles hat« und überhaupt »für liebe Leute«!
    Die Tipps, Käufliches betreffend, sind ja nicht sehr aufregend; was es zu kaufen gibt, ist auch in Schaufenstern zu sehen. Und was der »Versand« bietet, dem steht der vernünftige Mensch etwas reserviert gegenüber, denn da könnte durch Schlamperei das Geschenk vielleicht erst im März ankommen; eventuell mit einer geschmalzenen Rechnung vom Zoll!
    Was kreative Seelen an diesen »Weihnachts-Teilen« so entzückt, sind »Bastelvorschläge«! Etwa die tolle Häkeldecke, zusammengesetzt aus 600 Sechsecken. Die würde doch der Tante gut zu Doppelbett stehen! Zu viel Arbeit für die karge Frist bis Weihnachten?
    Na, wie wär’s mit einer eigenhändig gebatikten Krawatte für den Karl, ein gebatiktes Unterkleid für Oma und eine Batik-Tischdecke für die Cousine? (Weil’s ja unökonomisch wäre, wegen einer Krawatte drei »Farbbäder« anzurühren.)
    Und nicht zu vergessen: das selbstgebastelte Spielzeug! Zum Beispiel Mausfamilie im Maushaus! Die Mauserin sind nach beiliegendem Schnittmuster kinderleicht hinzukriegen, und falls Sie es nicht schaffen, Puffärmel in fingerhutgroße Armlöcher zu nähen, machen Sie halt eine Japan-Maus-Familie, kimonogekleidet! Allerdings brauchen Sie auch einen Ehemann, der das Maushaus tischlert; samt Balkon, Fensterläden und Betterln. So einen haben Sie nicht? Dann lassen Sie besser auch die Maus-Erzeugung. Unbehauste Mäuse sind der halbe Spaß.
    Aber wenigstens das
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